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Swiss Agile Study Schweizer Informatik wird agil

Von Andreas Meier, Martin Kropp

Agile Entwicklungsmethoden wie Scrum oder eXtreme Programming sind weltweit im Trend. Die neue «Swiss Agile Study» der ZHAW und FHNW bestätigt diese Tendenz für die Schweiz. 380 IT-Unternehmen und IT-Professionals erklären, welches die Erfolgsfaktoren agiler Software-Entwicklung sind – und wo noch Herausforderungen bestehen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/12

     

Die erste «Swiss Agile Study» belegt zwei Tendenzen. Bereits mehr als die Hälfte der teilnehmenden IT-Unternehmen in der Schweiz praktizieren agile Software-Entwicklung. Bei den ebenfalls befragten IT-Professionals ist die Quote mit mehr als zwei Drittel der Antwortenden sogar noch höher. Nicht sehr überraschend ist, dass mit einem Anteil von über 50% Scrum als die am weitesten verbreitete agile Software-Entwicklungsmethode angegeben wird. Auf Rang zwei und drei, jedoch mit grossem Abstand, folgen agile Formen des RUP (Rational Unified Process) mit 10% und XP (eXtreme Programming) mit 5%.
Bei den plangetrieben arbeitenden IT-Unternehmen sind das V-Model (20%) und Hermes (18%) etwa gleich weit verbreitet und liegen auf Platz zwei und drei. Zuoberst auf dem Podest steht – und das ist ziemlich unerwartet – keine Software-Entwicklung: Beinahe 25% der Studienteilnehmer geben an, nicht zu wissen, nach welcher Entwicklungsmethode sie vorgehen.

Unternehmen zufriedener als ihre Mitarbeiter

Bei den agil handelnden IT-Unternehmen und IT-Professionals zeigt sich insgesamt eine wesentlich grössere Zufriedenheit mit der Vorgehensweise als bei ihren klassisch vorgehenden Pendants (Abbildung 1). Bemerkenswert sind dabei zwei Feststellungen:
• Auf Unternehmensebene wird die Zufriedenheit allgemein höher eingestuft als auf Mitarbeiterebene, wobei die Diskrepanz bei den klassischen IT-Unternehmen noch wesentlich höher ist.
• Keines der agilen IT-Unternehmen ist mit seiner Entwicklungsmethode unzufrieden, während dies bei den klassischen IT-Unternehmen doch 6% und bei den Mitarbeitern sogar 21% angeben.

Nutzen und Erfolgsfaktoren agiler Entwicklung

Wo liegt der tatsächliche Nutzen der agilen Software-Entwicklung aus Sicht der IT-Unternehmen? Welches sind die Erfolgsfaktoren für gelungene agile Projekte?
Hier schwingt der Aspekt des Umgangs mit sich ändernden Prioritäten mit fast 90% Verbesserung oder wesentlicher Verbesserung oben aus, an zweiter und dritter Stelle folgen der Entwicklungsprozess als solcher (80%) und Time-to-Market (76%). Interessant ist, dass beinahe die Hälfte der IT-Unternehmen angeben, dass die Anwendung der agilen Entwicklungsmethoden praktisch keinen Einfluss auf die Projektkosten respektive die Software-Qualität hat.
Nach den entscheidenden Erfolgsfaktoren beziehungsweise wichtigsten angewendeten Praktiken befragt, geben die IT-Unternehmen bei den Engineering Practices (technischen Praktiken) mit Abstand die Anwendung von Coding Standards (82%), Unit Testing (76%) und Continuous Integration an (70%) an. Bei den Management Practices werden die Anwendung der Iterativen Planung (89%), Einsatz von User Stories (83%) und Release-Planung (77%) als die entscheidenden Erfolgsfaktoren angesehen.

Wie agil sind agile Unternehmen tatsächlich?

Die neue «Swiss Agile Study» erklärt zudem, wie agil die IT-Unternehmen und IT-Professionals tatsächlich sind. Sie sollten angeben, welche agilen Praktiken regelmässig in der Praxis zum Einsatz kommen. Dabei zeigten sich interessante Ergebnisse: Viele der agilen Engineering Practices und Management Practices aus Abbildung 2 und 3 haben, unabhängig davon, ob in einem Projekt eine agile oder plangetriebene Entwicklungsmethode verwendet wird, einen positiven Einfluss und können als sogenannte Best Practices bezeichnet werden.
Wenig erstaunlich ist, dass agile IT-Unternehmen viele dieser Best Practices wesentlich öfter einsetzen als nicht-agile IT-Unternehmen. Was eher überrascht ist, dass bei agilen IT-Unternehmen sich die starke Verbreitung dieser Best Practices im Wesentlichen auf den Einsatz von Unit Testing (70%), Coding Standards (75%) und Automated Builds (62%) beschränkt, und die anspruchsvolleren agilen Engineering Practices wie Pair Programming (31%), Test Driven Development (44%) oder automatisierte Akzeptanz-Tests (24%) auch hier noch wenig im Einsatz sind.

Die noch geringe Verbreitung dieser anspruchsvolleren agilen Praktiken könnte die oben erwähnte Aussage erklären, dass nur 16% der IT-Unternehmen angeben, dass sich die Code-Qualität bei agilen Projekten merklich verbessert hat. Immerhin lässt sich feststellen, dass die agilen Entwicklungsmethoden dazu beigetragen haben, dass zumindest die allgemeinen Best Practices nun in breitem Massstab zur Anwendung kommen. Sehr überraschend ist hierbei, dass diese Quoten bei den klassisch arbeitenden IT-Unternehmen mit Abweichungen bis zu 35% bedenklich tief sind (Unit-Testing 40%, Coding Standards 37%, Automated Builds 22%).
Bei der Umsetzung der agilen Management Practices zeigt sich ein ähnliches Bild. Während die Kernpraktiken wie Release-Planung (75%), Iterationen-Planung (66%) und User Stories (62%) eine breite Anwendung finden, sind die anspruchsvolleren Praktiken wie On-Site Customer (25%), oder Open Work Areas (27%) noch kaum im Einsatz.
Insgesamt lässt sich aufgrund der ersten «Swiss Agile Study» der Schluss ziehen, dass schon die Anwendung einiger der Kernpraktiken von agilen Entwicklungsmethoden zu einer signifikanten Verbesserung der Zufriedenheit mit der Projektabwicklung führt. Demgegenüber wir hierzulande aber noch lange nicht das gesamte Potenzial der agilen Vorgehensweisen ausgeschöpft.



Andreas Meier, Dozent für Informatik, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), Winterthur
Prof. Martin Kropp, Dozent für Informatik, Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), Brugg

Swiss Agile Study

Die «Swiss Agile Study» wurde im Rahmen eines von der Hasler Stiftung (www.haslerstiftung.ch) geförderten Forschungsprojektes unter der Leitung von Andreas Meier, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, und Martin Kropp, Fachhochschule Nordwestschweiz in Zusammenarbeit mit den IT- Verbänden SwissICT (www.swissict.ch), ICTnet (www.ictnet.ch) und SWEN (www.swen-network.ch) durchgeführt.
Die Umfrage richtete sich sowohl an agil als auch klassisch vorgehende Anwender. Es wurden 1500 IT-Unternehmen und 5000 IT-Professionals in der Schweiz angeschrieben; daran teilgenommen haben 140 IT-Unternehmen und 240 IT-Professionals.


Weitere Infos unter www.swissagilestudy.ch.


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