Seit der Einführung des iPad im Jahr 2010 gelang es
Apple, den Tablet-Markt zu dominieren. Ursprünglich mit iPhone OS 3.2 gestartet, glich das 9,7-Zoll-iPad der ersten Generation architektonisch einem grossen iPhone. Mit den darauffolgenden Modellen hat sich das iPad aber immer mehr vom iPhone weg entwickelt.
An seiner Worldwide Developers Conference (WWDC) 2019 kündigte Apple nun an, dass iOS für iPad in iPadOS umbenannt wird. Das Ziel: Diejenigen Funktionen hervorzuheben und gezielt einzusetzen, die das iPad von anderen Geräten unterscheiden. Das neue Betriebssystem wird für alle iPad-Pro-Modelle, iPads der Generation 5 und 6, alle iPad-Air-Modelle sowie die iPads Mini 4 und 5 verfügbar sein.
Zwar schaut das neue Betriebssystem nicht dramatisch anders aus als iOS und benutzt auch weiterhin denselben Kernel, doch die Namensänderung bringt einige nützliche und teils lang ersehnte Änderungen mit sich. "Swiss IT Magazine" hat sich die Public Beta von iPadOS 13 angeschaut und herausgefunden, wie die neuen Features die Arbeit mit Apples iPad (Pro) verändern und was die Nutzer vom finalen Release im Herbst erwarten können.
Überarbeiteter Homescreen
Nach der Installation der Public Beta von iPadOS 13, die sich übrigens ganz leicht herunterladen und installieren lässt und im Test auch schon ziemlich stabil lief, fäll als allererstes der veränderte Homescreen auf.
Dieser wurde überarbeitet, um die grössere Display-Fläche der iPads besser auszunutzen. Konkret heisst das: Die Icons auf dem Homescreen sind etwas geschrumpft. So haben nun sechs statt fünf Icons auf einer Zeile Platz, sowohl im Landscape- als auch im Portrait-Modus. Zudem können Widgets neu direkt auf dem Homescreen platziert werden. Das funktioniert über die Today Widgets, die man bislang nur zu Angesicht bekam, wenn man vom Homescreen einmal nach rechts wischte. Wahlweise kann diese eigene Seite nun in verkleinerter Form auf der Startseite platziert werden.
Split View und Slide Over
Hat man sich erstmal an den neuen Startbildschirm gewöhnt, dürften wohl vor allem die verbesserten Multitasking-Funktionen von iPadOS auf- und gefallen. So hat
Apple die Möglichkeiten, wie Fenster auf dem iPad-Bildschirm erstellt und organisiert werden können, erheblich verbessert.
Die grösste Verbesserung ist sicher die Option, mehrere Apps in der Slide-Over-Ansicht zu haben. Dabei handelt es sich um eine Funktion, die Apps als kleine Fenster darstellt, die am rechten oder linken Bildschirmrand über der App schweben, die dahinter im Vollbild läuft. Eine dieser Slide Over Apps kann erstellt werden, indem eine App aus dem Dock nach oben und an den Rand gezogen wird.
Neu hierbei ist jedoch, dass mehrere Apps in Slide Over gestapelt werden können, anstatt dass wie bisher nur eine davon geöffnet werden konnte. Dabei kann schnell zwischen den Slide Over Apps hin und her geblättert werden, indem an der Leiste am unteren Rand des Fensters entlang gewischt wird. Slide Over Apps können geschlossen werden, indem man diese Leiste nach oben wischt.
Die Split-View-Funktion bleibt derweil zwar weiterhin auf zwei Fenster beschränkt, neu können aber zwei Fenster der gleichen App geöffnet werden. So können beispielsweise zwei Dokumente gleichzeitig bearbeitet oder, während auf der einen Seite eine Mail gelesen wird, auf der anderen eine Mail verfasst werden. Ebenfalls nützlich ist die neue Funktion App Exposé, die es durch das Antippen des entsprechenden App-Symbols im Dock erlaubt, alle geöffneten Instanzen dieser App in einer Übersicht zu sehen.
Das sind allesamt durchaus nützliche Neuerungen, diese hätte man auf einem Tablet wie dem iPad Pro aber schon vor Jahren erwartet. Apple macht hier zwar durchaus einen grossen Schritt nach vorne was das Multitasking betrifft, kommt aber nicht annähernd an die Funktionalität eines Windows Surface heran. Dazu fühlt sich das ganze Herumgetippe und Wischen respektive Ziehen von Icons in bestimmte Zonen auf dem Display noch viel zu umständlich und mühsam an. Hat man sich allerdings einmal an die einzelnen Gesten und Funktionen gewöhnt, beobachtet man schnell, wie die Nutzung des iPads dadurch bereichert wird und sicher auch eine produktivere Arbeitsweise möglich wird.
Desktop Safari
Apple will mit iPadOS auch das Surfen via Safari auf Desktop-Niveau heben. Aus technischer Sicht soll das durch zwei wesentliche Änderungen gelingen: So werden Webseiten auf dem iPad in Safari neu tatsächlich als Desktop-Seiten geladen. Bislang kamen Safari-Nutzer standardmässig in den zweifelhaften Genuss von mobilen Versionen von Webseiten. Zweitens heisst das aber auch, dass
Apple eine Art Übersetzungsebene in Safari einbauen musste, da Desktop-Versionen von Websites typischerweise die Steuerung mittels Maus erwarten. Offiziell gibt es (noch) keinen Maus-Support, doch in den Bedienungshilfen lässt sich ein rudimentärer Maus-Cursor aktivieren, der mittels Bluetooth- oder Kabel-Maus (via Adapter) genutzt werden kann. In der Praxis sorgt das dafür, dass das Surfen auf dem iPad deutlich weniger einschränkend wirkt. So funktionieren Web-Anwendungen (etwa Google Docs) einiges besser als zuvor.
Änderungen gegenüber iOS gibt es in Safari aber auch in der Symbolleiste. So befindet sich links neben der URL neu zum Beispiel eine sehr nützliche Schaltfläche, um die Zoom-Stufe zu ändern, die mobile Version einer Webseite anzufordern oder Einstellungen spezifisch für eine Webseite zu optimieren, welche auch beim nächsten Besuch so angewendet werden. Viel spannender ist aber, dass Safari endlich einen echten Download Manager erhält. So können beliebige Dateien aus dem Netz heruntergeladen werden, nicht mehr nur Bilder. Diese werden in der Dateien-App gespeichert. Anzumerken ist, dass das auch mit Chrome und Firefox funktioniert. Safari-Nutzer dürfen sich derweil über neue Keyboard-Shortcuts freuen, die jedoch eine externe Tastatur erfordern.
Dateien und externe Speichermedien
Für besondere Freude dürfte die folgende Neuerung sorgen:
Apple erlaubt endlich das Einbinden von externen Speichermedien. Sogar Flash-Laufwerke, die nicht für Apple-Hardware entwickelt wurden, können geöffnet und in der Dateien-App verwendet werden. Dies funktioniert am besten bei den neuen iPad Pros mit USB-C-Anschluss. So können nun auch grosse Festplatten über ein USB-C-Kabel oder einen Konverter angeschlossen werden. Alle Dateien auf dem Laufwerk werden auf dem iPad in der Dateien-App angezeigt. Dort können diese dann zum Beispiel an einen beliebigen Ort verschoben aber auch direkt geöffnet werden. Das funktioniert einwandfrei, sofern man einen passenden Adapter oder ein passendes Gerät mit USB-C-Anschluss hat. Doch auch hierbei handelt es sich um ein Feature, das Nutzer schon lange erwartet haben, und keineswegs um eine Innovation. Vielmehr scheint es so, als würde Apple Schritt für Schritt Hürden entfernen, die das iPad bislang noch vor der produktiven Nutzung als wahren Laptopersatz bewahrt hatten.
Dasselbe gilt auch für den überarbeiteten Datei-Manager. Die Files-App sorgte bislang wohl für die meisten roten Köpfe, wenn es um die Frage ging, ob ein iPad als primärer Computer genutzt werden könnte oder nicht. Mit iPadOS werden nun aber die meisten dieser Kritikpunkte ausgeräumt. So erhält die App eine neue Spaltenansicht, mit der die Navigation auf dem iPad-Dateisystem einiges einfacher wird. Zudem können endlich auch beliebig neue Ordner erstellt und gelöscht werden (bislang konnten nur Apps Ordner erstellen). Das bedeutet unter anderem, dass man nun Dateien für verschiedene Apps nutzen und so die unnötige Duplizierung von Files verhindern kann. Benutzer können neu zudem auch Dateien verschieben, kopieren und sogar komprimieren, ohne iCloud Drive verwenden zu müssen.
(swe)