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Seitenblick: Gestern im Fachgeschäft
Quelle: SwissICT

Seitenblick: Gestern im Fachgeschäft


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2017/10

     

Gestern im Fachgeschäft: Ein neuer Fernseher soll es sein. Ein grosser, mit allem Drum und Dran. Und schön soll er auch noch sein. Und dann wäre dann noch eine gute Integration mit meiner HiFi-Anlage ganz nett. Und zum Schluss soll das Ganze auch noch meiner Frau gefallen. Also nehmen wir uns einen Nachmittag frei und gehen ins Fachgeschäft. Dort erkläre ich all meine Wünsche, und wir diskutieren mit dem freundlichen Herrn, der uns berät. Eine kleine Soundprobe gefällig? Aber sicher doch! Ab ins Soundstudio und wir dürfen uns alle möglichen Kombinationen von Digital Surround, Soundbar, Dolby, 5+1, 7+1 und was es alles sonst noch so Faszinierendes gibt, anschauen, anhören und anfassen. Gekauft haben wir am Schluss natürlich nichts, die Marken und Labels habe ich mir aber genau gemerkt. Auf dem Nachhauseweg waren meine Frau und ich uns dann schnell einig was es sein soll. Und als Digital Immigrant war mir natürlich klar, was zu tun war. Laptop starten und auf der Preissuchmaschine die günstigsten Angebote suchen. Hey Schatz, hier gibt es diesen Fernseher 20 Prozent billiger als im Laden – da müssen wir zuschlagen. Wirklich cool, das Internet.

Verwerflich – nicht?


Ja, die Geschichte kennen Sie vermutlich. Und schämen sollte ich mich. Die ganze Beratung umsonst und dann schnell online auf der günstigsten Website gekauft.

Gestern habe ich aber nicht nur einen neuen Fernseher gekauft. Gestern habe ich auch unsere Winterferien geplant. In der Schweiz wollen wir bleiben und mal wieder unsere schönen Berge geniessen. Reisebüros gibt es ja kaum noch welche, die sich da auskennen. Also ab auf Tripadvisor und mal schauen, was da so Schönes angeboten wird. Das Engadin wäre ja nicht schlecht. Und wo gibt’s denn freie Zimmer? Ein weiterer Klick auf Booking.com lässt mich durch Hunderte von Angeboten browsen. Ich kann mir die Zimmerkategorien anschauen, Beschreibungen lesen, Preise vergleichen. Alles schön strukturiert und mit einheitlichem User Interface. Nach ein paar weiteren Klicks habe ich unsere Zimmer dann gebucht. Sorgen, dass ich zu viel bezahlt habe, habe ich keine – schliesslich gibt es ja die Garantie, dass ich immer die besten Preise bekommen werde.
Der geneigte Leser weiss, worauf ich hinauswill. Denn in Kürze wird es noch besser. Ich werde mir nämlich sehr wohl auf Booking.com mein Hotel suchen. Anschliessend aber im Hotel anrufen und mir einen noch günstigeren Preis geben lassen. Der Hotelier spart ja seit dem Nationalratsentscheid von dieser Woche die Gebühren für Booking.com, und die teilen wir uns jetzt. Schliesslich zahlen die keine Mehrwertsteuer, da kann ich deren Dienst und deren Beratung als guter Schweizer auch ohne schlechtes Gewissen gratis konsumieren.

PS: Der erste Teil der Geschichte ist frei erfunden, da ich den Wert von Beratung schätze und auch bezahle. Ob ich beim zweiten Teil der Geschichte auch so diszipliniert sein werde wird die Zukunft weisen.


PPS: Sollte ein Anbieter eine marktbeherrschende Stellung haben und diese ausnützen, so haben wir dafür das Kartellgesetz und die Weko und müssen keine Speziallösungen zur Ausgrenzung von nichtschweizerischen Unternehmen im nationalen Parlament beschliessen.

PPPS: Die Geschichte mit der Mehrwertsteuer ist nicht ganz so einfach, wie es uns der Hotelierverband glauben machen will. Wir bezahlen die Mehrwertsteuer sowieso im Hotel auf dem Gesamtbetrag.


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