Patrick Sarbach wollte nie Berater werden, und hat nach der Uni doch nie etwas anderes gemacht. Der Walliser kam vor zehn Jahren nach dem Wirtschaftsinformatik-Studium und vier Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Bern über einen Kollegen an den Job als Consultant bei Q-Perior, damals Esprit Consulting. Und er wurde positiv überrascht. «Mir gefällt es einfach», erklärt Sarbach, der mittlerweile zum Associate Partner aufgestiegen ist, «immer wieder neue Themengebiete angehen zu können, zu schauen, was sind mögliche Trends, wie entwickelt sich die Technologie weiter, auf welche dieser Themen wollen wir künftig forciert setzen und was hat das für Auswirkungen auf unsere Beratung.»
Branchenübergreifende Kunden
Wochentags verabschiedet sich Patrick Sarbach oft früh morgens von seinen drei Töchtern und seiner Frau, beantwortet im Zug Mails, bereitet Workshops vor, auf dem Weg zu Kunden im Berner Umland, in Zürich und auch mal im DACH-Raum. «0815-Tage habe ich nicht», erklärt der 41-Jährige. «Q-Perior ist nicht auf eine Branche spezialisiert, was es enorm spannend macht.» So könne er zum Beispiel versuchen, für Kunden der öffentlichen Beschaffung Ansätze aus der Privatindustrie zu adaptieren, Bewährtes bei anderen einführen, über den Tellerrand blicken. Was er gern hat: Probleme an der Wurzel packen. Was er nicht gern hat: wenn die Administration Überhand gewinnt – was bei Grosskunden gerne mal der Fall ist.
Aber wenn es dann läuft, blüht Sarbach auf, erzählt von Kunden, die eigentlich eine Systemoptimierung wünschen, wobei bei der Analyse oft klar wird: Nicht das System ist das Problem, sondern die Prozesse dahinter, die defizitäre Strategie. Der Berater packt an, zeigt den Kunden Widersprüche und Lösungen auf, stellt entsprechende Werkzeuge bereit. «Wenn man gemeinsam mit dem Kunden etwas ins Leben ruft», erzählt Sarbach, «und sieht, wie sich das von einem zarten Pflänzchen zu einem grossen Baum weiterentwickelt, macht einen das schon stolz.»
Flache Hierarchien
Wo und wann Sarbach arbeitet, spricht er nicht mit dem Vorgesetzten ab: «Wenn jemand wissen möchte, wo ich bin, kann er in meinem Kalender nachschauen, der ist gepflegt und man sieht, wann ich erreichbar bin.» Die Struktur des Unternehmens ist zwar klassisch von Junior Consultants bis hin zu Partnern. Trotzdem werden die Hierarchien flach gehalten, in den Büros in Zürich und Bern stehen die wenigen Türen, die es gibt, offen. Neue erkennen auf den ersten Blick nicht, wer welche Position innehat. Als Mitarbeiter kann – beziehungsweise muss – man schnell Verantwortung übernehmen. Frisch von der Uni war das für Sarbach gar nicht einfach, plötzlich mit eigenem Budget selbst die Zeit einzuteilen und Lösungsvorschläge fristgerecht vorzulegen. Heute aber klappt das mit dem Selbstmanagement einwandfrei, die Work-Life-Balance stimmt, sagt der Familienvater. «Die Kinder wachsen schnell auf und es wäre schade, diese Zeit zu verpassen.»
So haben sich seine Karriereziele, intern Visionen genannt, gewandelt: Zu Beginn hiess es noch, «möglichst viel praktische Erfahrung sammeln nach all der Theorie an der Uni und schnell aufsteigen». Heute heisst es: «Teams und Beziehungsnetzwerk ausbauen und möglichst viele Kunden in der Umgebung haben, um an manchen Abenden mit der Familie Abend essen zu können». Diese Visionen besprechen Mitarbeitende jährlich mit ihrem Vorgesetzten, dem sogenannten Lead. Dieser ist unter anderem dafür zuständig, seine Mitarbeiter bei der Karriereplanung zu unterstützen. Darüber hinaus gibt es im Unternehmen sogenannte Coaches, welche sich um alles rund um die Projekte kümmern. Hasan Tekin, Partner-Mitglied der Geschäftsleitung und auch fürs HR verantwortlich, erklärt: «Unser Leading-Coaching-Modell stellt die langfristige Karriereplanung unserer Mitarbeitenden sicher. Ausserdem öffnen die unterschiedlichen Ansprechpersonen den Mitarbeitern Wege, um Konflikte ansprechen zu können und Lösungen zu finden.»
Mehrtägige Firmen-Events
Hasan Tekin ist seit elf Jahren im Unternehmen und liebt an seiner Arbeit besonders, bei grossen Kunden mit unterschiedlichen Nationalitäten in Kontakt zu kommen und auch mal für Firmen reisen zu dürfen. Der 40-Jährige ist mit Leidenschaft bei der Sache und fährt bei der Philosophie von Q-Perior eine klare Linie. «Wir haben Werte, bei denen wir keine Kompromisse eingehen», sagt der Solothurner mit türkischem Pass. Dazu gehören die flachen Hierarchien, die Unterstützung der Mitarbeiter bei persönlichen Karrierevisionen und ausserdem eine gewisse Energie. «Wir wollen keine Schlaftabletten», erklärt Tekin, «sondern Leute, die am Montagfrüh gerne zum Kunden gehen.»
Das Energiegeladene, wie Tekin es nennt, wird auch neben der täglichen Arbeit gelebt. Mehrmals pro Jahr geht es mit der ganzen Belegschaft (vor zehn Jahren zu fünfzehnt, heute zu fünfundsechzigst) auf der Aare paddeln, in München das Oktoberfest feiern oder auch drei Tage nach Grindelwald, um die Athleten des Swissman anzufeuern. Den Extrem-Triathlon sponsert Q-Perior, denn, so Tekin, «wir finden, dass dieser Event sehr gut zu unseren Werten passt».
Diese Anlässe sind für alle Mitarbeitenden Pflicht. Das findet Hasan Tekin, der vom Senior Consultant zum Geschäftsleitungsmitglied aufgestiegen ist, wichtig für den Zusammenhalt. «Wir sind grösser geworden, das bringt Strukturen und Prozesse mit sich, denen man nicht ausweichen kann», berichtet der studierte Betriebswirt. «Aber wir sind eine Familie geblieben über all die Jahre.» Damit das auch so bleibt, wird Bewerbern beim Vorstellungsgespräch genau auf die Finger geschaut, und zwar von vier Personen. Wenn eine von ihnen ein schlechtes Bauchgefühl hat, wird abgesagt. «Ich denke, das bringt uns langfristig weiter», meint Tekin, «die richtigen Leute an Bord zu haben, die dann auch bleiben und die Kultur mittragen, pflegen und leben.» Diese richtigen Leute zu finden, gestaltet sich aber nicht einfach, so dass man nun eine extra Stelle geschaffen hat, die sich 100 Prozent ums Recruiting kümmert.
Grosszügige Benefits
Damit Neulinge dann aber auch bleiben, langt das Unternehmen mit weltweit 640 Mitarbeitenden und Standorten im DACH-Raum, der Slowakei und Nordamerika tief in die Tasche. Neben einem Handy und Löhnen, die mindestens auf Marktniveau liegen, gibt es je nach Rolle ÖV-Beteiligung oder eine monatliche Auto-Pauschale plus Tankkarte sowie Pauschalen für Spesen. Zusätzlich offeriert Q-Perior individuelle Versicherungsberatungen und zusätzliche Vorsorgeleistungen. Hinzu kommt das Schulungsprogramm, auf das alle Mitarbeitenden zurückgreifen können mit Fachschulungen und Social-Skill-Trainings etwa fürs Zeit- und Konfliktmanagement. Für Hochschulabsolventen gibt es zum Einstieg ein Pflicht-Schulungsprogramm, mit dem sich das Unternehmen verpflichtet, angehende Berater auf eine Experten- oder Managementfunktion vorzubereiten. Ein Studienabschluss ist übrigens Voraussetzung, um bei Q-Perior als Junior einzusteigen.
Sarbach passte frisch von der Uni, voller Energie und mit hohen Karrierezielen also von Beginn an ins Unternehmen und kann sich heute selbst kein anderes Arbeiten mehr vorstellen. Und das, obwohl er als Jugendlicher unbedingt hatte Physiotherapeut werden wollen. Aber wenn er heute darüber nachdenkt, wo sein Weg ihn hingetragen hat, dann ist er zufrieden und findet: «Physiotherapie und IT-Beratung sind sich eigentlich sehr ähnlich: Man hat sehr viel mit Menschen zu tun, einfach die Themen sind andere.»
Q-Periors ERFOLGSFAKTOREN ZUM NACHAHMEN
- Eine Firmenphilosophie mit klaren Werten definieren und nach diesen konsequent leben - Bei der Wahl der Mitarbeitenden darauf achten, dass sie nicht nur fachlich, sondern auch menschlich ins Unternehmen passen.
- Regelmässige, teils mehrtägige Firmen-
Events organisieren, bei denen neben dem fachlichen auch der private Austausch nicht zu kurz kommt, um die Zusammenarbeit unter den Mitarbeitenden zu fördern.
- Benefits wie grosszügige Auto- und Spesen-Pauschalen, Pensionskassen-Zuschüsse, dem Markt angepasste Löhne.
- Regelmässig persönliche Visionen mit den Mitarbeitenden besprechen und die Umsetzung sicherstellen.
So läuft es in «Great Place to Work»-Unternehmen
Die Schweizer Firmen Cisco, UMB und Q-Perior sind 2014 von ihren Mitarbeitenden als «Great Place to Work» ausgezeichnet worden. «Swiss IT Magazine» wirft in den kommenden Ausgaben einen Blick hinter die Kulissen des grossen, des mittleren und des kleinen Unternehmens: Was unterscheidet die Firmen von anderen, welche Philosophie leben die Führungskräfte vor, und fühlen sich die Mitarbeitenden tatsächlich einfach nur wohl? Zum Abschluss der Artikelreihe wird Michael Hermann, CEO von Great Place to Work, Tipps geben, wie auch andere Unternehmen zu einem Great Place to Work werden können.
Ausgabe Nr. 4, April 2015:
Cisco, der internationale Konzern
Ausgabe Nr. 5, Mai 2015:
UMB, das mittelständische Unternehmen
Ausgabe Nr. 6, Juni 2015:
Q-Perior, das kleine Unternehmen
Ausgabe Nr. 7/8, Juli 2015:
So wird ein Unternehmen ein Great Place to Work
(aks)