Den Bewerbungsprozess revolutionieren und digitalisieren. So lautet das ambitionierte Ziel des Start-ups
Xeebo mit Sitz in Hünenberg. Die Köpfe hinter Xeebo sind Roger Ineichen, von dem die Idee stammt, seine Schwester Sandra Ineichen und Verkäufer Sandro Esposito. Bereits mit 22 Jahren habe er nach einer USA-Reise realisiert, dass der Bewerbungsprozess in der Schweiz zu kompliziert sei, so Roger Ineichen. "In den USA geht man in ein Unternehmen rein, fragt nach einer offenen Stelle und kann ein paar Tage später dort anfangen." Von da an war ihm klar, dass er auch hierzulande den Zugang zum Arbeitsmarkt ändern will. Bis aus der Idee aber schliesslich mit Xeebo ein handfestes Projekt wurde, sollte es noch einige Jahre, ja sogar Jahrzehnte dauern.
"Mit 30 Jahren habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht und wurde Programmierer. Dabei habe ich für die Firma Refline eine E-Recruiting-Lösung gebaut und bin so erstmals mit dem Bereich HR in Kontakt gekommen", erzählt Ineichen. Vor zehn Jahren habe er dann schliesslich parallel damit begonnen, die Idee für Xeebo zu entwickeln. "Bei meiner Arbeit für Refline habe ich gemerkt, dass die Benachteiligten in diesem Recruiting-Prozess immer die Bewerber sind, die ihre Daten immer und immer wieder in zig Formulare eintragen müssen." So sei schliesslich die Idee für ein Bewerbungsportal immer konkreter geworden und vor zwei Jahren musste er sich schliesslich entscheiden, ob es bei Xeebo bei einem Projekt bleiben sollte oder ob er das Ganze professionell aufziehen wollte. "Ich habe mich für letzteres entschieden", so Ineichen.
In den letzten zwei Jahren wurde Xeebo fertigentwickelt und getestet, bevor die Plattform im März 2019 schliesslich gestartet ist. Wichtig war Ineichen dabei, dass mit Xeebo keine weitere Datenkrake entstand. "Unser Ziel ist es nicht, möglichst viele Daten zu sammeln. Vielmehr soll der Bewerber seine Daten dank Xeebo an einem Ort zentral sammeln können", so Ineichen. Damit unterscheidet sich Xeebo von Mitbewerben im Markt. Denn laut Ineichen werden Business-Netzwerke wie Xing und Linkedin heute gebraucht, um Daten zu verkaufen. "Einen grossen Teil der Einnahmen generieren sie mit dem Handel von Daten. Unser Grundsatz ist, dass wir das nie machen werden. Wir werden nie für den Zugang zu Daten Geld verlangen", verspricht er. Als eine der grössten Herausforderungen bezeichnet Ineichen denn auch, zu zeigen, dass man auch ohne Datenhandel eine Firma aufbauen und Geld verdienen kann. "Und dies in Zeiten wie diesen, wo Daten als Gold der Zukunft bezeichnet werden. Aber ich habe eine andere Vision."
Auf dem Bewerberportal Xeebo können Unternehmen ihre offenen Stellen ausschreiben, direkt mit interessanten, potenziellen Mitarbeitern in Kontakt treten und den ganzen Bewerbungsprozess über die Plattform abwickeln. (Quelle: Xeebo)
Roger Ineichen, von dem die Idee für Xeebo stammt, will den Bewerbungsprozess vereinfachen. (Quelle: Xeebo)
Eine Plattform für alles
Und diese Vision sieht so aus, dass man mit
Xeebo alles rund um den Bewerber herum anbieten will. Xeebo ist also eine Bewerbungsplattform, auf der Bewerber kostenlos ein Profil erstellen können – mit Lebenslauf und allen weiteren Dokumenten wie Arbeitszeugnissen, Zertifikaten und Diplomen. "Dabei haben Bewerber die Wahl, ob sie ihre Daten anonym oder öffentlich präsentieren wollen. Anonym bedeutet, dass man Alter, Geschlecht, Herkunft und Name der Person nicht sieht, jedoch deren Kompetenzen und Qualifikationen. Gerade in der heutigen Zeit, wo jeder dritte bis vierte Mitarbeiter die Augen offenhält, bietet Xeebo die Möglichkeit, die Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu präsentieren", führt Sandra Ineichen aus.
Arbeitnehmer, die an einem anonymen Kandidaten interessiert sind, können bei ihm eine Dossieranfrage machen. Die Entscheidungshoheit liegt aber in jedem Fall und zu jeder Zeit beim Bewerber: Er kann wählen, ob er dem Interessenten sein Dossier zeigen will oder nicht. Und er kann die erteile Erlaubnis zur Einsicht der Daten jederzeit widerrufen.
Schliesslich wird der ganze Bewerbungsprozess via Xeebo abgewickelt. So können Unternehmen und Bewerber über die Plattform kommunizieren und Vorstellungstermine vereinbaren. Und der Bewerber hat dank Xeebo den Überblick über den gesamten Bewerbungsprozess. "Er sieht, bei welchem Arbeitgeber der Bewerbungsprozess auf welchem Stand ist", so Sandra Ineichen.
Ein weiteres Angebot für die Bewerber ist die Community auf Xeebo. Hier sollen sich Bewerber untereinander verknüpfen, Informationen teilen oder Ratschläge einholen. Zudem bietet Xeebo in Zusammenarbeit mit Dritten Kurse an, etwa für Personen, die seit Jahren kein Bewerbungsschreiben mehr gemacht haben.
Für die Arbeitgeber auf der anderen Seite stellt Xeebo derweil ein Portal dar, wo sie gebündelt an einem Ort aktiv potentiellen Mitarbeitern suchen und zudem auch Stelleninserate schalten können. Dabei berechnet Xeebo pro Inserat 10 Franken pro Tag. "Und für grössere Unternehmen bieten wir Slotpreise. Dabei können die Firmen eine gewisse Anzahl Inserate pro Jahr schalten zu einem fairen Preis", so Sandra Ineichen.
Zudem lässt sich Xeebo via Schnittstelle an alle HR-Tools in den Unternehmen anbinden und ein Xeebo-Button kann auf Firmenwebseiten platziert werden – als Variante, um mit dem Unternehmen in Kontakt zu treten. "Wir versuchen mit Schnittstellen einfach alles anzubinden. Das heisst, wir publizieren Stellen im Internet, und nicht nur auf
Xeebo, sondern auch auf Jobs.ch und Monster. Unsere Inserate verfügen dabei auch über einen Button, damit man sich über unser Portal bewerben kann", erklärt Roger Ineichen.
Mögliche Mitarbeiter sammeln
Besondere Beachtung verdient der Talentpool auf
Xeebo – "das ist das grosse Plus, das uns ebenfalls von anderen Anbietern abhebt", ist Roger Ineichen überzeugt. Hat ein Arbeitgeber nur einen Job zu vergeben, aber zwei spannende Kandidaten, kann er denjenigen Kandidaten, der den Job schliesslich nicht bekommt, in seinen Talentpool tun. So bleiben das Unternehmen und die Person verbunden und falls zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Stelle frei wird, kann die Firma wieder anfragen, ob der Kandidat Interesse hat. "Ein Bewerber, dem man auf normale Weg absagt, der bewirbt sich nicht zwei Monate später wieder bei derselben Firma. Mit dem Talentpool entfällt aber diese Hemmung und das Unternehmen bleibt mit fähigen, interessanten Fachkräften vernetzt", betont Ineichen. Man könne dabei auch von einem Rezyklieren der Bewerber sprechen. "Mitarbeiter sind das höchste Gut einer Firma, potentielle Mitarbeiter wirft man mit einer klassischen Absage aber einfach weg. Das wollen wir ändern."
Passender Investor gesucht
Aktuell sind rund 145 Firmen mit 250 Inseraten auf
Xeebo registriert, darunter auch grosse Unternehmen wie etwa die Mobility Genossenschaft, Möbel Pfister, ZFV-Unternehmungen oder die Confiserie Sprüngli. Die Zahl der angemeldeten Bewerber beläuft sich auf rund 885. Nach der Lancierung im März 2019 steht nun im Fokus zu testen, welche Features funktionieren und welche auf weniger Interesse stossen. Zudem sucht man bei Xeebo die Zusammenarbeit mit Bildungsinstituten, die ihre Kurse via die Plattform anbieten sollen.
Finanziert wird Xeebo momentan ausschliesslich mit den Stelleninseraten der Firmen. Für die Zukunft sieht Roger Ineichen etwa aber auch Potenzial beim Target Marketing. "Wir sind uns bewusst, dass sich das klassische Inserat erweitern und wandeln wird. Wir sind offen und haben technisch keine Hürden, sind dafür also gerüstet", so Ineichen.
Bis Ende Jahr will man mit Xeebo etwas Geld verdienen, richtig gross aufgebaut werden soll die Plattform ab nächstem Jahr. Dazu ist man nun auf der Suche nach Investoren. Ineichen: "Den bisherigen potenziellen Investoren haben wir abgesagt, weil es nicht gepasst hat. Wir sind nicht auf Investoren angewiesen, können auch ohne solche überleben. Entsprechend lassen wir uns Zeit, bis wir jemanden finden, der zu uns passt." Mit einem passenden Investor soll dann auch das langfristige Ziel, die Expansion ins Ausland, angegangen werden. "Aber wir überstürzen nichts. Unser erstes Ziel ist es ein gesunder Aufbau in der Schweiz. Wir denken gross, aber wir machen uns auch nichts vor."
(abr)