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Wer hat den Computer erfunden?

Konrad Zuse (Deutschland), Alan Turing (England) oder John von Neumann (USA)? Seit Jahrzehnten dauern weltweit heftige Auseinandersetzungen über die Herkunft des allgegenwärtigen Computers an. Selbst ein endlos langer Patentprozess in den USA brachte keine Lösung. Eine Neuerscheinung aus dem Münchener Oldenbourg-Verlag versucht nun, die Streitfrage zu beantworten.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/07

     

Wer hat unseren modernen Universalrechner geschaffen, wo kam er zur Welt? Mit den Jahrhundertfeiern für die beiden Informatikpioniere Konrad Zuse (Juni 2010) und Alan Turing (Juni 2012) erhielt diese Streitfrage neuen Aufwind. Je nach Standpunkt fallen die Stellungnahmen unterschiedlich aus, allzu oft sind sie patriotisch geprägt: Zahlreiche Namen von Erfindern werden angeführt.
Die Deutschen neigen dazu, Konrad Zuse als Vater der programmierbaren Digitalmaschine zu betrachten, die Briten schwärmen hingegen von Thomas Flowers. Und ein amerikanisches Gericht hat John Atanasoff zum Erfinder gekürt und dabei Presper Eckert und John Mauchly vom Thron gestürzt. Nach verbreiteter angelsächsischer Auffassung sind nur elektronische Geräte (z.B. Röhren- und Transistorrechner) Computer, nicht aber mechanische oder elektromechanische Anlagen (z.B. Relaisrechner).

Streit um die Definition eines Computers

Das würde bedeuten, dass die erste arbeitsfähige Zusemaschine (Z3, 1941, Berlin) und die frühen nordamerikanischen Maschinen von George Stibitz (Complex Number Calculator, 1940, Bell Labs, New York) sowie Howard Aiken/Clair Lake (Harvard Mark I/IBM ASCC, 1944, Cambridge, Massachusetts) keine Computer sind. Sie enthalten nämlich Relais.
Gewisse Fachleute halten bloss Geräte ab den Röhrenrechnern für Computer, etwa den ABC-Rechner (Atanasoff-Berry-Computer, 1942, Iowa State College, Ames), das Ungetüm ENIAC (Presper Eckert und John Mauchly, 1946, Universität Pennsylvania, Philadelphia) oder den englischen Spezialrechner Colossus (Thomas Flowers, 1943, britische Post, London). Andere Kreise sprechen gar erst dann von einem modernen Computer, wenn er speicherprogrammiert ist.
Bei solchen Geräten ist das Programm intern im Hauptspeicher gelagert und nicht extern z.B. auf Lochstreifen. In diesem Fall hätte die Universität Manchester die Nase vorn (Manchester Baby, Frederic Williams und Thomas Kilburn, 1948). Eckert und Mauchly (=Mauchle) haben übrigens väterlicherseits Schweizer Wurzeln.

Wer hat nun Recht?

Unbestritten ist, dass die Universalmaschine unabhängig voneinander in drei Ländern das Licht der Welt erblickt hat: Deutschland, England und USA. Das Buch „Konrad Zuse und die Schweiz. Wer hat den Computer erfunden?“ von Herbert Bruderer, das soeben im Oldenbourg-Verlag in München erschienen ist, geht dieser Streitfrage sehr ausführlich nach. Alle bekannten frühen Relais- und Röhrenrechner aus den drei Ursprungsländern wurden in die Untersuchung mit eingezogen. Umfangreiche tabellarische Übersichten ermöglichen einen Vergleich der ersten Computer.
In den Berichten werden auch Alan Turing, Schöpfer der universellen Turingmaschine (1936, Cambridge, England), und John von Neumann, Begründer des speicherprogrammierten Von-Neumann-Rechners (1945, Princeton, USA), genannt. Diese beiden grossen Vordenker sind eher als Wegbereiter denn als Erfinder zu betrachten. Ihre Arbeiten waren vor allem theoretischer Natur, obwohl beide auch konkrete Elektronenrechner entworfen haben. Auf die Frage nach der Wiege des Computers gibt es also mehrere richtige Antworten. Sie werden im erwähnten Werk näher erläutert. Die Lösungen hängen von der Begriffsbestimmung „Was ist ein Computer?“ ab.

Buchhinweis
Herbert Bruderer: Konrad Zuse und die Schweiz. Wer hat den Computer erfunden? Oldenbourg-Verlag, München 2012, XXVI, 224 Seiten, ISBN 978-3-486-71366-4


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