Das Programm der IT-Beschaffungskonferenz war auch in diesem Jahr wieder mit prominenten Rednern bestückt. Nationalrätin und Grünen-Präsidentin Regula Rytz war genauso mit von der Partie wie BBL-Direktor Pierre Broye oder der eidgenössische Datenschützer Adrian Lobsiger. Die Konferenz stand ganz im Zeichen der Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), welches mit jährlich rund 40 Milliarden Franken ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist.
Mehr als 350 Besucher waren anwesend, um aus erster Hand zu erfahren, was sich bei der Gesetzesrevision ändern soll. Ein Fokus lag auf der Diskussion des Öffentlichkeitsprinzips im neuen Beschaffungsrecht, welches im Entwurf des Bundesrates im Beschaffungsrecht neu aufgehoben werden soll. Während Anbieter die konsequente Wahrung von Geschäftsgeheimnissen einfordern, ist die Forderung nach Transparenz genauso auf dem Tapet. Das letzte Wort dürfte hier noch nicht gesprochen sein.
Regula Rytz eröffnete
Im Eröffnungsreferat erläuterte Regula Rytz die politische Sicht auf den aktuellen (BöB-Revision) Stand zur Beschaffungs-Gesetz Revision. Rytz hatte von 2005 bis 2012 als Regierungsmitglied der Stadt Bern selbst die politische Verantwortung über rund 1600 Beschaffungen und kennt sich in der Materie bestens aus.
Einige Änderungen werden durch das WTO-Übereinkommen (GPA) über das Beschaffungswesen getrieben, welches die Schweiz 2012 unterzeichnet hatte. Die grosse Mehrheit der Gesetzesänderungen ist unbestritten. Positiv erwähnte Rytz etwa die Stärkung des sogenannten Dialogverfahrens, die gerade bei komplexen IT-Beschaffungen von Vorteil sein wird. Kritisch sieht sie die Erweiterung der Möglichkeit für freihändige Vergaben bei Folgebeschaffungen. Läuft es nach Plan, wird das neue Beschaffungs-Gesetz frühestens 2019 umgesetzt sein.
Micro-Services als Schlüssel zum Erfolg
Wie komplexe IT-Beschaffungen gewissermassen umgangen werden können, zeigte Andreas Amsler vom IT-Dienstleister Liip auf. Die Idee von Amsler ist es, mit sogenannten Micro-Services zu arbeiten - vergleichbar mit Lego-Steinen, die dann zu einem Ganzen zusammengesetzt werden können. So könnten Komplexität und Abhängigkeiten bei grossen Beschaffungen heruntergebrochen werden.
Durch die einzelnen Services können auch die Risiken auf diese Einheiten reduziert werden, wodurch diese einfacher zu managen sind. Die Schnittstelle für den Datenaustausch könnte beispielsweise über opendata.swiss stattfinden, dem Portal für frei verfügbare Daten der Schweizer Behörden. Hier werden Informationen von Bund, Kantonen oder Gemeinden zur freien Verfügung gestellt wie Bevölkerungsstatistiken oder Wetterdaten. Diese Daten können von dort kostenlos heruntergeladen und weiterverwendet werden.
Agilität im öffentlichen Sektor angekommen
Eine Fachsession, welche von der swissICT-Fachgruppe Lean, Agile & Scrum mitgestaltet wurde, ging auf das Thema Agile Beschaffungen ein. Bei diesen Vorträgen kam klar hervor, dass die Agilität nun auch im öffentlichen Sektor angekommen ist. Dabei wurden Vergleiche zur Privatwirtschaft herangezogen und gezeigt wie Design Thinking bei der IT-Beschaffung im öffentlichen Sektor angewandt werden kann. Transparenz und Vertrauen sollen mit dem neuen Beschaffungsgesetz gefördert werden. Themen, die bei den agilen Methoden sehr wichtig sind.
In einem weiteren Slot wurde aufgezeigt, wie Abhängigkeiten zu Herstellern reduziert oder minimiert werden können. In dieser Vortragsreihe wurden die Vor- und Nachteile von proprietären Systemen aufgezeigt. Eine Möglichkeit, Abhängigkeiten zu reduzieren, ist das Einführen von Open Source Software. Das erklärten die Referenten und es wurde ein Proof-of-Concept bei einem Bundesamt vorgestellt, welches die bestehende Adobe Lösung durch eine Open Source basierte Bildbearbeitungssoftware ablöst.
Fazit
Die Revision des neuen Beschaffungsgesetzes im öffentlichen Sektor wird noch viel zu diskutieren geben. Die Zeichen der Zeit wurden jedoch erkannt und man kann feststellen, dass die Agilität nun auch in der öffentlichen Verwaltung definitiv angekommen ist. Transparenz und Vertrauen sollen durch das neue Gesetz gefördert und somit auch Korruption verhindert werden. Ein positives Zeichen ist auch, dass bei Ausschreibungen die Dialoge zwischen Beschaffern und Anbietern neu auch auf kantonaler Ebene gefördert werden sollen.