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3200 mal schneller als Visa
Quelle: swiss made software

3200 mal schneller als Visa

Mit Micropayments können Content-Kunden jenseits von Werbung und Abos erschlossen werden. Millipay aus Zürich macht es möglich.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2015/09

     

Trotz Fortschritten im Online-Zahlungswesen ist es nach wie vor schwer, Klein-Content – einen Artikel, ein Stream, ein Bild, eine Kurzgeschichte – zu monetarisieren. Grund sind die Kosten, denn meist wird pro Transaktion eine fixe Gebühr von etwa 30 Cent beziehungsweise Rappen erhoben, hinzu kommt eine variable Komponente. Je kleiner der Verkaufspreis, umso weniger bleibt also dem Anbieter. Ausserdem stellt die Fixgebühr eine unbewegliche Preisuntergrenze dar.
Die Zürcher Firma Millipay will das mit einer Technologie ändern, die Zahlungen ab einem Zehntel-Cent, also 0,001 Euro/Franken ermöglicht. Die Fixkosten fallen weg, es wird lediglich eine variable Gebühr fällig.
Der Clou dabei ist die Geschwindigkeit: «Unser System ist um den Faktor 3200 schneller als vergleichbare Systeme», so Millipay-CEO Gerrit Sindermann. Wo eine Visa-
Transaktion also 3200 Server benötigt, braucht Millipay nur einen. Dieser Geschwindigkeitsvorteil schlägt sich in den Kosten nieder, was wiederum das Arbeiten mit solchen Kleinstbeträgen erst möglich macht.

Unerschlossenes Potential

Praktisch gestaltet sich das so: Millipay wird in ein Angebot integriert – Desktop, Mobile oder App. Dieses verschwindet hinter einer Paywall. Interessierte Nutzer registrieren sich via Handynummer. «Das dauert nicht mehr als 45 Sekunden», so Sindermann. Zahlungen werden anschliessend über eine digitale Brieftasche in Millipays Back-end geleistet. Da diese auf Prepaid-Basis funktioniert, muss sie allerdings erst aufmunitioniert werden. Von da an kann ein Kunde dann Kleinstbeträge ausgeben. Für Inhalteanbieter erlaubt das eine Monetarisierung jenseits von Werbung oder Abos.
Hier sieht Sindermann auch zahlreiche Chancen in der sich weiterentwickelnden Content-Landschaft. Beispiel Musik­streaming: «Die nächste Generation Streaming-­Dienste, also Post-Spotify & Co, muss andere Wege zum Kunden gehen als Abos. Sie müssen die Bundles wieder aufbrechen», meint er. Per Micropayment lassen sich so individuelle Angebote zusammenstellen, die irgendwo zwischen einem einmaligen Kauf und einer Flatrate liegen. Dann können auch Kunden erschlossen werden, die keine zehn Euro im Monat zahlen oder ein Abo lösen möchten. Bedenkt man, dass selbst beim Marktführer Spotify nur 25 Prozent der Nutzer zahlende Kunden sind, ist das gar nicht unrealistisch. Dazu kommen zahlreiche Anbieter, deren Inhalte nicht zum Mainstream gehören – Indy-Labels, Bolly­wood, einzelne Ethnien oder Interessengruppen. Inhalte wie diese finden sich häufig nicht einmal auf Youtube. Ihre Fans sind aber treu und könnten durchaus Bereitschaft für Micropayment zeigen. Gleiches gilt für Kunden in Emerging Markets, deren Kaufkraft nicht der hiesigen entspricht.

Mehr als ein Zahlungssystem

Getestet wurde die Idee bereits erfolgreich bei mehreren regionalen Zeitungen wie dem Schwäbischen Tagblatt oder der Thurgauer Zeitung. Mit Millipay konnten Leser dort einzelne Artikel kaufen. Die Akzeptanz war überraschend hoch. «Einmal registrierte Leser laden die E-Wallet in 82 Prozent der Fälle. Millipay-Nutzer, die mit dem Bezahlfenster und einem kleinen Preis konfrontiert werden, bezahlen anschliessend zu 72 Prozent», so Sindermann. Die Pilotprojekte ermöglichten eine interessante Einsicht: Wer einmal angefangen hat, Micropayments zu machen, war viel eher bereit, auch ein Abo zu lösen. So stieg die Zahl E-Paper-Abonnenten in den ersten acht Monaten um 40 Prozent. Millipay ist damit mehr als nur ein Zahlungssystem. Richtig verwendet mausert es sich zum Marketinginstrument. So lässt sich auch das Problem der Erstaufladung elegant lösen: Kunden erhalten ein Startguthaben. Sind sie einmal angefixt, haben sie Grund zur Wiederaufladung und gegebenenfalls auch zu mehr Verbindlichkeit etwa über ein Abo.


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