Beim Autohändler über den Parkplatz zu laufen und sich die zum Verkauf ausgeschriebenen Autos anzusehen, ist nicht wirklich ein interaktives Erlebnis. Zumindest noch nicht, wenn es nach dem Willen von Christian Knecht, Kreativ Direktor, und Patricia Ehrismann, Technische Direktorin beim Start-up Ke4it mit Sitz in Au/Wädenswil, geht. Die beiden haben eine Lösung entwickelt, dank der Informationen zu einem ausgestellten Auto via iBeacon auf einer Smartphone App angezeigt und dort auch gesichert werden können, um später zu wissen, welche Autos man wo gesehen hat.
Schildkröte via iBeacon verfolgen
Am Anfang der Lösung standen Schildkröten, wie Christian Knecht erzählt – und dazu etwas ausholen muss. Er und Patricia Ehrismann seien bis im Frühling 2015 über Jahre für Grossunternehmen im Banken- und Versicherungsumfeld tätig gewesen, und dabei unter anderem auf die Programmiersprache Delphi gestossen, bei der sie grosses Potential sahen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil mit Delphi Anwendungen plattformübergreifend geschrieben werden können – für den Desktop wie auch für iOS und Android. In der Freizeit hätten sie zudem iBeacons entdeckt, kleine Bluetooth-Low-Energy-Sender, die vor allem für die Navigation in geschlossenen Räumen angepriesen werden. «Zu Hause haben wir 17 Schildkröten, und die haben die Angewohnheit, immer wieder mal zu verschwinden. Also war unsere Idee, die Schildkröten mit einem iBeacon zu versehen und mit Delphi eine App zu schreiben, um so zu wissen, wo die Tiere sind.»
Funktioniert habe die Idee mit den «smarten Schildkröten» jedoch nur mässig gut, wie Patricia Ehrismann ausführt – zu ungenau sei die Positionsangabe gewesen, welche das iBeacon gemacht habe. Trotzdem waren Ehrismann und Knecht überzeugt, dass in der iBeacon-Technologie Potential steckt. Und da die beiden ohnehin zunehmend Mühe damit bekundeten, wie die Software-Entwicklung in ihrem Arbeitsumfeld gehandhabt wird, machten sie sich auf die Suche nach einem Geschäftsmodell rund um die iBeacons. «Unser Gedanke war, dass man mit Hilfe von iBeacons und Smartphones ein Informationsdefizit decken kann. Ein solches Defizit haben wir bei Autohändlern ausgemacht. Denn wie oft beobachtet man, dass potentielle Kunden sich Autos ohne Betreuung eines Verkäufers anschauen, Fotos machen und versuchen, die Infoblätter in den Windschutzscheiben zu entziffern und sich später nicht mehr daran erinnern können, bei welcher Garage sie jetzt welches Fahrzeug gesehen haben», führt Christian Knecht aus.
1500 Fahrzeuge bis Mitte 2016
Die Lösung, die Ehrismann und Knecht entwickelt haben, besteht im Prinzip aus drei Teilen: dem iBeacon, das vom Garagisten im Auto angebracht wird, einer App namens Moreinfo für iOS (Bild) und Android, mit der der Autointeressent das
iBeacon auslesen kann, und einer Desktop-Anwendung, über die der Garagist die wesentlichen Informationen zu den Fahrzeugen erfasst und diese den iBeacons, die er im Einsatz hat, zuweisen kann.
Gespeichert sind diese Daten nicht im
iBeacon selbst, sondern in der Cloud, der Sender dient also quasi nur als Link beziehungsweise Schnittstelle zwischen Smartphone-App und Datenbank.
Abgerechnet wird pro iBeacon, die ein Garagist im Einsatz hat. Die Preise sind gestaffelt und bewegen sich im Bereich von 4.50 bis 7 Franken pro iBeacon und Monat. Darin enthalten ist auch der Service und Support. Aktuell ist die Lösung mit einigen wenigen iBeacons in einer Testgarage in Wädenswil im Einsatz. Diese iBeacons würden schon rege ausgelesen, berichtet Knecht. Das Ziel laute, bis im kommenden Sommer schweizweit 1500 Fahrzeuge mit einem iBeacon ausgestattet zu haben.
Aktuell sei man daran, die Lösung den Garagisten vorzustellen – und das bedeutet «Klinken putzen», wie Christian Knecht erzählt. «Wir haben zuerst versucht, die Lösung den Autohändlern mittels eines E-Mailings zu präsentieren. Doch wir mussten schnell feststellen, dass das nicht funktioniert. Man muss die Lösung zeigen, erklären können – und dann ist das Interesse gross, denn die Garagisten sind durchaus interessiert an Innovation im Verkauf.»
Die Lösung für Autogaragen und -händler soll aber nur der Anfang sein. «Denn das Prinzip funktioniert auch für viele andere Verkaufsumgebungen», ist Christian Knecht überzeugt. Und ergänzt: «Aber auch im Kunst- oder Museumsbereich können wir uns vorstellen, eine Lösung zu entwickeln, die dann zum Beispiel Zusatz-
informationen zu einem Werk anzeigt. Oder auch für Führungen oder bei der Überwachung von Kühlketten könnte die Technologie zum Einsatz kommen. An Ideen mangelt es uns nicht.»
(mw)