Smalltalk als Türöffner
Quelle: SITM

Smalltalk als Türöffner

Von Ingo Vogel

Viele Menschen bringen gegenüber Unbekannten keinen Ton heraus. So lassen sie viele Chancen, berufliche Kontakte zu knüpfen, verstreichen. Dabei lässt sich Smalltalk lernen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/07

     

Stellen Sie sich vor: Sie sind auf einer Betriebsfeier oder einem Empfang und wollen kurz frische Luft schnappen. Sie verlassen den Raum und treten im Freien beinahe dem Vorstand Ihres Unternehmens auf die Füsse, den Sie ansonsten nur aus Firmenbroschüren kennen. Oder dem Bereichsleiter IT einer Firma, mit der Sie schon lange gerne einen Termin hätten. Ihr Hirn arbeitet fieberhaft: Was könnte ich Geistreiches sagen? Doch über ein schüchternes «Guten Tag» kommen Sie nicht hinaus. Und nach einiger Zeit verabschiedet sich die andere Person mit einem Kopfnicken. Dabei wären Sie so gerne mit ihr ins Gespräch gekommen.
Im Berufs- wie im Privatleben gilt: Smalltalk ist ein Türöffner. Durch ihn gewinnt man oft einen ersten Eindruck von anderen Menschen – und hinterlässt einen. Ist er positiv, hat man die Basis für den weiteren Kontakt gelegt. Doch warum fällt vielen Menschen die leichte Unterhaltung so schwer? Ein Grund: Viele mögliche Einstiege in den Smalltalk wie «Ganz schön kalt heute» wirken floskelhaft und abgedroschen. Also verhalten sich zahlreiche Menschen nach der Maxime «Lieber sage ich gar nichts als etwas Dummes». Doch insgeheim wünschen sie sich, ein Gespräch in Gang bringen zu können.

Auf das Wie kommt es an


Dabei gilt für den Smalltalk: Was inhaltlich gesagt wird, zählt zu Beginn des Gesprächs wenig. Wichtiger ist, wie man es sagt, ebenso wie Mimik und Körpersprache. Beim Smalltalk machen diese Faktoren über 90 Prozent des Erfolgs aus. Der Inhalt kommt erst zum Zug, wenn das nette Plaudern verlassen wird und man zur Sache kommt. Der zweite Lichtblick: Für Smalltalk gibt es ein Erfolgsschema. Und dieses kann jeder lernen.
Ein Beispiel. Sie kommen recht spät zu einer Party und betreten die Küche des Gastgebers. Dort steht eine Gruppe unbekannter Gäste und unterhält sich. Was tun? Anstatt mit den Worten «Hallo, ich bin der Franz» in das Gespräch zu platzen, ist es besser, man schweigt vorerst und beobachtet. Handelt es sich um eine Duz-Gruppe? Wer kennt wen? Was ist das Thema? Habe ich etwas dazu zu sagen? Welche Personen stehen abseits?
Entscheidend für einen erfolgreichen Einstieg in einen Smalltalk ist zunächst einmal die Lust, neue Menschen kennen zu lernen. Danach folgt das Sortieren der Anwesenden nach Merkmalen. Diese Merkmale können auf einer Party oder einem Kongress sein: Raucher oder Nicht-Raucher, Sekt- oder Safttrinker, Anzug- oder Jeans-Träger, junge oder alte Menschen, Wortführer oder Zuhörer. Die Liste lässt sich beliebig ergänzen.

Gesprächsaufhänger suchen

Wichtig beim Sortieren ist, dass man Ausschau nach Gemeinsamkeiten und Details hält, die einen Gesprächsaufhänger abgeben. Hat man einen Aufhänger entdeckt, ist das die halbe Miete. Denn nun kann man leicht den ersten Zug machen: «Endlich finde ich jemanden, der keinen Sekt trinkt. Wo bekomme ich so einen leckeren Orangensaft?» oder «Toll, Sie haben ein Veranstaltungsprogramm. Welchen Vortrag empfehlen Sie mir?». Die Beispiele zeigen, dass man am besten mit einer offenen Frage in die Unterhaltung einsteigt, die nicht mit einem kurzen Ja oder Nein beantwortet werden kann. Fragen, die mit «Warum» oder «Wieso» beginnen, sind allerdings zu meiden. Denn sie fordern eine Rechtfertigung vom Smalltalk-Partner – eine schlechte Basis für ein lockeres Gespräch. Hat man den Einstieg geschafft, kann man sich bekannt machen beziehungsweise vorstellen.
Findet man trotz sorgfältiger Beobachtung keinen Gesprächseinstieg, schüttelt man einen Joker aus dem Ärmel. Die Frage «Wie wurden Sie auf diese Veranstaltung aufmerksam?» ist bei Kongressen ein Sesam-öffne-dich. Danach gilt es, die Antworten nach Gemeinsamkeiten durchzukämmen und das Gespräch darauf zuzuspitzen, indem man etwa Aussagen des Gesprächspartners aufgreift.
Um diese Offenheit und Spontaneität zu zeigen, muss man eine positive Grundeinstellung zum Smalltalk und ein ehrliches Interesse am Gesprächspartner haben. Gespielte Anteilnahme spürt das Gegenüber. Ist das Interesse hingegen aufrichtig und die Einstellung positiv, muss man nur wenig Gedanken für Mimik und Körpersprache verwenden. Denn der Körper folgt dem Geist. Wenn man sich zum Beispiel wirklich für die berufliche Tätigkeit des Gesprächspartners interessiert, signalisiert dies auch die Haltung. Lässt einem ein Thema allerdings kalt, sieht man dies.

Vom Smalltalk zum Bigtalk


Oft ist der Smalltalk der Auftakt für ein intensiveres Gespräch. Er öffnet sozusagen die Tür zu einem weiteren Kontakt wie einer verbindlichen Verabredung. Damit dieser Übergang gelingt, gilt es, zwei Situationen zu unterscheiden. Erstens: Man will eine Person näher ken-nen lernen und das Gespräch vertiefen. Dann sollte man die Fragen weiter auf die Person zuspitzen und schon schlittert man von selbst vom Smalltalk in den Bigtalk.
Zweitens: Verfolgt man eine konkrete Absicht – zum Beispiel einen Termin für ein Treffen – dann sollte man im Smalltalk eine Zäsur machen und eine Frage zum weiteren Vorgehen stellen. Dies funktioniert, indem man zunächst das bisherige Gespräch würdigt und danach eine weiterführende Frage stellt. Ein Beispiel: «Was sie erzählen, ist spannend. Sollen wir uns nach dem Vortrag verabreden, um ...?»
Ebenso gilt es, das bisherige Gespräch zu würdigen, wenn man das Gespräch beenden möchte. Und zum Beispiel verbunden mit einem Blick auf die Uhr offen sagen, was man vorhat: «Es war spannend mit Ihnen zu reden. Ich gehe jetzt rein in den Seminarraum.» oder «Jetzt kümmere ich mich um meine Begleitung. Sie wartet im Nebenraum.»

Üben in unverfänglichen Situationen


Natürlich sind diese Tipps leichter gelesen als umgesetzt. Es gilt daher, die neugewonnenen Smalltalk-Kenntnisse auszuprobieren. Am besten klappt das in unverfänglichen Situationen wie an der Bushaltestelle oder im Zug oder Fahrstuhl. Sie werden sehen: Über ein schüchternes «Guten Tag» kommen Sie leicht hinaus. Und mit etwas Übung werden Sie zum Smalltalk-Profi. Und wenn Ihnen einmal doch nichts einfallen will, dann lächeln Sie Ihr Gegenüber einfach freundlich an. Das wirkt sofort sympathisch und öffnet Ihnen manche Türen.

Die fünf Phasen des Smalltalks


1. Einstimmen: Sich dem Partner zuwenden, durch die Körperhaltung und -sprache Offenheit und Interesse signalisieren.
2. Vorsortieren: Gesprächsaufhänger suchen, Gemeinsamkeiten identifizieren.
3. Einsteigen: Zum Beispiel mit einer (er-)öffnenden Frage.
4. Vertiefen: Gemeinsamkeiten betonen, Aussagen des Gesprächspartners aufgreifen, weiterführende Fragen stellen.
5. Vom Smalltalk zum Bigtalk wechseln (sofern dies gewünscht und der Situation angemessen ist): Freude über das Gespräch, den Kontakt artikulieren, Fragen auf Gegenüber zuspitzen, Details als Zeichen des Vertrauens preisgeben.

Smalltalk von A bis Z

· Allgemeinwissen: Lesen oder hören Sie regelmässig Nachrichten, damit Sie bei aktuellen Themen mitreden können.
· Blickkontakt: Ein Blickkontakt ist zugleich auch immer ein Gesprächskontakt, denn dadurch binden Sie auch Menschen, die schweigen, ins Gespräch mit ein.
· Fauxpas: Machen Sie die Dinge nicht schwerer als sie sind. Jammern Sie nicht.
· Fragen: Erst fragen, dann reden – sonst geraten Sie schnell ins Quatschen.
· Gefühle: Je emotionaler Sie Menschen ansprechen, desto leichter und schneller gelingt der Beziehungsaufbau.
· Neugier: Wecken Sie Aufmerksamkeit – auch indem Sie etwas Ungewöhnliches tun oder sagen.
· Signale: Veränderungen in der Körpersprache und Mimik Ihres Gesprächspartners deuten auf einen Stimmungswechsel hin. Vielleicht haben Sie einen wunden Punkt getroffen oder Sie langweilen ihn.
· Themen: Politische Themen polarisieren oft stark. Also sind sie (vorerst) zu meiden. Dasselbe gilt auch bei Abwertungen, Ausgrenzungen und Prahlereien.
· Zustimmung: Schweigende Teilnehmer der Gesprächsrunde äussern diese oft durch ein Lächeln oder leichtes Kopfnicken. Achten Sie auf solche Signale.

Der Autor

Ingo Vogel ist Rhetorik- und Verkaufstrainer. Er gilt als der Experte für emotionales Verkau-fen und emotionale Kommunikation. Er ist unter anderem Autor des Buchs «Top Emotional Selling – Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer». www.ingovogel.de


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wieviele Fliegen erledigte das tapfere Schneiderlein auf einen Streich?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER