Die Zukunft der Business-Telefonie ist IP-basiert», verkündete das Beratungsunternehmen Arthur D. Little in einer globalen Studie bereits im Jahr 2006. Bislang spricht alles dafür, dass die Analysten Recht behalten. Laut der vom Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) veröffentlichten Fernmeldestatistik hat sich die Anzahl VoIP-Verbindungen von 2007 bis 2011 mehr als verdoppelt, von 225 auf 561 Millionen Verbindungen. Das Forschungsinstitut Ibisworld bezeichnet VoIP als die «am schnellsten wachsende Technologie des letzten Jahrzehnts». Allerdings geht der Wandel von traditioneller ISDN-Telefonie zu VoIP bei Geschäftsanschlüssen nur langsam voran.
Im Schweizer Firmenkundenmarkt waren insbesondere kleine und mittlere Unternehmen lange zurückhaltend. Eine von Cisco in Auftrag gegebene Befragung analysierte im Jahr 2009 die Gründe für die schleppende Verbreitung von Unified Communications (UC) in deutschen KMU: 72,1 Prozent der befragten Unternehmen hegten Sicherheitsbedenken, 70,4 Prozent fürchteten die Anschaffungskosten. Auch mangelhafte Kenntnis der Angebote und Anbieter war für 56,1 Prozent der Befragten ein Hindernis.
Mittlerweile ist die «Trial and Error»-Phase bei VoIP vorbei. Das hängt sicherlich nicht zuletzt auch damit zusammen, dass sich die Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Bandreite bei Internetanschlüssen kontinuierlich verbessert haben. Für Unternehmen aller Grössenordnungen lohnt sich somit ein erneuter Blick auf die Technologie.
Stärken von VoIP
-Die grösste Stärke von VoIP sind die massiven Kosteneinsparpotenziale. In den Empfehlungen des amerikanischen National Institute of Standards and Technology zur Sicherheit in VoIP-Systemen heisst es, die Kosteneinsparungen seien die Eigenschaft von VoIP, welcher «die meiste Aufmerksamkeit zuteil wird». Das hat zum einen damit zu tun, dass der Voice-Traffic über bestehende interne und externe IP-Netzwerke läuft und somit die physische Anbindung an separate Telefonlinien entfällt. Zum anderen fallen insbesondere bei internationalen Verbindungen die hohen Verbindungskosten weg.
-VoIP-basierte Systeme können dezentral verwaltet werden und so ein Bestandteil umfassender ICT-Outsourcing-Strategien sein.
-Die VoIP-Technologie ist prinzipiell geräte- und plattformunabhängig, was eine Bündelung sämtlicher Kommunikationskanäle erlaubt (Unified Communications). Bindungen an bestimmte Hardware entfallen, jedes Gerät innerhalb eines Firmennetzwerks kann zum Telefon werden. Mit dem Laptop und dank Apps auch auf Smartphones kann man die Virtual PBX sogar weltweit nutzen und über die Festnetznummer zum Festnetztarif telefonieren. Dadurch kann ein Unternehmen die Fixkosten der Telefonie drastisch senken. Zudem lassen sich VoIP-Systeme sehr einfach skalieren und konstant an neue Entwicklungen in der Betriebsstruktur anpassen.
-Der Zugewinn an Flexibilität und Mobilität steigert die Produktivität der Mitarbeiter und kommt Home Office oder Work-at-Home-Konzepten entgegen, welche dabei sind, den Arbeitsalltag auch in grösseren Unternehmen zu verändern.
Schwachpunkte von VoIP
-Ein Systemwechsel ist mit hohen Anfangskosten verbunden. Diese sind zum einen monetär, da VoIP-fähige Geräte angeschafft werden müssen und eventuell die ganze Netzwerk-Infrastruktur überdacht werden muss. Nicht-monetäre Kosten betreffen die notwendige Umgewöhnung der Mitarbeiter bei einem vertrauten Instrument, das nach wie vor zu den wichtigsten und kritischsten Arbeits-Tools gehört. Nicht zuletzt lassen sich risikoscheue Unternehmer und IT-Verantwortliche von möglichen Unsicherheiten abschrecken: Funktioniert die neue Anlage von Anfang an wie geplant? Oder kommt es anfangs zu Störungen oder Fehlern?
-Ein technischer Nachteil bei VoIP besteht darin, dass sich die Telefonie ein Kabel mit der Internetverbindung teilt. Die Tonqualität und Stabilität der Telefonie steht und fällt demnach mit der zur Verfügung stehenden Bandbreite. Damit mit mehreren Telefonen die Sprachqualität bei gleichzeitigem Surfen im Internet nicht von einer Festnetzleitung zu unterscheiden ist, wird eine Bandbreite ab 6 Mbit/s im Upload empfohlen.
Die Funktionen einer herkömmlichen Telefonanlage (PBX) lassen sich in VoIP-Systemen beliebig replizieren. Für kleinere Unternehmen bis etwa hundert Mitarbeiter eignen sich virtuelle Telefonanlagen, also standardisierte PBX-Services, die durch den ICT-Provider bereitgestellt werden und die wichtigsten Features wie Rufumleitung, Anrufbeantworter und Nummernanzeige beinhalten. Grössere Unternehmen können mit einer «Managed PBX» auch sehr komplexe und individualisierte eigene Lösungen implementieren.
Das Fazit lautet deshalb: Obwohl ein Wechsel der PBX gerade bei grösseren Unternehmen sehr komplex ist, überwiegen die Vorteile. Die zuverlässigen und immer höheren Bandbreiten sowie die Priorisierung der Voice-Kanäle gewährleisten heute eine «Quality of Service», die von der traditionellen Festnetztelefonie nicht mehr zu unterscheiden ist.
Bobby Leu ist Direktor KMU Kunden bei UPC Cablecom Business.