Ende Februar hat
Microsoft die Consumer Preview (CP), oder anders gesagt die öffentliche Beta-Version, des kommenden Client-Betriebssystems Windows 8 veröffentlicht. Das Interesse danach war sehr gross: Die Beta wurde gemäss Microsoft am ersten Tag bereits über eine Million Mal heruntergeladen. Gespannt war man insbesondere darauf, was sich seit der Developer Preview, die Ende September erschienen ist, getan hat: Hält Microsoft vollständig am eingeschlagenen Metro-Style-Weg fest? Was wurde verbessert, was verschlechtert? Und welche neuen Funktionen sind hinzugekommen?
Multitasking à la Windows 8: Fährt man mit der Maus in eine der Ecken links und dann nach oben oder unten, öffnet sich eine Vorschau der geöffneten Fenster. (Quelle: Microsoft)
Microsoft hat auch seinen Cloud-Storage-Dienst Skydrive in Windows 8 integriert. (Quelle: Microsoft)
Metro Style Apps skalieren ihren Inhalt je nach Fenstergrösse, die ihnen zur Verfügung steht, automatisch selber und sind damit auch interessante Sidebars. (Quelle: Microsoft)
Neue Navigationsmöglichkeiten
Die Antwort auf Frage 1 ist schnell beantwortet:
Microsoft geht unbeirrt seinen Weg und die neue Metro-Style-Benutzeroberfläche mit den neuen Metro Apps wird definitiv kommen, ob man will oder nicht. Natürlich gab es im Vergleich zur ersten Testversion einige Anpassungen, so auch im Bereich Navigation:
-Apps lassen sich neu durch die Tastenkombination ALT+F4 oder aber durch einen Mausklick an den oberen Rand des Bildschirms und ein gleichzeitiges Herunterziehen schliessen. Das Problem, Apps (schnell) zu schliessen, ist damit elegant gelöst worden.
-Die vier Ecken des Bildschirms nehmen ab sofort eine zentrale Rolle ein. Fährt man mit der Maus in die Ecke unten rechts, dann erscheint eine kleine Lupe, mit der man einen sogenannten Semantic Zoom durchführen und die Desktop-Icons minimieren kann. Danach lassen sie sich in Gruppen ordnen, verschieben und benennen. Weiter erscheint beim Fahren in eine der beiden Ecken rechts am rechten Bildschirmrand ein kleines Menu mit den Punkten Suche, Teilen, Start, Geräte und Einstellungen. Die Ecke oben rechts beheimatet derweil fix den Login-Bereich.
Wer mit der Maus in die untere linke Ecke geht, erhält ein kleines Vorschaubild des Startscreens und kann mit einem Klick dorthin zurückkehren. Wenn man in die obere oder untere Ecke links geht und dann die Maus am Rand hoch oder runter bewegt, erscheinen derweil alle aktuell geöffneten Apps (siehe Screenshot S. 51 oben links). Ein Klick auf die gewünschte Vorschau genügt und man wechselt zu diesem Programm. Diese «Ecken-Navigation» wirkt auf den ersten Blick umständlich und man verklickt sich zu Beginn tatsächlich oft. Es gibt noch Verbesserungspotential, mit der Zeit navigiert man aber auch heute schon relativ schnell.
-Der klassische Desktop bietet in der linken unteren Ecke im Vergleich zur Developer Preview keinen Windows-Knopf mehr an. Stattdessen funktioniert das Wechseln auf den Metro-Desktop genau wie oben beschrieben.
-Wer weiterhin scharf auf ein klassisches Startmenu ist, kann dieses ab sofort auf dem klassischen Desktop durch einen Rechtsklick in der unteren linken Ecke aufklappen lassen. Es ist allerdings (noch?) alles andere als ansprechend gestaltet.
-Der schnellste Weg, um eine App, ein Programm oder eine Datei zu finden und zu öffnen, geht – wie wir im Test herausgefunden haben – via Suche. Befindet man sich auf dem Metro-Desktop kann man einfach drauf los tippen und die umfassende Suchfunktion listet einem dann sortiert in verschiedene Kategorien alles auf, das den Eingaben entspricht. Ein weiterer Klick genügt, um das Gewünschte zu öffnen. Natürlich gibt es aber nach wie vor auch den Windows Explorer, der im neuen Ribbon-Style daher kommt.
-Es ist zwar kein neues Bedienelement, aber dank vieler neuer Metro Style Apps nun erst richtig interessant: Fährt man mit der Maus und gedrückter linker Taste von links ausserhalb des Display hinein nach rechts oder umgekehrt kann man den Bildschirm teilen. Dabei verändert sich die App automatisch und zeigt die Informationen jeweils in einer für die jeweilige Fenstergrösse optimierten Darstellung an (siehe Screenshot unten).
-Und noch ein kleiner Tip am Rande: Wenn man ein Menu oder eine Funktion in einer App nicht auf Anhieb findet, hilft es in vielen Fällen, einfach einmal die rechte Taste auf der Maus zu betätigten. Über sie wird Gesuchtes dann oft auch gefunden.
Neue Metro Style Apps
Natürlich hat es sich Microsoft nicht nehmen lassen und zusammen mit der CP von Windows 8 auch eine Reihe neuer Metro Style Apps zur Verfügung gestellt. Einige sind bereits vorinstalliert, andere lassen sich im zusammen mit der CP lancierten, neuen Windows Store herunterladen.
Eine dieser neuen Apps heisst Skydrive. Durch sie erhält man Zugriff auf seine Ordner und Dateien im gleichnamigen Online-Speicher von
Microsoft. Die Integration geht aber noch weiter, ist Skydrive doch auch im klassischen Windows Explorer integriert. Das Login in Skydrive erfolgt, für alle die ihre Windows-Live-ID bereits als Login ins Betriebssystem nutzen, automatisch.
Ausserdem liefert Microsoft mit der Beta-Version von Windows 8 wie versprochen auch einen eigenen, vorinstallierten PDF-Reader. Dieser ist in seinen Funktion derzeit aber, im Vergleich zum Adobe Reader beispielsweise, noch sehr eingeschränkt.
Weiter gibt es mit der CP eine erste Version von Windows Mail im Metro Style. Neue Konten lassen sich damit sehr schnell integrieren und die Mails werden schön übersichtlich dargestellt. Natürlich kommt die App, bei der es sich erst um eine Preview handelt, aber bezüglich Funktionsumfang nicht oder noch nicht an Outlook heran.
Mit den beiden Apps Video und Musik versuchen sich die Redmonder in der CP auch mit zwei Multimedia-Programmen im Metro Style, die zwar hübsch aussehen, aber punkto Bedienung und Funktionen noch weit von einer generellen Verfügbarkeit entfernt sind.
Als neue App kann auch der Windows Store selber angesehen werden, der sehr aufgeräumt und übersichtlich daher kommt. So richtig getestet werden kann er aber erst, wenn dann auch die von
Microsoft erwartete grosse Zahl an Metro Style Apps erscheinen wird.
Neben diesen Metro Style Apps von Microsoft gibt es ausserdem bereits auch eine Reihe interessanter Apps von Drittherstellern (z.B. «USA Today» oder «XE Currency»), die aufzeigen, was möglich ist.
Bildcodes, Updates und Reset
Neben den neuen Apps und der überarbeiteten Navigation enthält die Consumer Preview natürlich auch noch ein paar neue Funktionen und Tools:
-Windows 8 bietet neu die Möglichkeit, sich mit einem Bildcode am PC anzumelden. Man kann sein eigenes Bild aussuchen und darauf verschiedene Bewegungen hinterlegen. Das ganze Prozedere mag mit Fingern auf einem Tablet ganz interessant sein, mit der Maus war es im Test aber zu umständlich.
-In die CP integriert sind auch die von
Microsoft im Januar angekündigten beiden neuen Funktionen für einen Refresh (PC auffrischen) oder Reset (PC neu installieren). Im Test funktionierten beide einwandfrei und schnell. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass es sich dabei natürlich noch um ein sehr junges System mit wenig «Altlasten» handelte.
-Im Blog «Building Windows 8» hat Microsoft weiter eine neue Update-Routine angekündigt und erklärt, dass es neu nur noch einmal monatlich nötig sein wird, den Rechner nach der Installation von Updates, die dies voraussetzen, neu zu starten. Ob dem tatsächlich so ist, konnte infolge mehrmaliger freiwilliger Neustarts leider nicht gestestet werden. Die paar Updates, die es gab, wurden allerdings alle problemlos installiert.
Windows 8 auf einem Tablet
Anlässlich der Windows Tech Conference von
Microsoft Schweiz Mitte März (siehe S. 20) hatte «Swiss IT Magazine» die Gelegenheit, Windows 8 auch mal auf einem Tablet zu testen, dem Slate PC Serie 7 von Samsung. Dabei wurde schnell klar: Das neue Betriebssystem ist voll und ganz auf Tablets zugeschnitten. Obwohl die Metro Style Apps und die Metro-Benutzeroberfläche samt der komplett neuen Navigation auch auf einem traditionellen Desktop-PC mit Maus und Tastatur gut funktionieren und aussehen, ist die Bedienung des Systems auf einem Tablet mit Touchscreen und den Fingern deutlich einfacher. Alles läuft sehr flüssig und auch sehr intuitiv. Man braucht also kein Handbuch, sondern hat den Dreh in sehr kurzer Zeit raus. Auf Tablets spielt das neue System also seine ganzen Stärken aus und dürfte, in Kombination mit interessanter Hardware, zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für iPad & Co. werden.
Was fehlt noch?
Die vorliegende CP von Windows 8 ist natürlich noch nicht das Endprodukt. Allerdings läuft die Beta bereits sehr stabil, es gab keinen einzigen Bluescreen oder Absturz. Und auch die Performance wusste im Vergleich zu Windows 7 schon zu überzeugen. Was gibt es bis im Oktober, dem vermutlichen Release des neuen Betriebssystems, also noch zu tun? Insbesondere für Unternehmen könnten die Redmonder, nicht zuletzt dank des gleichzeitig erscheinenden neuen Release von Windows Server 8, noch ein paar neue Tools oder Funktionen nachlegen. Zudem kann, neben diverser optischer Verbesserungen, die Navigation für Geräte ohne Touch-Displays bestimmt auch noch weiter optimiert werden.
(mv)