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Richtige Strategie für den Traumjob
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Richtige Strategie für den Traumjob

Von Urs Prantl

Viele denken, dass es ein Glücksfall ist, den Traumjob zu finden. Dass dem nicht so sein muss, zeigt der Fall eines Entwicklers, der bei der Suche streng strategisch vorging.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/12

     

Obwohl Medien und Verbände ständig vom Fachkräftemangel in der IT sprechen und schreiben, sieht die Realität für Stellensuchende oftmals schwieriger aus. Unternehmen, insbesondere KMU, tun sich aus nachvollziehbaren Gründen schwer, neues Personal einzustellen und folglich die Fixkosten zu erhöhen. Spannende und entwicklungsfähige Jobs sind daher in der IT auch heute nicht im Überfluss vorhanden.
Hinzu kommt, dass in der Regel die Arbeitsstellen für Fach- und Führungskräfte vom Arbeitgeber definiert werden. Er gibt das gewünschte Profil vor und sucht im Arbeitsmarkt nach Kandidaten mit entsprechendem Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen. Leider liegen den Ausschreibungen aber selten durchdachte Stellenprofile zu Grunde. Meistens konzentrieren sich suchende Unternehmen direkt auf das gewünschte Know-how und die gemachten Erfahrungen ihrer Kandidaten, ohne diese genügend mit ihren aktuellen Herausforderungen abgeglichen zu haben.

Stellensuchende Fach- und Führungskräfte bewerben sich in der Folge auf mehr oder weniger «fertige» Stellen. Selbst tragen sie zur Ausgestaltung des Jobs, sowohl im Hinblick auf die spezifischen Bedürfnisse des künftigen Arbeitgebers als auch im Hinblick auf ihre eigenen Stärken und Spezialkompetenzen, wenig bis nichts bei. Der Stellensuchende reagiert auf das Angebot im Arbeitsmarkt und hat im Laufe seiner Karriere gelernt, sich diesem anzupassen. Mit dem Ergebnis, dass die Gefahr einer ungenügenden Deckung zwischen den Unternehmensanforderungen und seinem individuellen Profil beziehungsweise seinen konkreten Wünschen sehr gross ist. Gleichzeitig begibt sich der Kandidat faktisch in ein Subalternverhältnis, was ihm die Durchsetzung seiner persönlichen Vorstellungen für den idealen Arbeitsplatz zusätzlich erschwert.
Im nachfolgend beschriebenen Fall eines Software-Entwicklers wurde der Spiess für einmal umgedreht – dies mit bemerkenswertem Erfolg.

Innert 50 Tagen zur Traumstelle

Mitte August wurde vom Karriereberater eine Kurzbewerbung mit dem anonymen Spezialist­enprofil des Software-Entwicklers an Unternehmen seiner Wahl versandt. Von den 50 angeschriebenen Unternehmen reagierten 19 mit einem persönlichen Feedback und acht davon äusserten konkretes Interesse daran, mit dem Kandidaten in Kontakt treten zu wollen. Am 1. Oktober konnte der Software-Entwickler seine Wunschstelle antreten. Er hatte die Wahl aus drei Angeboten, die alle seinen Vorstellungen weitgehend entsprachen.
Bei denjenigen Firmen, bei welchen sich der Entwickler vorstellen durfte, war er der einzige Bewerber. Denn diese Unternehmen hatten offiziell keine Vakanz, sondern waren ausschliesslich aufgrund seines ausserordentlichen Profils und der Initiativbewerbung auf ihn aufmerksam geworden. Mitbewerber um die gleiche Stelle hatte er also keine zu befürchten.
Dem Versand der Kurzbewerbung ging ein Prozess der Profil- und Zielgruppenfindung von rund zwei Monaten voraus. Während dieser Zeit setzte sich der Software-Entwickler mit seinem Coach systematisch mit seiner eigenen Karrierestrategie auseinander und zeichnete dabei das Bild seines idealen Arbeitgebers und seiner dortigen Traumstelle.

Standortbestimmung und Spezialistenprofil


Den Startpunkt der Vorbereitung setzte die eingehende Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken, den speziellen Fähigkeiten und den bisherigen Erfolgen. Dabei kamen nicht nur – wie meist üblich – technische oder rein fachliche Kenntnisse und Erfahrungen zur Sprache und aufs Papier, sondern auch weiche Faktoren wie die Fähigkeit, überdurchschnittliche Kundenzufriedenheit zu generieren oder ein extrem hohes Qualitätsbewusstsein im Unternehmen zu verankern. Viele besondere Stärken fand der Kandidat insbesondere in Antworten auf die Fragen «Welche Erfolge und Resultate konnte ich in der Vergangenheit bei meiner Arbeit erzielen?» und «Was mache ich sehr gerne und kann es daher auch sehr gut?» Die ausführliche Liste seiner Stärken betrug am Ende gute fünf A4-Seiten.

Im nächsten Schritt profilierte der Software-Entwickler seine Stärken und Fähigkeiten durch einen intuitiven Mitbewerbervergleich. Für jede Stärke seiner Liste stellte er gedanklich einen Vergleich mit einem möglichen Mitbewerber im Arbeitsmarkt an und bewertete seine Fähigkeit entsprechend. Alle Stärken, bei welchen er nicht über einen deutlich gefühlten Vorsprung verfügte, wurden für die weitere Arbeit gestrichen. So entwickelte sich aus einer einfachen Stärken- und Fähigkeitsliste ein echtes Spezialistenprofil. Seine Schwächen, die er selbstverständlich wie jeder andere Mensch auch hat, waren zu keinem Zeitpunkt ein Thema.
Die übrig gebliebenen Stärken und Fähigkeiten mit hohem Alleinstellungspotential – und solche finden sich mit Sicherheit bei jeder erfahrenen Fach- und Führungskraft – wurden anschliessend auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich der Lösung von typischen Problemen in Software-Unternehmen untersucht. Daraus entstand eine hochkonzentrierte Liste von Problemlösungskompetenzen und damit die Basis für das in der Blindbewerbung eingesetzte Spezialistenprofil.

Suche nach dem idealen Arbeitgeber

Stand bis dahin in der Strategie-Arbeit die Person des Software-Entwicklers im Vordergrund, so untersuchte der Kandidat mit seinem Coach in der Folge den Markt der potentiellen Arbeitgeber und begab sich gedanklich in deren Kopf und in deren aktuelle Herausforderungen und Problemstellungen. Auf die Frage «Welcher Typ von Software-Unternehmen hat welche ungelösten Probleme, für deren Lösung sich mein bisher erarbeitetes Profil ideal eignet?» ergaben sich einige mögliche Software-Unternehmenstypen.
In einem weiteren intensiven Arbeitsgespräch mit seinem Coach kristallisierte der Entwickler drei sehr ähnliche Unternehmenstypen als ideale, künftige Arbeitgeber heraus. Mit diesem Ergebnis startete der Kandidat eine intensive Recherche und identifizierte namentlich 50 Softwarefirmen unterschiedlicher Grös­se, die er mit seinem Spezialistenprofil ansprechen wollte.

Zielgruppen-Kurzbewerbung

Mitte August war es soweit. Der Karriere-Berater verschickte an alle 50 Unternehmen einen persönlich adressierten Brief und legte das anonymisierte Profil des Bewerbers bei. Beides, das Anschreiben und das Spezialistenprofil, wurden ganz im Tenor «ein erfahrener Softwarespezialist mit nachgewiesenen Problemlösungskompetenzen hilft ihrem Unternehmen, ihre anstehenden Herausforderungen besser zu bewältigen» verfasst. Es wurden keine .Net- oder Java-Kenntnisse, keine OO-Kompetenzen oder ERP- und CRM-Entwicklungserfahrungen angepriesen – notabene alles Fähigkeiten, welche weitgehend austauschbar sind.
Wie oben bereits beschrieben, gaben fast 40 Prozent der angeschriebenen Unternehmen eine Rückmeldung auf die Zielgruppen-Kurzbewerbung, was eine wirklich beachtliche Zahl darstellt. Sie lässt sich nur damit erklären, dass sowohl aus dem Schreiben wie auch dem Profil selbst für die angeschriebenen Softwarefirmen klar heraus kam, dass sich der Kandidat ernsthaft und tiefgreifend mit ihren Herausforderungen beschäftigt hatte und erkennbar dazu bereit war, einen echten Beitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten und nicht bloss an einem Job und einem Gehalt interessiert war.
Die acht interessierten Unternehmen traten darauf kurzfristig mit dem Kandidaten in Kontakt und erhielten zur Vorbereitung seine ausführlichen Bewerbungsunterlagen wie Lebenslauf, erweitertes Spezialisten- und Fähigkeitsprofil und Zeugnisse. Auch diese Dokumente hatte der Entwickler alle voll auf Problemlösungskompetenz hin getrimmt.

Vom Bittsteller zum Problemlöser

Dank der Einzigartigkeit seines Auftritts und der Tatsache, dass sich der Stellensuchende nicht auf eine offene, ausgeschriebene Stelle bewirbt, wechselt er vom Bittsteller zum Anbieter einer echten Problemlösung, dies mit allen positiven Begleiterscheinungen wie einfachere Lohnverhandlung oder bedeutende Mitgestaltung seiner neuen Stelle.
Das hier beschriebene Verfahren der Zielgruppen-Kurzbewerbung auf der Basis eines zielgruppenspezifischen Problemlösungsprofils eignet sich vor allem für Führungs- und Fachkräfte mit Erfahrung und nachweislichen Erfolgen. Besonders sicher greift die Methode auch bei Stellensuchenden, die sich schon im fortgeschrittenen Alter befinden. Der hier begleitete Software-Entwickler ist knapp 50 Jahre alt.
Der Stellensuchende selbst definiert und steuert den Suchprozess nach seinen Vorstellungen und wird dabei von seinem Karriere-Berater gecoacht. Das Auftragsverhältnis besteht ausschliesslich zwischen ihm und dem Coach, für die angeschriebenen Unternehmen hat diese Art der Vermittlung keine Kostenfolgen. In diesem Sinne muss der Bewerber das Mandat als Investition in seine eigene Karriere betrachten.


Urs Prantl ist Inhaber von KMU Mentor, Spezialist für die nachhaltige Zukunftssicherung im Softwaregeschäft.

Literatur zum Thema

Diese Werke hieven das eigene Karrieremanagement auf eine strategische Ebene und zeigen Methoden und Werkzeuge, das persönliche Erfolgsmanagement systematisch und aus der Sicht der Arbeitgeberunternehmen aufzubauen und zu pflegen.
- Aktive Karrierestrategie: Erfolgsmanagement in eigener Sache, Hans Bürkle, 4. Auflage 2013,ISBN: 978-3-8349-4459-7
- Business Model You: Dein Leben – Deine Karriere – Dein Spiel, Tim Clark, Alexander Osterwalder und Yves Pigneur, 2012, ISBN: 978-3593397252


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