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Moderne ICT-Strategien für KMU

Von Bobby Leu

Neue ICT-Technologien entwickeln sich in einem atemberaubenden Tempo und eröffnen für KMU neue Möglichkeiten für Einsparungen und Effizienzsteigerungen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/05

     

Durch die zunehmende globale Vernetzung der Geschäftswelt wird die Konkurrenz auch für Schweizer KMU grösser. Produkte und Dienstleistungen, die früher in einem regional begrenzten, lokalen Markt gehandelt wurden, sind heute unabhängig vom Standort verfügbar und setzen auch technikferne Branchen unter Zugzwang. Um in diesem Umfeld bestehen zu können, sind kleine und mittelgrosse Unternehmen darauf angewiesen, vermehrt in Netzwerken zu arbeiten und ihre Stärken zu bündeln. Um dies zu erreichen, sind ein schneller, zuverlässiger Datenaustausch und eine effiziente Kommunikation essentiell. Zusätzlich führt die Digitalisierung von Geschäftsprozessen dazu, dass die Datenmenge auch in kleinen Unternehmen explosionsartig wächst und ein erhöhter Speicherbedarf entsteht.

Kosten einsparen mittels Virtualisierung

Die fortgeschrittene Verbreitung und Verfügbarkeit machen das Internet auch in der Geschäftswelt zum wichtigsten neuen Medium. Eine schnelle, zuverlässige Internetverbindung bietet für KMU Möglichkeiten, die früher nur grossen Unternehmen offen standen. Eine schnelle Verbindungsgeschwindigkeit erlaubt die Virtualisierung von grossen Teilen der ICT in zentralen Rechenzentren sowie die flexible Nutzung von Rechenleistung durch Cloud Services. Damit werden kostenintensive betriebsinterne IT-Abteilungen oft überflüssig. Ein KMU kann hohe Investitionen und Wartungskosten einsparen, indem es bestimmte Bereiche an spezialisierte Anbieter auslagert. Dies kann sich bereits bei geringen Datenmengen bezahlt machen. So zum Beispiel bei der Auslagerung der Telefonie an einen spezialisierten VoIP-Anbieter, der internationale Standards wie Virtual PBX anwendet.

Unkomplizierte Anpassungen

Das Beispiel der virtuellen Telefonanlage veranschaulicht gleich auch die Vorteile der Auslagerung ins Netz. Während die Einrichtung einer professionellen Telefonanlage mit einer herkömmlichen Leitung komplex ist und hohe Kosten verursacht, bietet die Telefonie über das Internet eine günstigere und flexiblere Lösung. Hinsichtlich Qualität und Zuverlässigkeit kann VoIP (Voice over IP) inzwischen mit konventionellen Lösungen konkurrieren. Hinzu kommt die fast grenzenlose, unkomplizierte Anpassungsfähigkeit. Wächst ein Unternehmen oder verändert es seine Struktur, kann die Telefonanlage unkompliziert angepasst werden. Leitungen können beliebig dazugeschaltet oder bei Bedarf reduziert werden. Bei einem allfälligen Standortwechsel entfallen umständliche Umstellungen auf neue Telefonnummern. Viele inhabergeführte KMU nutzen zudem auch die Möglichkeit, eine Geschäftsnummer von zu Hause aus zu nutzen.

Internet-Bandbreite immer wichtiger

Die Firma Secure Link Services (Selise) mit Sitz in Brüttisellen hat sich auf das Outsourcing von Software-Entwicklung spezialisiert. CEO Julian Weber sieht einen starken Trend hin zu Service Oriented Architecture (SOA) in Software-Systemen. SOA erlaubt die Integration verschiedener Systeme, Plattformen und Anbieter in die eigene IT und bringt ein hohes Mass an Effizienz mit sich. «SOA steht im Kontrast zu herkömmlichen, monolithischen Gesamtsystemen und erhöht die Anpassungsfähigkeit von Software auf Veränderungen im Markt. Die Software-getriebene Interaktion zwischen Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern ist in SOA-Umgebungen um ein Vielfaches höher und treibt dadurch natürlich auch den Bedarf an Bandbreite», so Weber. Die Internet-Bandbreite wird damit zu einem wichtigen Rohstoff (Commodity), auch für kleine und mittlere Unternehmen, welche die genannten Vorteile optimal für sich nutzbar machen möchten. Selise beispielsweise betreibt ein hochmodernes Office mit knapp 30 Angestellten in Dhaka (Bangladesh) und arbeitet für Kunden aus der Schweiz, Deutschland und den USA. Dadurch ist das KMU in der eigenen Leistungserstellung selbst zu einem hohen Grad auf dezentralisierte Systeme angewiesen. «Eine hohe Bandbreite mit 100-prozentiger Erreichbarkeit und Service ist unverzichtbar», so der IT-Unternehmer.
Abhängig von der Grösse, Branche und Struktur eines Unternehmens gibt es verschiedene Wege, den Rohstoff Bandbreite wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen:

-ITES BPO
Die Auslagerung von klassischen IT-Prozessen wie zum Beispiel des internen Helpdesks, des System Monitoring oder auch die Durchführung und Überwachung von Backup-Prozessen. ITES BPO ist im Kontext von «Dislocated Service Centers» zu verstehen. Es geht also effektiv darum, einzelne Bestandteile der IT in dafür optimalen geografischen Regionen zu platzieren. Häufig genannte Kriterien für die Dezentralisierung sind Lohn- und Betriebskosten, die Verfügbarkeit von Arbeitnehmern mit spezifischem Wissen und juristische Rahmenbedingungen.


-Cloud Services
Datenzugriff und -sicherung sowie Rechenprozesse werden in Cloud-Systemen über verschiedene Server mit Hilfe von Software wie Microsoft Azure virtuell verteilt. Diese Cloud-Infrastruktur gewährleistet nahezu ständige Verfügbarkeit von Applikationen, die speziell dafür gebaut werden. Es wird zwischen der Private Cloud, also Software, die innerhalb eines Unternehmens auf derselben Cloud Infrastruktur läuft, und Public Cloud unterschieden (Software, bei der jedermann dieselbe Cloud-Infrastruktur nutzt). Clouds erhöhen die Verfügbarkeit von Systemen und machen sie skalierbar. Bei erhöhtem Bedarf an Rechenleistung (zusätzliche Nutzer, komplexere Applikationen, grössere Datenmengen) kann die Infrastruktur schnell uneinfach, um weitere Server-Einheiten ergänzt werden.

-Software as a Service (SaaS)
Software as a Service ist ein Business-Modell, in welchem ein Anbieter einem Unternehmen Software über eine meist verschlüsselte Internetverbindung bereit stellt. Diese wird entweder in einer Cloud-Infrastruktur bereitgestellt, auf virtuellen Servern oder aber klassisch auf einer bestimmten Maschine gehostet. KMU können sich dadurch von der Last befreien, den aufwendigen Software-Einkauf samt Wartung intern zu betreiben. Updates, neue Versionen und Programme können nach Bedarf ergänzt und erweitert werden.


-Service-orientierte Architektur (SOA)
Klassische ERP-Module werden durch die Konfiguration von Datenfeldern und Workflows den Ausprägungen einzelner Organisationseinheiten angeglichen. Dies gelingt in der Praxis häufig nur mässig. In der Konsequenz wenden sich einzelne Bereiche und Mitarbeiter von diesen Systemen ab. Service-orientierte Architekturen gehen von einem reduzierten Kernsystem aus, an welches unabhängig weitere Applikationen angedockt werden. Da diese auf unterschiedlichen Technologien basieren können, entsteht die Möglichkeit, für jeden Unternehmensbereich- und Standort eine massgeschneiderte Lösung zu erzielen beziehungsweise diese von verschiedenen Anbietern zu beziehen. SOA revolutioniert Unternehmen auch ausserhalb der IT. Sie führt dazu, dass Bereiche sich operativ und hierarchisch stärker individuell und aufgabengerecht positionieren. Kernelement von SOA im technischen und im organisatorischen Sinn ist das Setzen von Kommunikationsstandards.

Diese starken Technologien entwickeln sich rasant weiter und prägen den Trend zur Verschlankung der betriebsinternen Strukturen. Die eigene Festplatte im Büro wird immer mehr von Web-basierten, dynamischen Cloud Services abgelöst. Beim IT-Einkauf ist nicht mehr die Grösse des Rechners entscheidend, sondern eine intelligente, skalierbare Architektur und das Zusammenspiel der Systeme, Applikationen und Services. Die vielfach zeitintensive Suche nach den richtigen Partnern und passenden Dienstleistungen zahlt sich aus. Hohe Kosten für den Unterhalt betriebsinterner Software und oft ungenutzter Rechenleistung können eingespart werden. Arbeitsprozesse werden flüssiger, effizienter und funktionieren unabhängig vom Standort. Entscheidend für den Erfolg der ICT-Strategie ist die Bandbreite und zuverlässige Verfügbarkeit des Internets – und nicht zuletzt der Mut, sich in die Cloud zu wagen.

Drei Fragen an Marcel Reich, CEO Ruf Informatik

Die Ruf Gruppe gilt als Pionier für Outsourcing-Lösungen in der öffentlichen Verwaltung. Ein lohnendes Geschäft?
Marcel Reich: Ja, insbesondere bei Gemeinden findet aufgrund des Kostendrucks ein Wandel hin zu einer schlankeren, effizienteren IT statt. Mit unserem Cloud-Angebot können wir bei sinkenden Gesamtkosten die Verfügbarkeit von E-Government-Lösungen massiv erhöhen. Gleichzeitig bietet die Cloud mehr Sicherheit und neue Service-Leistungen.

Führt der Wandel hin zur Cloud tatsächlich zu einer Reduktion der ICT-Ausgaben von Gemeinden?
Es sind die Kosten pro Einheit, die dank der Cloud-Lösung sinken. Die Bedürfnisse der Enduser – in unserem Fall die Anforderungen der Einwohner an Software-getriebene Dienstleistungen – nehmen jedoch zu. Dadurch bleiben die Gesamtbudgets für ICT in der Tat auf hohem Niveau zumindest mittelfristig konstant, allerdings bei viel besserem Preis-Leistungs-Verhältnis.

Ab wann können alle Schweizerinnen und Schweizer ihre Steuererklärungen via Smartphone einreichen?
Bereits heute ermöglicht die Egovweb-Lösung von Ruf durchgängige Prozesse für die Endbenutzer, sei es am heimischen PC oder am Smartphone. ERP und E-Government-Systeme bewegen sich vermehrt in Richtung Mobile Clients, die über das Internet mit dem Gesamtsystem interagieren. Mit der Einführung von Windows 8 und damit verbunden Metro Style Apps vereint Microsoft die zwei grössten Entwicklercommunities .NET, Java sowie die Dinosauriersprache C++. Dies verleiht der Mobile-Thematik im Enterprise-Bereich einen enormen Schub und eröffnet neue Möglichkeiten für die Interaktion der öffentlichen Verwaltung mit dem Einwohner.

Marcel Reich ist seit 2003 CEO der Ruf Informatik. Neben E-Government tritt die Ruf Gruppe mit Hauptsitz in Schlieren auch als weltweiter Anbieter von Fahrgastinformations-Systemen im öffentlichen Verkehr sowie als Spezialist für Digital-Signage-Lösungen in Gebäuden auf.


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