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Smarte Uhren geben Sicherheit
Quelle: Smartwatcher

Start-up Smartwatcher

Smarte Uhren geben Sicherheit

Smartwatcher produziert smarte Uhren, die mit Sicherheitsfunktionen ausgestattet sind, die den Trägern ermöglichen, im Notfall rasch Hilfe anzufordern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2018/05

     

In einem Büro im Zürcher Technopark arbeitet das kleine und multinationale Team von Smartwatcher emsig am Ausbau des Start-ups, das erst im Juli 2017 mit seinem Produkt auf den Markt gekommen ist. Es handelt sich dabei um smarte Uhren, die über verschiedene Sicherheitsfunktionen verfügen und den Trägern im Notfall helfen sollen, rasch Hilfe anzufordern. Während eine Gruppe von Mitarbeitern eine Charge frisch produzierter Uhren auf Herz und Nieren prüft, kümmern sich andere im Hintergrund um Kundenanfragen. Wie Morgan Cohen, Mitgründer und CTO des Start-ups, erklärt, ist die ursprüngliche Idee zu Smartwatcher in London entstanden, wo er mit seiner Frau während mehreren Jahren ­lebte: "In der Nachbarschaft gab es zu dieser Zeit eine Reihe von Überfällen, bei denen sich Kriminelle als Angestellte von Lieferdiensten ausgaben und die Menschen ausraubten, die ­ihnen die Tür öffneten. Ich dachte mir damals, dass man die Täter in vielen Fällen hätte fassen können, wenn die Opfer die Möglichkeit gehabt hätten, schnell Alarm zu schlagen und Hilfe anzufordern. Es müsste ein Gerät geben, das man immer bei sich tragen und mit dem man auf Knopfdruck Familienangehörige, Freunde oder Bekannte sowie die Rettungskräfte alarmieren könnte." Cohen, ein Ire mit einem Abschluss in Informatik, schwebte ­eine Art Uhr mit einem Alarmknopf vor, jedoch wanderte seine Idee vorerst in eine Schublade.

Am Anfang war die App

Vor rund 15 Jahren siedelte Morgan Cohen, der im letzten Jahr die Schweizer Staatsbürgerschaft erlangte, in die Schweiz über, um beim Pharmariese Roche als SAP-Berater zu arbeiten, aber die Idee seines Sicherheitsgerätes liess ihn nicht mehr los. So entwickelte er mit der Hilfe zweier Studenten der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) einen Prototypen des Systems, das später zur Grundlage des Start-ups werden sollte. Die Smartwatcher-App, die aus dem Projekt entstand, funktionierte nur auf Smartphones und verwendete Push-Nachrichten, um das persönliche Netzwerk des Nutzers über einen Notfall zu informieren. Das Konzept dahinter: Der Nutzer kann über die App, die für Android und iOS erhältlich ist, bis zu zwölf Verwandte, Freunde oder Bekannte einladen, welche die App ebenfalls installieren müssen und zu sogenannten Watchern werden. Diese erhalten eine Nachricht, wenn der Nutzer einen Alarm auslöst. Die Watcher können ihrerseits mehrere Nutzer überwachen, so dass sie dann in der App sehen können, für welche Leute sie als Kontakt dienen. "Es ist eine Art soziales Netzwerk für die persönliche Sicherheit", fasst Morgan Cohen zusammen.
Mit dem Prototypen machte sich Cohen auf die Suche nach Investoren und fand schliesslich einen, der gewillt war, ihm 100’000 Franken zu geben, um die Idee weiterzuentwickeln. Cohen kündigte seine Stelle und begann, das Konzept umzusetzen. Mit der Hilfe eines Software-Unternehmens, das im Gegenzug für Anteile am Start-up die Weiterentwicklung der Lösung übernahm, arbeitete Cohen an Versionen der App für die mittlerweile erhältlichen Smartwatches von Pebble und Apple. Im Dezember 2015 erfolgte dann der offizielle Launch: "Das Interesse an der App war gross, aber wir mussten bald merken, dass es schwierig ist, aus einer solchen Applikation ein Business-Modell zu konstruieren. Wir haben die App im Freemium-Modell angeboten. Das heisst, dass der Download und die Nutzung umsonst waren, mit lediglich einem Feature, das kostenpflichtig war. Das Continuous Safety Monitoring, wie wir es genannt haben, überwacht den Nutzer über einen festgelegten Zeitraum. Betätigt dieser nicht in regelmässigen Abständen einen Knopf, dann wird sein Netzwerk automatisch alarmiert", führt Cohen weiter aus. Er hat errechnet, dass sie mit einem solchen Modell hunderttausende, wenn nicht gar Millionen von Nutzern gebraucht hätten, um profitabel zu sein.


Zu diesem Zeitpunkt, als Cohen versuchte, einen Weg zu finden, aus seiner Idee Kapital zu schlagen, lernte er den Dänen Erik Stricker kennen, der ein Unternehmen für die Produktion von Sicherheitsuhren aufbauen wollte. Er hatte bereits Erfahrung im Sicherheitssektor und hatte für Limmex gearbeitet, eine Schweizer Firma, die ebenfalls smarte Uhren mit Sicherheitsfunktionen herstellt. Cohen und Stricker schlossen sich im Sommer 2016 zusammen, und weil Stricker über einen unternehmerischen Hintergrund verfügte, entschied sich Cohen, in Zukunft als CTO zu amten und den Posten des CEO an Erik Stricker zu übergeben. Zusammen arbeiteten sie während eines Jahres am Konzept einer eigenen Uhr. "Die Geräte fanden wir bei einem Lieferanten in Asien. Es handelt sich dabei um Smartwatches mit Standard-Bauteilen, die wir für unsere Zwecke modifizieren liessen. Die fertigen Uhren versahen wir dann mit einer von uns angepassten Version des Betriebssystems Android sowie mit unserer eigenen Software", so Cohen.

Einfach, aber vielseitig

Mit dieser Weiterentwicklung begann auch die Ausrichtung auf eine neue Zielgruppe. Wie Morgan Cohen ausführt, wollte man mit der App für Apple Watch und Pebble noch hauptsächlich ein junges Publikum bedienen. Mit der eigenen Uhr verschob sich der Fokus auf betagte Menschen und auf solche, die aus medizinischen Gründen einen Bedarf für die angebotenen Sicherheitsfunktionen haben. "Das Design der Uhr und der Software ist auf Einfachheit ausgerichtet. Alle Funktionen sollen für die Nutzer mit möglichst wenigen Interaktionen erreichbar sein. Das System funktioniert auf der Basis der bereits bestehenden Plattform und der App. Die Nutzer können so über die Uhr ihre Verwandten, Freunde oder Bekannten benachrichtigen. Dank einer eingebauten 3G-SIM-Karte von Swisscom können die Watcher dann direkt mit den Trägern der Uhr sprechen. Darüber hinaus gibt es auch den Service Notrufzentrale, bei dem der Träger jederzeit mit einer ausgebildeten Hilfsperson verbunden wird", erklärt Cohen.


Für den CTO ist wichtig, dass das Produkt Einfachheit mit Vielseitigkeit kombiniert: "Bei der Uhr, von der es zurzeit drei Modelle gibt, haben wir auf bereits existierende Technologie gesetzt, ohne das Rad neu zu erfinden. Bei der Software hingegen haben wir alles selbst entwickelt. Dabei gab es einige Herausforderungen zu meistern. So wollten wir ein System für Over-the-Air-Updates, das ohne die Intervention des Trägers der Uhr komplett automatisiert funktioniert. Ausserdem haben wir auch ein Administrationsportal entwickelt, in das sich der Nutzer oder eine andere dazu berechtigte Person einloggen und sämtliche Einstellungen der Uhr verändern kann." So lassen sich beispielsweise Elemente der Anzeige wie der Akku-Stand ein- oder ausblenden oder der Timer konfigurieren, der abläuft, wenn ein Alarm ausgelöst wird, und der vom Träger der Uhr gestoppt werden kann, wenn es sich um einen Fehlalarm gehandelt hat. Die neuen Einstellungen werden dann über Funk an die Uhr übermittelt und auf dem Gerät gespeichert. Im Administrationsportal lässt sich ausserdem der Standort der Uhr auf einer Karte visualisieren. Cohen betont, dass der Träger der Uhr dabei benachrichtigt wird, sodass man diesen nicht anonym verfolgen kann. Das System sei auf Sicherheit ausgelegt und nicht zuletzt auch konform mit der EU-DSGVO. Besonders stolz ist man bei Smartwatcher auch auf das Label Swiss Made Software.

Das System hat noch Potential

"Wir werden manchmal gefragt, wieso es unser Produkt braucht, wenn man auch einfach eine Notrufnummer wählen könnte. Eine Antwort darauf ist, dass viele Situationen, in denen eine betagte oder körperlich beeinträchtigte Person Unterstützung benötigt, nicht lebensbedrohlich sind und deshalb ein Anruf bei einer Notrufnummer nicht angezeigt ist", kontert Cohen. Das Konzept von Smartwatcher sieht mehr Szenarien vor, als nur die Bedrohung von Leib und Leben. Der CTO ist daher überzeugt, dass das System noch unausgeschöpftes Potential hat. Sein Team arbeitet deshalb kontinuierlich an der Entwicklung neuer Features: "Bald werden wir zum Beispiel eine neue Funktion namens Friends and Family Plus ausrollen, mit der man auch Helfer wird kontaktieren können, welche die App nicht besitzen, weil sie beispielsweise nicht über ein Smartphone verfügen. Diese erhalten bei einem Alarm einen automatisierten Anruf und können den Träger der Uhr so kontaktieren." Auch verfügen die Uhren des Start-ups über Sensoren, die in der aktuellen Software noch nicht angesteuert werden. Die Geräte sind sowohl mit einem Herzfrequenzmesser als auch mit einem Gyroskop ausgestattet. Damit lassen sich zum Beispiel Kreislaufprobleme oder Stürze ermitteln und entsprechende Notrufe absetzen.


Die Smartwatcher-Uhren sind in drei Modellen verfügbar, wobei zwei davon ein monatliches Service-­Abonnement benötigen. Das Start-up arbeitet derweil bereits an der Expansion und hat auch schon den europäischen Markt im Blickfeld. (luc)


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