3-Way-Match - Wissen was dahintersteckt
Quelle: ISACA

3-Way-Match - Wissen was dahintersteckt

Von Roland Giger

Nur die Wirksamkeit der Kontrollen in einem Einkaufsprozess zu prüfen, erfüllt zwar einen wichtigen Zweck, decken aber nur teilweise die Ansprüche der Verantwortlichen ab. 3-Way-Matching ist eine dieser Kontrollen, die auch das Potential für Prozessverbesserungen hat.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/12

     

Ein Risiko im Einkaufsprozess besteht darin, dass die ursprüngliche Bestellung sowohl in der Menge und den Preisen nicht mehr der dazugehörigen Lieferung und Rechnung entspricht. Sowohl tiefere als auch höhere Liefermengen und Preise können negative Folgen haben. Tiefere Liefermengen führen z.B. dazu, dass interne Produktionsprozesse nicht mit den erforderlichen Mengen versorgt werden und somit ein Produktionsengpass entsteht. Nicht gerechtfertigte höhere Preise in der Rechnung, die nicht mit dem vereinbarten Preis in der Bestellung übereinstimmen, führen zu nicht vorgesehenen Kosten. Diese nicht abschliessende Aufzählung zeigt den Bedarf für risikomindernde Kontrollen bei der Abstimmung zwischen Bestellung, Wareneingang und Rechnung. Das Prinzip, welches dahinter steckt, wird als sogenanntes «3-Way-Match-Prinzip» bezeichnet.
Mit diesem Beitrag erläutere ich Ihnen dieses Abstimmverfahren («Matching») allgemein und wie es konkret am Beispiel von SAP umgesetzt wird, worauf Sie bei einem Audit achten sollten und welche Möglichkeiten für Prozessverbesserungen vorhanden sind.

3-Way-Match – Das Prinzip

Mengen und Werte auf der Bestellung müssen identisch sein mit der Lieferung sowie mit der Rechnung. Gibt es Abweichungen, sollten diese nur dann zugelassen werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Diese Ausgangslage ist als Rahmenbedingung für den ganzen Einkaufsprozess einzuhalten. Im ganzen Ablauf gibt und soll es aber auch genügend Spielraum geben, um den Prozess nicht unnötig zu blockieren oder zu verlangsamen. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Abstimmung. Nachfolgendes Bild zeigt Ihnen 3 Möglichkeiten, die bei der Prüfung der Mengen und Werte im Einkaufsprozess angewendet werden. Jedes dieser Verfahren deckt Risiken ab, welche sich mit der Erweiterung des Abstimmschrittes entsprechend reduzieren.
Welches dieser 3 Verfahren unter welchen Bedingungen im Einkaufsprozess anzuwenden ist, sollte festgelegt sein. Für einfache Beschaffungen kann 2-Way-Match durchaus ausreichend sein. Bei Waren, die höchsten Ansprüchen genügen müssen, ist ein 4-Way-Match angebracht. Hinweisen möchte ich, dass mit Liefermenge nicht ausschliesslich eine physische Ware gemeint sein muss. Auch bei Dienstleistungen kann und sollte eine Abstimmung der Liefermenge (z.B. in Form eines Arbeitsrapports) durchgeführt werden.
Umgesetzt werden kann die Abstimmung manuell oder automatisiert. Wie dies in SAP vollständig automatisiert wird, erläutere ich Ihnen nachfolgend.

3-Way-Match mit SAP


Eine Bestellung und Lieferung in SAP abzuwickeln, erfordert das SAP-Modul Materialwirtschaft. Die Rechnung sollte natürlich auch mit diesem Modul erfasst werden, könnte aber auch direkt in der Finanzbuchhaltung erfolgen. Der Einkaufsprozess mit dem SAP-Modul Materialwirtschaft vergleicht nicht automatisch die Mengen und Werte der Bestellung, Lieferung und Rechnung. Um dieses Verfahren zu ermöglichen, gibt es in SAP keine technische Einstellung, die sich wie ein Schalter betätigen liesse. Erst das Zusammenwirken verschiedener Faktoren bewirkt diesen Effekt und erfordert es, dass zuerst der gesamte Prozessablauf festgelegt werden muss.
Die erste einzurichtende Kontrolle ist, dass eine verbindliche Verknüpfung der Bestellung, Lieferung und Rechnung vorliegt. Dies erreicht man damit, dass die Lieferung und Rechnung mit einem Bezug zur Bestellung erfasst werden muss. Wie ermöglicht man dies in SAP?

Setzt man in der Bestellung das Kennzeichen «WE-bez.RP» (Wareneingangsbezogene Rechnungsprüfung), erzwingt man, dass eine Rechnung nicht ohne vorherige Buchung der Lieferung möglich ist. Gleichzeitig wird damit auch verhindert, dass höhere Rechnungsmengen als die gelieferte Menge verbucht werden können. Ebenfalls gesetzt werden muss das Rechnungseingangskennzeichen. Dieses legt fest, dass zur Bestellung auch eine Rechnung folgen wird. Abbildung 2 zeigt, wie diese beiden Kennzeichen in einer SAP-Bestellung aussehen.
Bei der Erfassung der Lieferung und bei der Erfassung der Rechnung sind dann die dafür vorgesehenen SAP-Transaktionen zu verwenden. Die Buchung der Lieferung (Transaktion MIGO) muss dabei mit einem Bezug zur Bestellung erfolgen und der Rechnungseingang (Transaktion MIRO) mit einem Bezug zur Bestellung/Lieferung. Ob eine Bestellung so abgewickelt wurde, lässt sich in der Bestellung dadurch erkennen, dass auf der jeweiligen Bestellposition unter «Bestellentwicklung» sowohl die Buchung der Lieferung wie auch der Rechnung erscheint.

Tolerant sein

Die Verknüpfung alleine reicht nicht aus, da ja noch die Abstimmung der Mengen und Preise von der Bestellung bis zur Rechnung abgesichert werden soll. Erst dadurch ist korrekterweise die Rechnung in Ordnung und kann zur Zahlung freigegeben werden. Gibt es eine Differenz bei der Menge oder den Preisen, dann ist die Rechnung zur Zahlung zu sperren. Nun macht es aber keinen Sinn, wenn im normalen Geschäftsablauf vorkommende Differenzen vollständig ausgeschlossen werden und somit zu unnötigem Bereinigungsaufwand oder Verzögerungen führen. Zu diesem Zweck sind in SAP verschiedene Toleranzkriterien möglich, die entweder mit einem absoluten Betrag oder relativen Prozentsatz eine Ober- bzw. Untergrenze zulassen. Alle Toleranzkriterien lassen sich wie auf Abbildung 3 abgebildet definieren und ermöglichen für verschiedenste Situationen eine grösstmögliche Flexibilität, welche ausgenutzt, aber auch im internen Kontrollsystem definiert sein sollte.
Ist die Prüfung der Unter- oder Obergrenze eingeschaltet, bewirkt diese Kontrolle, dass nur diejenigen Rechnungen zur Zahlung freigegeben werden, die innerhalb dieser Toleranzgrenzen liegen. Rechnungen ausserhalb der Toleranz werden zwar gebucht, aber ein Sperrcode verhindert die automatische Zahlung.
Für die Prüfung der Liefer- und Bestellmenge ist festzulegen, wie mit Unter- und Überlieferungen vorzugehen ist. Unterlieferungen sind grundsätzlich zugelassen und werden als Teillieferung interpretiert. Es ist möglich, eine prozentuale Unterlieferungstoleranz anzugeben. Das Gegenstück, die Überlieferung, ist standardmässig nicht zugelassen. Wenn dies erlaubt sein soll, dann ist dies explizit durch eine prozentuale Toleranzangabe oder als unbegrenzte Überlieferung zu definieren. Abbildung 4 zeigt, wie diese Parameter in der Bestellung zu erkennen sind.

3-Way umgehen

Die gesamte Kontrolle kann umgangen werden, wenn beispielsweise die Rechnung ohne Bestellbezug oder direkt auf Sachkonten gebucht wird. Wenn offene Bestellungen mit Mengen-/Preisdifferenzen einfach den Status abgeschlossen erhalten und die Differenz ausgebucht wird. Kritisch zu beurteilen ist auch, wie der Ablauf zur Freigabe der gesperrten Rechnungen ist. Eine rasche Nachbearbeitung ist hier angebracht. Sie sollte aber nicht ohne Kontrolle erfolgen, da damit alle vorherigen Kontrollen hinfällig werden, welche zur Sperrung führten.


3-Way beschleunigen
Eine Doppelunterschrift auf der Rechnung, bevor die Zahlung erfolgt, ist eine der häufigsten Kontrollen im Einkaufsprozess. Mit einem wirksamen und automatisierten Abstimmverfahren kann diese Kontrolle reduziert werden. Wenn die Bestellung mittels Doppelunterschrift genehmigt wurde und ein 2-Way-Match mit Toleranzprüfung im System durchgeführt wird, dann ist eine Unterschrift auf der Rechnung ausreichend. Diese Unterschrift bestätigt die materielle Lieferung. Bei einem 3-Way-Match kann auch auf diese Unterschrift verzichtet werden, weil in diesem Fall ja die bewilligte Bestellung mit der Lieferung und Rechnung übereinstimmt. SAP ermöglicht auch, dass direkt nach der Lieferung die Rechnung automatisch erzeugt wird. Dadurch können keine Rechnungssperren mehr auftreten und der Prozess wird effizienter. Den Ablauf blockieren kann die Tatsache, dass für dringend benötigtes Material keine Bestellung erfasst wurde, sondern telefonisch bestellt wird. In diesem Fall kann SAP so eingerichtet werden, dass mit der Buchung der Lieferung automatisch eine Bestellung angelegt wird und so nicht auf das 3-Way-Match verzichtet werden muss.

Fazit


Das Prinzip des 3-Way-Match ist nicht abhängig davon, ob SAP eingesetzt wird oder ein anderes Produkt. Die erwähnten Beispiele veranschaulichen das Prinzip und können ohne weiteres für die Prüfung des Einkaufsprozesses allgemein verwendet werden. 3-Way-Match – Sie wissen nun was dahinter steckt für Ihren nächsten Audit.

Checkliste


• Werden Bestellung, Lieferung und Rechnung miteinander verknüpft?
• Wie sehen die Kontrollen zur Sicherstellung der korrekten Mengen und Preise über den gesamten Einkaufsprozess aus?
• Sind für Abweichungen von Mengen und Preisen die Toleranzen festgelegt und entsprechen den Firmenrichtlinien?
• Unter welchen Bedingungen werden Rechnungen zur Zahlung gesperrt?
• Wie ist die Freigabe gesperrter Rechnungen geregelt?
• Werden offene Bestellungen, Lieferungen und ausstehende Rechnungen überwacht?
• Werden die Konten mit Differenzbuchungen ordnungsmässig geführt, überwacht und korrekt bereinigt?
• Werden Lieferungen ohne Bestellbezug direkt in den Warenbestand erfasst?
• Wenn Rechnungen vor der Lieferung eintreffen, wie wird dann deren Richtigkeit bestätigt?
• Könnte die Doppelunterschrift bei der Rechnungsprüfung reduziert werden, weil 2-Way-Match oder 3-Way-Match ausreichend ist?
• Werden Rechnungen automatisch erzeugt nach der Lieferung?

Der Autor

Roland Giger, Inhaber der Giger Consulting GmbH, Bern
(www.giger-consulting.com) Eidg. Dipl. Wirtschaftsinformatiker, CISA, CRISC, mehrjährige IT-Erfahrung, davon mehr als 10 Jahre in der SAP-Beratung und 7 Jahre als leitender Revisor.



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