Das Sprichwort will es, dass Totgesagte länger leben. Der Niedergang der Desktop PCs wird angesichts der erstarkenden Konkurrenz durch mobile Geräte und Thin Clients Jahr für Jahr aufs Neue prophezeit, und dennoch halten sie sich hartnäckig am Markt. Was sind die Gründe dafür und wo liegen die Vorteile vollwertiger Arbeitsplatz-Rechner? "Swiss IT Magazine" hat sich bei namhaften Herstellern umgehört und präsentiert neun Produkte in der Marktübersicht.
Keine Frage der Daseinsberechtigung
Nimmt man die Vielfalt der Geräte ins Blickfeld, die heute in Unternehmen zum Einsatz kommen, wird schnell ersichtlich, dass mobile Geräte wie Laptops, Tablets und Smartphones weiterhin auf dem Vormarsch sind. Auch Thin Clients bleiben dank der Verbreitung von Cloud-Lösungen interessant. Auf die Frage, ob im Lichte dessen Desktop PCs im Geschäftsumfeld überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hätten, sind sich jedoch alle Hersteller einig. Es sei keine Frage der Daseinsberechtigung, bringt es Benjamin Möller, Kategorie Manager IT bei Steg Computer & Electronics, auf den Punkt. Die Auswahl der IT-Hardware sollte immer unter Berücksichtigung der vorhandenen IT-Infrastruktur erfolgen, und es gebe nach wie vor Szenarien, welche die Anschaffung von Desktops erforderlich machten. Zum Beispiel in Unternehmen, in denen eine fehlende Server-Infrastruktur den Einsatz von Thin Clients verunmöglicht, oder wenn lokal eine höhere Rechenleistung benötigt wird. Dem pflichtet Luigia Marciello, Junior Product Manager bei Acer Computer (Switzerland), bei. Anders als bei den Thin Clients könnten rechenintensive Vorgänge auf Desktops lokal durchgeführt werden, und das bei geringer Belastung des lokalen Netzwerkes. Die Rechenleistung allein dürfte jedoch nicht ausschlaggebend sein für die Anschaffung von Desktops, schliesslich sind moderne Laptops genauso mit schnellen Prozessoren bestückt.
Sicherheit und Erweiterbarkeit
Auch in diesem Punkt sind sich die Hersteller einig. Wichtig sind neben der Leistung auch die Sicherheit und Erweiterbarkeit der Rechner. Dazu meint Martin Nussbaumer, Head of Product Sales Switzerland & Austria bei Fujitsu: "Viele Segmente wie der öffentliche und der Finanzsektor schätzen die grossen Vorteile der Desktops: höchste Datensicherheit, bedarfsspezifische Ausbaufähigkeit, einfache Administration und Wartung." In dieselbe Kerbe schlägt Roger Capaul, Leiter Channel & SMB bei Lenovo: "Desktops lassen sich auch im Nachhinein einfach mit zusätzlichen Komponenten erweitern, was bei Laptops schwieriger ist." Und Samuel Müller, Product Manager bei Littlebit Technology, resümiert: "Der klassische Desktop PC bleibt die flexibelste Lösung für einen festen Arbeitsplatz, da er einfach erweitert und individuell auf die Bedürfnisse des Nutzers konfiguriert werden kann. Die Wahl individueller Komponenten wie spezielle Grafik- und Audiokarten oder Laufwerke ist unvergleichlich gross. Dasselbe gilt für aussergewöhnliche Anschlüsse für Peripheriegeräte."
Preis und Leistung
Leistungsfähigere Hardware einzusetzen bedeutet in der Regel, mehr investieren zu müssen. Zudem sind die Betriebskosten ein wichtiges Thema, denn die Rechner laufen nicht selten an mindestens fünf Tagen in der Woche ununterbrochen. Josip Sunic, CEO von Prime Computer, ist der Ansicht, dass Desktops heute einen deutlichen Mehrwert bringen müssen wie Zuverlässigkeit, eine nachhaltige Kostenreduzierung, eine Effizienzsteigerung sowie die Schonung von Gesundheit und Umwelt.
Letztlich dürfte jedoch das Preis-Leistungs-Verhältnis das wichtigste Kaufargument sein. Laut Stefan Nünlist, Country Category Manager bei HP Schweiz, haben Desktops diesbezüglich gegenüber mobilen Geräten die Nase vorn: "Desktops weisen im Vergleich zu mobilen Geräten ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis vor, können besser aufgerüstet und erweitert werden, sind sicherer da stationär und bieten eine bessere Performance."
Von schnellen Prozessoren und Speichermedien
Es erstaunt wenig, dass alle vorgestellten Rechner ähnliche Spezifikationen aufweisen. Sie sind alle von kompakter bis kleiner Bauweise, verwenden schnelle und energieeffiziente Intel-Prozessoren neueren Typs mit integrierter Grafik-Einheit und arbeiten laut den Herstellern sehr leise oder geräuschlos. Ausserdem verfügen sie über eine vergleichbare Bestückung mit Arbeitsspeicher und setzen auf schnelle SSDs als Systemdatenträger. Mit einem Preis zwischen 1000 und 1500 Franken sind sie relativ kostengünstig und eignen sich daher auch für kleinere Unternehmen. Nicht zuletzt durch ihre Erweiterbarkeit kann die Investition über längere Zeit amortisiert werden, weil sich veraltete oder beschädigte Komponenten relativ problemlos austauschen lassen. Die Frage bleibt jedoch bestehen, wie lange es noch Bedarf an solchen Geräten geben wird. Dessen ist sich auch Markus Popp, Key Account Manager bei Asus, bewusst. Auch er sieht den Vorteil der klassischen Desktops hauptsächlich im Verhältnis zwischen Performance und Service. In diesem Bereich hätten sie mobilen Geräten noch immer etwas voraus. Er glaubt aber auch, dass Desktops in fünf bis zehn Jahren nur noch einen Bruchteil des heutigen Marktes ausmachen. Man darf gespannt bleiben, totgesagt wurden die Desktops schliesslich schon oft.
(luc)