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Garaio kauft ein
Quelle: Garaio

Garaio kauft ein

Garaio übernahm gerade den Schweizer Outsourcer In4u. CEO David Brodbeck erklärt die Strategie der Berner.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/09

     

Herr Brodbeck, Garaio ist zuletzt stark gewachsen, auch wegen des Kaufs von In4u. Was hat das mit IBM zu tun?
Nichts direkt – wir müssen uns aber bei den Amerikanern bedanken, dass sie vor der Jahrtausendwende angekündigt haben, die Entwicklung von Tereal einzustellen. Damit standen vier der grossen Schweizer Immobilienverwalter (Helvetia, PSP, Livit, Wincasa) vor der Herausforderung, eine neue IT-Lösung für ihr Kerngeschäft zu beschaffen. Aus der Not machten diese Vier eine Tugend und beschlossen, als IG REM, ihre eigene Software zu entwickeln. Den Zuschlag erhielt Garaio – eine Megachance für ein damals eher kleines IT-Haus. Die daraus entstandene Lösung REM (Real Estate Management) dürfen wir heute auch ausserhalb der IG am Markt anbieten. Das war der Startschuss für unsere gute Entwicklung in den letzten Jahren.


Wie sieht das in Zahlen aus?
Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich unser Umsatz beinahe verzehnfacht, auf über 33 Millionen Franken. Zudem ist die Anzahl der Mitarbeiter über die ganze Gruppe auf 145 gewachsen. Angefangen haben wir aber schon 1994 als Web-Entwickler.

Wie haben Sie die Dotcom-Krise erlebt?
Für Garaio war das ein kritischer Moment. Aufgrund des damaligen Hypes waren wir sehr schnell gewachsen. Über Nacht wurde das Internet an sich dann in Frage gestellt. Wir haben uns aber gut aus der Affäre gezogen. Einerseits mit der Entwicklung von REM und andererseits durch die Tatsache, dass wir weiter auf das Internet gesetzt haben. Aktienkurse hin oder her, das Internet war einfach die Zukunft. Ein Umstand, der allen intelligenten Menschen klar war. Manchmal braucht man aber trotzdem etwas Ausdauer.


Im März übernahm Garaio den Outsourcer In4u. Wie kam es dazu?
Das hat wieder mit IBM zu tun (lacht). Nachdem Garaio REM entwickelt hatte, wurde die Software zunächst durch IBM verkauft und betrieben. 2010 wanderte auch dieses Geschäft in unsere Hände. Wir hatten schon vorher gute Beziehungen zu In4u, also war es klar, dass wir den Betrieb über deren Data Center abwickeln würden. So wurden wir schnell zu In4us grösstem Kunden. Als sich dort dann die Frage der Nachfolgeregelung stellte, griffen wir zu. Dies auch vor dem Hintergrund, dass sich die aktuelle Entwicklung hin zu Cloud und SaaS weiter verstärken wird. Somit macht es Sinn, unseren Kunden ein One-Stop-Shopping bieten zu können.
Das war Ihre zweite Akquisition innerhalb der letzten Jahre.
Das ist richtig. 2010 wurden wir Mehrheitsaktionär beim Portalstrategieberater Naveco. Diese Firma existiert genau wie In4u weiter unter eigenem Namen. Sie verfolgt auch weiter ihr eigenes Geschäft, getrennt von Garaio – genau wie In4u. Wir haben aber jetzt die Möglichkeit, bei bestimmten Projekten zusammen zu arbeiten, beziehungsweise einen Partner, der uns gut kennt, ins Boot zu holen.

Sollen noch weitere Akquisitionen folgen?
Nein. Mit der heutigen Konstellation bietet die Garaio-Gruppe die Bereiche Strategie, Entwicklung und Betrieb aus einer Hand. Damit sehen wir uns gut gerüstet für die Zukunft. Wichtiger ist jetzt, die Produkte und unsere Dienstleistungen zukunftssicher zu machen.


Was meinen Sie damit?
In4u hat zurzeit eine gute Marktposition. Doch der Trend zur Cloud könnte gewisse Dienstleistungen bald in Frage stellen. Wir sehen schon jetzt eine starke Konsolidierung. In Folge wird eine Boutique wie In4u mit Commodity-Produkten wohl kaum konkurrenzfähig in der Cloud mithalten können.
Stellt diese Aussage nicht Ihre Akquisition in Frage?
Nein. Wir sehen diverse spannende Wachs-tumsfelder, die das Commodity-Geschäft mehr als kompensieren werden. Wie gesagt, der Trend zum One-Stop-Shopping wird weiter zunehmen, wie das Beispiel REM zeigt. Ausserdem ist unsere Solutions-Sparte heute schon umsatzstärker als der Bereich Produkte. Diese Lösungen wollen auch alle gehostet werden. Zudem bestehen viele unserer Kunden auf individuelle Betreuung sowie Datenhaltung in der Schweiz, auch wenn dies internationale IT-Anbieter nicht wahrhaben wollen. Wir haben eine spannende Zeit vor uns.

Kommen wir noch mal zu den Produkten. Neben REM gibt es da noch Rooms. Diese Raumverwaltungs-Software vertreiben Sie auch im Ausland.
Ja, der Auslandsverkauf von Rooms stellt mittlerweile etwa 15 Prozent vom Produktumsatz dar. Wir sind damit sehr zufrieden und wollen das weiter vorantreiben. Spannend wird es auch wieder ab 2015, wenn wir mit der neuen Version von REM das Ausland anpeilen.


Warum erst 2015?
REM ist im Besitz unserer Kunden. Wir dürfen es zwar vertreiben, aber um im Ausland Fuss zu fassen, muss so eine Lösung an die regulatorischen Rahmenbedingungen vor Ort angepasst werden. Daran ist die IG REM in erster Linie nicht interessiert. Da die Nachfolgelösung aber von uns in Eigenregie entwickelt wird, bieten sich uns diesbezüglich in Zukunft mehr Möglichkeiten.


von Christian Walter, Swiss Made Software


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