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Editorial

Editorial: Die Mühlen in Bern mahlen langsam


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2013/01

     

Es gibt Tage, an denen ich wünschte, wir wären in der EU und an denen ich meine Kollegen aus Deutschland oder Frankreich wirklich beneide. Es sind nicht viele, aber vor kurzem war wieder einmal so ein Tag, lese ich doch, dass sich die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates gegen eine Motion mit dem Titel «Schluss mit überrissenen Handy-Gebühren im Ausland» ausgesprochen hat, die der Nationalrat im September 2011 notabene bereits deutlich durchgewunken hat.
Der Mitte Juni 2011 von SP-Nationalrätin Ursula Wyss eingereichte Vorstoss will, kurz zusammengefasst, dass der Bundesrat für alle Telcos verbindliche Höchsttarife für Handy-Gespräche sowie SMS und Datenverkehr im Ausland festlegt. Etwas, das für mich längst überfällig ist. Bis zu fünf Mal mehr bezahlen wir in der Schweiz im Vergleich zu unseren Nachbarländern in der EU nämlich, wie der «K-Tipp» kürzlich geschrieben hat. Oder anders ausgedrückt: Schweizerinnen und Schweizer haben laut dem Blatt in den letzten 15 Monaten 400 Millionen Franken zu viel für das Roaming bezahlt.

Was um alles in der Welt hat die Kommission unter diesen Gesichtspunkten zur Ansicht gebracht, gegen die Motion zu votieren? Ich kenne die Details nicht, vermute aber eine überzeugende Lobbying-Arbeit unserer Telekomunternehmen. Die offizielle Begründung lautet so: Die vorgeschlagene Regulierung der Endkundenpreise durch die Festlegung von Höchsttarifen ist nicht sinnvoll, weil eine solche Lösung den raschen Entwicklungen von neuen Technologien und Preismodellen nicht gebührend Rechnung tragen könne. Aha. Und wo ist da das Problem? Ich weiss zwar nicht, wie das mit der Festlegung genau geplant ist und wie das ablaufen würde, aber in der EU geht das doch auch mit einer Obergrenze? Und dort gibt es eine ganze Menge mehr Provider und Preismodelle.
Was mich aber noch viel wütender gemacht hat als der Entscheid an und für sich – den der Ständerat zum Glück nicht befolgen und immer noch anders entscheiden kann – ist eine Passage etwas weiter unten in der Medienmitteilung der Kommission. Dort steht, dass man anstelle der Motion ein Postulat verabschiedet hat und den Bundesrat darin auffordert, bis Ende 2014 über die Entwicklung der Roaming-Gebühren Bericht zu erstatten. Dieser Bericht soll dann zeigen, ob es einen Regelungsbedarf gibt und was gegen eine Angleichung der Roaming-Tarife an jene der EU spricht.

Geht’s eigentlich noch? Für mich ist bereits völlig unverständlich, wie zwischen der Abstimmung im National- und der im Ständerat über ein Jahr vergehen konnte und wieso die Motion so lange in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen rumdümpelte. Klar, es gibt noch einige andere Geschäfte, die behandelt werden müssen und die für unser aller Wohl vielleicht doch noch etwas wichtiger sind als tiefere Roaming-Gebühren.
Nun ja, der Entscheid der Kommission hat wie erwähnt noch nichts zu bedeuten. Vielleicht – und das hoffe ich – habe ich mich zu früh aufgeregt und der Ständerat zeigt sich etwas vernünftiger. Und wenn nicht, dann hoffe ich ganz einfach, dass bei der Auszählung etwas Schief geht. Das soll ja durchaus vorkommen im Ständerat...
(mv)


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