Die Wahl der richtigen IP-PBX

Von Sascha Kruszka

Wer sich mit der Anschaffung einer IP-Telefonanlage auseinandersetzt, muss einiges beachten. Funktionen und Leistungsumfang unterscheiden sich zum Teil stark.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/01

     

Die Zahl der Firmen, die auf VoIP umsteigen, steigt stetig. So verzeichnete die SIP-Branche im vergangenen Jahr ein Wachstum von über 25 Prozent, auch in der Schweiz. Angesichts der ständig wachsenden Vielfalt der VoIP-Geräte und Lösungen verliert der Anwender allerdings leicht den Überblick. Funktionen und Leistungsumfang einer IP-Telefonanlage (IP-PBX) können stark variieren. Während sich einige Hersteller auf lokale Telefonanlagen spezialisiert haben, bieten andere auch gehostete Lösungen an. Einige IP-PBX unterstützen praktische Sonderfunktionen, wie etwa den Anschluss IP-basierter Türsprechanlagen und Kameras, oder sind besonders ausfall- und abhörsicher. Bei anderen Anbietern gehören diese Funktionen nicht zum Leistungsumfang, sie punkten aber mit einfacher Konfiguration oder hoher Investionssicherheit. Wer die Anschaffung einer IP-PBX plant, sollte daher genau überlegen, worauf es ankommt.

Bedarfsgerechte Lösung

Ein Hauptargument für VoIP ist, dass eine IP-PBX günstiger als ein klassisches Telefoniesystem ist und direkt in die IT-Infrastruktur integriert wird. Die Kompatibilität und Interoperabilität einer IP-PBX sind daher sehr wichtig. Mit einer Anlage, die nicht an teure Systemtelefone gebunden ist, bleiben Anwender flexibel. Auch sollte die IP-PBX mit IP-Telefonen verschiedener Anbieter funktionieren. Ein modulares System ermöglicht es, die Anlage bedarfsgerecht zusammenzustellen und zu erweitern. Entscheidend sind auch die Funktionalitäten: Geräte per Plug-and-play anschliessen, Sammelanschlüsse und Anrufumleitungen einrichten, Anrufe weiterleiten, Anklopfen, Konferenzen einrichten oder paralleles Klingeln auf IP-Telefon und Mobilgerät. Bei der Benutzer-, Rechte- und Ressourcenverwaltung hilft das Provisioning: Installation, Konfiguration, Nebenstellenanbindung und Updates erledigen Administratoren über den Webbrowser. Komfortabel ist auch das «Hot Desking»: Der Nutzer kann sich an verschiedenen Arbeitsplätzen anmelden, und das Telefon konfiguriert sich automatisch, so dass er unter seiner Rufnummer erreichbar ist und Zugriff auf persönliche Einstellungen hat. Am besten lassen sich diese Funktionen mit IP-Tischtelefonen nutzen. Ihr Vorteil gegenüber Softphones: Nutzer schätzen die gewohnte und leicht bedienbare Hardware. Ausserdem funktionieren sie, anders als Softphones, auch bei ausgeschaltetem PC.

Verfügbarkeit und Sicherheit

Heute ist es möglich Telefonie-Anwendungen auch in der Cloud zu betreiben. Beim sogenannten IP-Centrix stellt ein externer Anbieter die IP-PBX auf Mietbasis virtuell bereit. So können Nutzer ein IP-Telefon ans Netzwerk anschliessen und zentral konfigurieren. Einsparungen bei den Kosten für Hardware und Administration sowie der Wegfall teurer Wartungsverträge sorgen für eine schnelle Amortisation. Weitere Vorteile: Mehr Flexibilität bei Funktionen und Nebenstellen und nur ein Netzwerk zur Daten- und Sprachübertragung. Neben Datensicherheit spielt auch die Ausfallsicherheit eine grosse Rolle. Für eine permanente Verfügbarkeit sollte es mehrere Leitungen geben, um die IP-PBX beim Ausfall einer Leitung umschalten zu können. Daher empfiehlt es sich, die Internetdienste von unterschiedlichen Providern zu beziehen und Alternativrouten zu definieren, sodass sich die IP-PBX im Notfall mit dem nächsten freien Gateway verbindet. Besonders wichtig ist auch, dass ein IP-System Hacker erkennt und das Aufzeichnen von Gesprächen verhindert. Doch bei zu trivialen Passwörtern nützt die beste Technologie nichts – die IP-PBX beziehungsweise die Firmware sollte diese mittels Passwort-Scoring abweisen. Zudem erschwert Blacklisting das Hacken von Passwörtern: Bei dreimaliger Falscheingabe wird der Account gesperrt oder die Nebenstelle wird stillgelegt, wenn von ihr eine unrealistisch grosse Zahl an Anrufen ausgeht. Hilfreich ist auch eine «Certificate-Chain», die dafür sorgt, dass sich IP-PBX und angeschlossene Geräte als vertrauenswürdig erkennen. Weitere Sicherheitsstandards wie TLS und SRTP zur Verschlüsselung sollten heute selbstverständlich sein.

Viele Möglichkeiten

An das IP-System können Anwender weitere IP-basierte Geräte anschliessen und per Telefon steuern: Türsprechanlage, Kamera, Mikrofon, Lautsprecher, Türöffner, Bewegungsmelder, Videoüberwachungssystem, RFID-Leser und so weiter. Da die Geräte in das Netzwerk integriert sind, muss man keine zusätzlichen elektrischen, analogen oder ISDN-Leitungen verlegen, um ein Sicherheits- oder Gebäudemanagementsystem einzurichten. Auch wenn Unternehmen versucht sind, eine günstige IP-PBX im Internet zu erwerben, empfiehlt sich der Kauf bei einem qualifizierten Fachhändler. Er analysiert den Bedarf, erstellt eine massgeschneiderte Lösung, weist auf Schwachstellen hin und schult die späteren Anwender. Bei grösseren Projekten ist es ratsam, Systemintegration und Erstinstallation von einem geschulten Techniker durchführen zu lassen. Und kleineren Firmen bietet der Fachhandel umfassende Services, wie etwa die Remote-Konfiguration der IP-Telefone, um zum Beispiel Nebenstellen einzurichten. Und: Im Problemfall leistet ein Fachhändler schnellstmöglich Hilfe – unverzichtbar in Zeiten der 24/7-Erreichbarkeit.


Sascha Kruszka ist Head of IT bei Snom Technology.


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