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Überblick trotz Cloud

Grenzüberschreitende Prozesse binden immer mehr Drittsysteme ein. Die Folge: Datenfragmentierung. Nur wer die Daten wieder integriert, kann erfolgreich sein.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/10

     

Die Optimierung und Steuerung von Prozessen sowie deren Überwachung sind zentrale Themen für alle Unternehmen. Doch der Trend zur Cloud, sowohl Private als auch Public, fügt ständig neue Komplexitätsebenen hinzu. Sorgten zuvor schon diverse ergänzende Standalone-Systeme ausserhalb eines Kernsystems für Probleme, steigt die Komplexität durch Anbindung von Dienstleistungen aus der Cloud wie beispielsweise Salesforce oder Google. Ein internationales Pharmaunternehmen beauftragte deshalb die Basler Firma Giniality damit, ein Cockpit zu bauen, das die Informationen aus unterschiedlichsten Systemen wieder zusammenführt und einen kohärenten Überblick bietet. Der Fokus lag auf dem sogenannten Lot-Tracking – zu gut deutsch Chargen-Überwachung, also die Überwachung von Halb- und Fertigwaren im Produktions- sowie im Transportprozess. Dabei handelt es sich um eine Aufgabe von hoher Komplexität, gerade in der stark regulierten Pharmabranche. Die Umsetzung erfolgte auf der Basis von Open Source Software sowie agilen Entwicklungsmethoden.

«Swiss Made Software»
Weitere Infos und alle Mitglieder auf einen Blick: www.swissmade-software.org

Entität zu Prozess

Für eine zeitgemässe Umsetzung sorgte dabei der Wechsel von einer entitätsgetriebenen auf eine prozessorientierte Sicht. Verdeutlicht am Beispiel eines CRM bedeutet dies, dass man davon abkommt, Entitäten wie Lead, Customer oder Kontakt in den Mittelpunkt zu stellen. Stattdessen liegt der Fokus auf den Prozessen: Neue Kontakte sind zu Beginn beispielsweise in ihrer Rolle noch undefiniert. Wird daraus ein Partner, ein Lieferant oder hat er mehrere Rollen? Wichtig ist der Prozess der Erfassung. Welche Rolle(n) die Entität in Folge annimmt, ist wandelbar. Die so erfassten Informationen landen dann bei anderen Systembenutzern an der Stelle im Prozess, die für sie relevant ist. Das heisst, die gleiche Entität liefert einen unterschiedlichen Blickwinkel (im Sinne unterschiedlicher Werte und Geschäftsregeln) abhängig von der Rolle des Betrachters und der Situation im Geschäftsprozess. Das System wird also sehr flexibel.

Modellentwicklung

Dieser Wechsel sollte eigentlich logisch sein - gerade in einer Welt, in der Prozesse immer mehr in den Mittelpunkt des Geschäfts rücken. Jede ISO-Zertifizierung verlangt diese Betrachtung, jeder Audit ist davon getrieben. «Deshalb setzen wir voll auf prozessorientierte Software-Entwicklung. Das ist das einzige, was heute Sinn macht», erklärt Giniality-CEO Arthur Neudeck.
Zu Beginn solcher Projekte empfiehlt Neudeck deshalb auch die Erfassung der Ist-Prozesse. Daraus lässt sich ein Modell entwickeln, das klar zeigt, welche Entität in welchen Prozessen zum Tragen kommt. Fällt ein System aus, ist sofort klar, welche Prozesse betroffen sind. Dies präzisiert die Projektanforderungen. Denn ein System steht nicht isoliert im Raum, es ist Teil eines oder mehrerer Prozesse. Veränderungen an solchen Teilelementen müssen das berücksichtigen, um die Integrität des Ganzen zu sichern. Arthur Neudeck: «So wird die Software ans Unternehmen angepasst, nicht umgekehrt.» Hinter so einer Anwendung steckt viel Nachdenken, denn: «Der Teufel steckt im Detail, und damit in der Kommunikation», weiss CEO Neudeck.
Das heisst nicht nur gut programmieren, sondern auch den Menschen und seine Natur mit in die Überlegungen einbeziehen. So setzt das Unternehmen zum Beispiel auf ein gezeichnetes Klick-Interface. Das heisst, der Kunde kann im Rahmen der Prozessmodellierung einzelne Screens oder Benutzerschnittstellen direkt modellieren. Diese werden aber grafisch nicht klar, sondern eher wie eine Skizze dargestellt. Dieser Trick reduziert Missverständnisse, da ein Nicht-Programmierer einen solchen «Click-Dummy» bereits für die laufende Umsetzung halten kann. Fragen wie «Wieso geht das jetzt noch nicht?» bleiben weg. Allen ist klar, das man sich in der Designphase befindet. Die Reibung im Projekt nimmt merklich ab.

Knowledge-Datenbank

Die nunmehr über elf Jahre Projekterfahrung macht sich Giniality aber auch an anderer Stelle zu Nutze. Seit 2003 betreibt das Unternehmen eine Knowledge-Base, in der alle Lösungen für Entwicklungsaufgaben und Fehler abgelegt sind. Tauchen in aktuellen Projekten Fehler auf, werden diese sofort mit bereits aufgetretenen verglichen. Der Erfolg ist spürbar, meint Neudeck: «Seit einigen Monaten werden neue Probleme nicht mehr ‹nur› im Tages-Rhythmus gelöst, sondern halbtäglich oder gar im Stunden-Rhythmus.»
So kommen am Ende zwei wichtige Element zusammen: Denn der Erfolg eines grossen IT-Projkets hängt nicht nur von der Meisterung der Technik ab. Auch der Mensch muss berücksichtigt werden. Nur die richtige Kombination führt zum Erfolg.


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