cnt
Unterwegs auf der Datenautobahn
Quelle: Swisscom

5G-Netze, Xiaomi Mi Mix 3, Oppo Reno 5G

Unterwegs auf der Datenautobahn

Die Schweiz mischt in Sachen 5G weltweit ganz vorne mit. Doch welche Vorteile können Nutzer heute schon aus der neuen Mobilfunkgeneration ziehen? "Swiss IT Magazine" war auf den neuen mobilen Datenautobahnen von ­Swisscom und Sunrise unterwegs.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2019/07

     

Swisscom und Sunrise gehören weltweit zu den ersten Providern mit betriebsbereitem 5G-Netz und rühren auch bereits kräftig die Werbetrommel dafür. Auch wenn sich in der Bevölkerung vereinzelt Widerstand gegen den laufenden Netzausbau regt, geht dieser zügig voran. Beide Anbieter wollen bis Ende 2019 quasi die ganze Schweiz flächendeckend mit der neuen Mobilfunkgeneration versorgen. Dabei gilt es für die Telekommunikationsanbieter allerdings noch einige Hürden zu überwinden. So verlangt die Technologie an sich, so zumindest die Netzbetreiber, beispielsweise eine Anpassung des Strahlungsbelastungsgrenzwerts nach oben. Geschieht dies nicht, könne nicht die volle Leistung von 5G genutzt werden. Doch ungeachtet dessen befinden sich die 5G-Infrastrukturen von Swisscom sowie Sunrise in Betrieb, Konsumenten können die Netze bereits nutzen.


"Swiss IT Magazine" hat sowohl von Swisscom als auch von Sunrise ein 5G-­fähiges Smartphone inklusive SIM-­Karte erhalten und eine Momentaufnahme gewagt. Vorneweg lässt sich sagen: Der Ausbau der 5G-Netzinfrastruktur in der Schweiz steckt noch in den Kinderschuhen. Der Einstieg in die 5G-Welt für Endnutzer kann sich aber bereits heute ­lohnen.

Auswahl noch klein

Wer das 5G-Netz in der Schweiz benutzen will, der braucht dazu natürlich zuallererst ein taugliches Smartphone. Zwar ist die Auswahl zurzeit noch eher limitiert, doch bieten sowohl Swisscom als auch Sunrise bereits jeweils drei 5G-fähige Geräte an.

Die aktuell erhältlichen 5G-Smartphones gehören allerdings allesamt der oberen Preisklasse an, Konsumenten müssen also tief in die Taschen greifen. Swisscom verkauft das Oppo Reno 5G für 999 Franken, das LG V50 Thinq für 1299 Franken und das Samsung Galaxy S10 in der 5G-Variante für 1279 Franken. Bei Sunrise gibt es das insgesamt preisgünstigste 5G-Handy, das Xiaomi Mi Mix 3 5G, für 847 Franken, das Huawei Mate 20 X 5G für 997 Franken und ebenfalls Samsungs Galaxy S10 5G, hier etwas teurer, für 1297 Franken. Apple-Fans müssen sich derweil vermutlich noch ­etwas länger gedulden, bisher ist kein konkreter Zeitpunkt für den Launch eines 5G-iPhones bekannt.


Besonders interessant: Die beiden ersten 5G-Smartphones, die auf dem Schweizer Markt landeten, stammen beide von chinesischen Herstellern, und genau mit diesen zwei Geräten – dem Oppo Reno 5G und dem Xiaomi Mi Mix 3 5G – konnte "Swiss IT Magazine" die beiden 5G-Netze testen.

Qualität aus China

Beide Handys sehen sich auf den ersten Blick sehr ähnlich: Nahezu keine Ränder rund ums Display, und auch die ­Grösse beider Geräte ist nahe beisammen, wobei Oppos Reno mit seinem 6,6-Zoll-Amoled-Display auf dem Papier das Rennen macht. Die Displaygrösse ist aber Geschmackssache, und für die meisten Hände sind 6,6 Zoll wohl doch etwas zu viel. Kommt noch eine Hülle hinzu, und die ist bei der Glasrückseite (trotz fehlendem Wireless Charging) wohl unverzichtbar, wirkt das Gerät gar etwas klobig und mit 215 Gramm (ohne Hülle) auch recht schwer. Zwar weist auch Xiaomis Mi Mix 3 5G einen grossen 6,39-Zoll-Amoled-Screen auf (die Auflösung liegt bei beiden Geräten bei 1080×2340 Pixeln), die Grössendifferenz sorgt aber dafür, dass Xiaomis Modell deutlich besser in der Hand liegt und auch mit mitgelieferter Hülle noch gut in die Hosentasche passt.

Ansonsten sind sich die beiden Geräte ebenfalls sehr ähnlich und liefern, was man im Jahr 2019 von einem Flaggschiff erwartet: Top-Hardware (Octa-Core-­CPUs und 6 (Xiaomi) beziehungsweise 8 GB (Oppo) Arbeitsspeicher), neueste Software (Android 9.0, jeweils mit eigener Oberfläche) sowie innovative Kamerasysteme.


Gerade in Sachen Kameras sind die beiden Geräte spannend, lösen sie doch das Screen-to-Body-­Ratio-Problem auf eigene und innovative Art und Weise. Beim Oppo Reno 5G zeigt sich dies in Form einer ausfahrbaren Selfie-Frontkamera in Haifischflossenform, die im oberen Teil des Gehäuses versteckt ist und bei Bedarf aus dem Gehäuse heraus nach oben fährt. Bei Xiaomis Mi Mix 3 5G kommt hingegen ein Schiebemechanismus zum Einsatz, durch den sich die Vorderseite (inklusive Display) manuell nach unten fahren lässt, womit ein Dual-Kamera-Array zum Vorschein kommt. Beide Geräte machen also keine Abstriche in Sachen Display und Kamera. So weiss denn auch die Qualität der damit erzeugten Schnappschüsse zu überzeugen, obschon beide Geräte nicht ganz mit den Spitzenreitern (Huawei P30 Pro, Google Pixel 3, Samsung Galaxy S10) mithalten können. Gebrauchen lassen sich die Bilder aber ­allemal. Besonders anzumerken bleibt hier noch der 10-fach-Hybrid-­Zoom den Oppo im Reno 5G verbaut hat. Dabei handelt es sich um ein ähnliches System wie bei Huaweis P30 Pro, also eine dedizierte ­Periskop-Linse, die 5-fachen optischen und 10-fachen Hybrid-­Zoom erlaubt. Im Test gelangen so auch bei 10-fachem Zoom immer noch scharfe Bilder.
Einen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Geräten gibt es allerdings: So kommen beide mit einem eigenen Interface daher, wobei es sich aber natürlich nur um ein Overlay über Android mit einigen Zusatzfunktionen handelt. Das ist natürlich Geschmackssache, wobei man aber festhalten muss, dass sowohl Oppos Color OS (hier in Version 6), also auch Xiaomis MIUI (in Version 10), nicht viel Mehrwert bieten. Wer eher auf iOS-Ästhetik steht, der ist mit MIUI sicher bestens bedient. Zumal jedem Nutzer stets die Option bleibt, einen alternativen Launcher zu installieren.


Im Alltagsgebrauch überzeugen beide Modelle durch flüssiges Scrollen, schnelles Laden von Webseiten und tadellose Performanz, auch bei anspruchsvollen Apps wie Bildbearbeitungsprogrammen oder Spielen. Alles in allem macht aber trotzdem knapp Oppos Gerät das Rennen, was ganz klar auf die etwas neuere Hardware zurückzuführen ist. Ausserdem hält das Reno auch etwas länger durch, ebenfalls ganz einfach bedingt durch die grössere Akkukapazität. Im Alltag macht sich das aber fast nicht bemerkbar, denn die Akkus beider Geräte schaffen locker einen Tag, wenn nicht sogar länger. ­Alles in allem kann man sagen, dass beide Geräte viel bieten, besonders wenn man bedenkt, dass es sich dabei quasi um die Einstiegs-5G-Smartphones von Sunrise und Swisscom handelt.

5G-Abos im Überblick

Wer ein 5G-Smartphone nutzen möchte, benötigt aber auch ein 5G-kompatibles Abo. Bei Swisscom ist 5G für Privatkunden derzeit ausschliesslich mit den folgenden Abos nutzbar: Inone Mobile Go, Inone Mobile Premium, Inone Mobile Data XL und Swiss Mobile Flat sowie den entsprechenden Jugendabo-Varianten. Bei Inone Mobile Go und Swiss Mobile Flat erhalten die Kunden zudem nicht die volle Geschwindigkeit. Erst beim Kauf der Zusatzoptionen Premium Speed (10 Franken pro Monat) oder Connect Pack (20 Franken pro Monat) gibt es den vollen 5G-Speed von, so Swisscom, 2 Gbit/s. Von den neuen Abos Inone Mobile Basic, Swiss Mobile Light sowie von allen älteren Abos wird 5G überhaupt nicht unterstützt.


Bei Sunrise ist 5G nur mit den Abos Swiss Unlimited, Swiss Neighbors und Europe & US der Abo-Familien Freedom und Young verfügbar. In jedem Fall ist dafür eine 5G-Option nötig, die monatlich 10 Franken kostet. Mit allen anderen Abos gibt es für Sunrise-Kunden kein 5G. Sunrise ist bei den 5G-Abos dabei etwas teurer als Swisscom. So kostet das günstigste 5G-kompatible Abo bei Swisscom 65 Franken, bei Sunrise mit der für 5G notwendigen 5G-Option hingegen 75 Franken pro Monat. Kunden aller anderen Mobilfunk-Anbieter wie M-Budget Mobile, Coop Mobile, Wingo, Aldi, Yallo oder UPC können 5G derzeit gar nicht nutzen. Auch von Salt, wo 5G bald – sprich in der zweiten Jahreshälfte – starten soll, gibt es derzeit noch keine 5G-Angebote.

Löchrige Abdeckung bei beiden Anbietern

Bewaffnet mit den beiden Geräten von Swisscom und Sunrise hat sich "Swiss IT Magazine" auf den Weg und die Suche nach einem 5G-Netzwerk in verschiedenen 5G-fähigen Städten und Gemeinden im ganzen Land gemacht. Da der Ausbau des Mobilfunknetzes bei beiden Herstellern noch in vollem Gange ist und keineswegs die ganze Schweiz mit 5G versorgt wird, stellte sich bereits die Suche nach geeigneten Teststandorten jedoch als schwierig heraus. Auch der Direktvergleich der beiden Anbieter an einzelnen Standorten ist grösstenteils noch nicht möglich, da Swisscom und Sunrise beim Ausbau auf unterschiedliche Vorgehensweisen setzen.


So konzentriert sich Swisscom vorerst hauptsächlich auf die grösseren Schweizer Städte und urbanen Regionen, während Sunrise besonders in ländlichen Gebieten bereits einiges an Infrastruktur aufgebaut hat. Beide Telcos versichern derweil, dass sich die Abdeckung praktisch täglich verbessert, was man anhand verschiedener online verfügbaren Karten auch gut nachverfolgen kann. Bis Ende 2019 wollen dann sowohl Swisscom als auch Sunrise die ganze Schweiz weitgehend mit 5G versorgen.
Für die Tests haben wir somit zuerst einmal die Abdeckungskarten der beiden Anbieter konsultiert, auf denen man quasi auf den Meter genau sehen kann, wo 5G verfügbar sein sollte. Das funktionierte allerdings nur bedingt. Zwar gelang es in den meisten Fällen irgendwann, ein 5G-Signal zu finden, insofern man sich innerhalb einer als 5G markierten Zone befand, doch die Suche dauerte meist länger als erwartet und erforderte einiges an Geduld und Zeit. Selbst in Zürich, wo Swisscom gemäss Karte beispielsweise grosse Flächen (etwa das Gebiet um die Langstrasse oder die Hardbrücke) mit 5G abdeckt, kamen 5G-Verbindungen nur sporadisch zu Stande und bedingten des Öfteren ein Ein- und Ausschalten des Flugmodus, um die Mobilfunkverbindung zurückzusetzen.


Ähnlich sah es auch bei Sunrise aus, etwa in Aarau oder Winterthur, wo es ebenfalls längeres Herummarschieren erforderte, um dann endlich das ersehnte 5G-Symbol in der Statusleiste zu sehen.

Zum Netz zum jetzigen Zeitpunkt kann man also sagen: Die Abdeckung beider Anbieter ist noch sehr punktuell, und auch dort, wo man gemäss Karte eigentlich 5G erwarten dürfte, gibt es teils noch keine wirklich flächendeckende Versorgung. Es bleibt zu hoffen, dass sich das bis Ende Jahr tatsächlich ändert. Denn sowohl Swisscom als auch Sunrise betonen, dass das volle Potential von 5G erst dann ausgeschöpft werden kann, wenn eine Anpassungen an der Verordnung über den Schutz vor nichtiosierender Strahlung (ONIR) gemacht wird. Konkret heisst das: Die Strahlenschutzwerte sollen schon bald noch oben korrigiert werden, so dass die Antennen ihre volle Leistung entfalten können.

5G ist nicht gleich 5G

Ist man aber erstmal mit dem 5G-Netz verbunden, besteht durchaus das Potential, in den Genuss von beeindruckenden Download-Geschwindigkeiten zu kommen. So etwa im Sunrise-Store in Opfikon, wo ein Download von 1093 Mbit/s möglich war. Der Maximalwert im Aussenbereich wurde derweil in Zürich in der Nähe vom Bellevue im Swisscom-Netz gemessen und betrug satte 923 Mbit/s (Down) und 88 Mbit/s (Up). Auch in Bern (Swisscom), Aarau (Sunrise), St. Gallen (Swisscom) sowie Winterthur (Swisscom und Sunrise) konnten vereinzelt Downloadwerte bis zu 600 Mbit/s gemessen werden.

Diese Werte spiegeln aber, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, keinesfalls die durchschnittlichen Down- und Upload-Raten wieder. Nutzer sollten im Alltag mit Download-Werten zwischen 100 und 200 Mbit/s und mit Upload-­Raten von bis rund 50 Mbit/s rechnen, und zwar bei beiden Anbietern. Die Werte im Test variierten teils extrem, waren abhängig von der Position (besonders der Distanz zur nächsten Antenne), aber schwankten auch am gleichen Ort stark und fielen auch des Öfteren sogar unter 100 Mbit/s. Besonders beim Upload dürfte man zudem schon etwa mehr erwarten, da die Werte kaum die mit 4G im Alltag möglichen Upload-Raten übersteigen. Ausserdem werden zum jetzigen Zeitpunkt wohl noch nicht allzu viele Nutzer im 5G-Netz unterwegs sein, was bedeutet, dass die Bandbreite nicht mit vielen Nutzern geteilt werden muss.


Gerade für Early Adopter könnten die teils tiefen Werte deshalb schnell zur Enttäuschung führen, zumal in der Werbung die Rede von Download-Geschwindigkeiten im Gigabit-Bereich ist. Immerhin bietet 5G mit Download-Raten von 200 bis 300 Mbit/s aber bereits heute mehr als das Doppelte, was im Alltag mit 4G möglich ist.

Die Ping-Werte, also die Zeit, die das Signal zur Antenne und wieder zurück benötigt, fielen derweil deutlich niedriger aus als im 4G-Netz, sowohl bei Swisscom als auch bei Sunrise, und bewegten sich durchschnittlich zwischen 18 und 23 Millisekunden. Mit 4G sind derweil Werte zwischen 45 und 75 Millisekunden üblich. Doch auch hier erreichten die von uns gemessenen Daten nicht die theoretisch möglichen Werte von weniger als 1 Millisekunde.

Geduld zahlt sich aus

Der Einstieg in die 5G-Welt ist verlockend, wird einem durch die Werbung von Swisscom und Sunrise doch so einiges versprochen. Diese Versprechen gelten aber erst bedingt, denn die Netze sind aus Konsumentensicht noch nicht alltagstauglich. Kommt dazu, dass die meisten Nutzer mit den gebotenen Geschwindigkeiten sowieso kaum etwas anfangen können. Klar, Dateien lassen sich unterwegs schneller herunterladen, durch die noch löchrige Abdeckung kommt es aber auch öfter zu Verbindungsunterbrüchen.

In einigen Fällen kann sich 5G aber durchaus bereits auszahlen, etwa wenn man das Netz stationär nutzen will, und das an einem Ort, wo die Verbindung gut und stabil ist. Dazu bieten auch beide Anbieter eine Lösung. Sunrise etwa zu Hause mit der Internet Box 5G oder mit dem HTC 5G Hub, mit dem sich bis zu 30 Geräte verbinden lassen. Swisscom will derweil in Kürze eine 5G-Version seines Internet-Boosters auf den Markt bringen, womit sich etwa im Büro die Vorzüge des neuen Mobilfunknetzes nutzen lassen.


Vorerst heisst es also: abwarten. Die Situation wird in einem halben, oder einem ganzen Jahr ganz anders aussehen, denn dann wollen Swisscom und Sunrise ein viel flächendeckenderes Netz anbieten, und auch Salt dürfte bis dahin im Markt mitmischen. Wir werden dann erneut nachmessen. (swe)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Aus welcher Stadt stammten die Bremer Stadtmusikanten?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER