Swiss IT Magazine: Wie definieren Sie Ihren Job als CIO bei Emmi? Heinz Hodel: CIO in einem so spannenden Unternehmen wie
Emmi zu sein, ist nicht nur abwechslungsreich und herausfordernd, sondern auch ein Privileg. Der Umstand, dass die Technologie allgegenwärtig ist und die Datenmenge exponentiell zunimmt, macht den Job jedoch nicht einfacher. Eine meiner Hauptaufgaben ist es, die Informatik optimal mit dem Business in Einklang zu bringen. Zudem habe ich langfristig die Aufgabe, mit weniger mehr zu machen – also die Kosten zu senken und gleichzeitig einen klaren Wertbeitrag zu schaffen. Dazu müssen wir uns auf das Management der wesentlichen IT-Aktivitäten konzentrieren, das heisst die Bereitstellung der digitalen Infrastrukturen, die Sicherheit der IT, Datenintegrität und Systemverfügbarkeit stehen klar im Fokus. Jedoch rücken Wachstumsvorgaben und Innovationen vermehrt in meinen Blickpunkt. Ich beschäftige mich zunehmend auch mit der Steigerung der IT-Durchdringung im Unternehmen sowie der Verbesserung der IT-gestützten Interaktion, der Rationalisierung des IT-Betriebs und mit technologischen Innovationen, um so dem Business allenfalls bei der Entwicklung von neuen Produkten, Märkten und Geschäftsmodellen behilflich zu sein.
Und wie sieht Ihr Alltag aus?Mein Tagesablauf wird stark von operativen Tätigkeiten geprägt. Der Bereich
Emmi IT Services befindet sich komplett in einem Umbruch. In den zwei Jahren, in denen ich nun bei Emmi arbeite, konnte ich die Informatik in der Gruppe neu positionieren. Gleichzeitig versuchte ich, mit einem konsequenten IT-Organisationsdesign für mehr Flexibilität zu sorgen. Dabei unterstützt mich die neu etablierte IT-Governance bei der Umsetzung der im letzten Sommer verabschiedeten IT-Strategie sowie der Erfüllung von Compliance-Anforderungen. Ich rapportiere direkt an den CEO, was einen entscheidenden Vorteil für mich und die IT darstellt.
Wie ich schon erwähnte, stellt das IT-/Business-Alignment eine zentrale Herausforderung dar. Mein Ziel ist es, die IT bis Ende 2013 von einem klassischen IT-Operator zu einem echten IT Service Provider zu transformieren. Ich sehe die IT klar in der Rolle als Partner des Business, die Zeiten des reinen Computer-Betreibers gehören der Vergangenheit an.
Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Mein Alltag gestaltet sich unterschiedlich und oft hektisch. Emmi fährt einen gezielten Wachstumspfad. Die Gruppe generiert heute mit über 45 Unternehmen einen Umsatz von über 2,7 Milliarden Franken. In den kommenden Jahren wird ein Umsatzziel von 4 Milliarden angestrebt, primär über Akquisitionen. Die Vielzahl unserer Tochtergesellschaften sowie potentielle Neuzugänge lösen somit tagtäglich unzählige Aktivitäten in den Themen Betrieb und Integration aus. Gleichzeitig sind geplante Unternehmenszukäufe auf ihre Integrationsfähigkeit und IT-Risiken hin zu prüfen. Die Fülle dieser Aufgaben in Kombination mit den generellen Transformationsbestrebungen führen doch öfters zu langen Arbeitstagen.
Sie haben erwähnt, dass Sie die Informatik innerhalb der Gruppe neu positioniert haben. Wie hat sich die IT von Emmi denn konkret verändert?Die IT-Architektur von Emmi wies bis vor kurzem einen sehr hohen Komplexitätsgrad auf, verursacht durch eine Vielzahl verschiedenster ERP-Systeme, Schnittstellen und Expertensysteme. Dies hat einen kausalen Zusammenhang mit dem rasanten Wachstum in der Vergangenheit. Mit jeder Akquisition haben sich die unterschiedlichsten Systeme und Anwendung dazu gesellt. Oftmals auch in ziemlich exotischer Ausprägung. Die IT hat die Komplexität nicht mehr richtig beherrscht und konzentrierte sich in der Folge ausschliesslich auf den Betrieb der Infrastrukturen. Leider haben wir es dazumal auch verpasst, mit einem ausgewogenen Lifecycle-Management den einen oder anderen Leidensdruck zu mindern. Die neue IT-Strategie von Emmi verfolgt unter anderem den Schwerpunkt Komplexitätsreduktion. Mit verschiedensten strategischen Initiativen wollen wir die gesamte IT-Landschaft harmonisieren und konsolidieren. 2011 haben wir mit dem Projekt «Erneuerung der gesamten IT-Betriebsinfrastruktur» massiv Massnahmen eingeleitet, um die Komplexität in den Griff zu bekommen. In der Zwischenzeit haben wir die Oberhand wieder zurückgewonnen, und mittelfristig wird es uns auch gelingen, die IT-Kosten nachhaltig senken zu können. Als nächste grosse Aufgabe steht uns die Bereinigung der Anwendungslandschaft bevor. Wir werden in den kommenden drei bis vier Jahren mit der Implementierung von SAP ERP im Emmi-Kerngeschäft ebenfalls eine rigorose Reduktion des Zoos an ERP- und Expertensystemen einleiten.
Können Sie die IT-Strategie von Emmi noch weiter erläutern?Emmi will im Ausland wachsen, den Heimmarkt halten und die Kosten im Griff haben. Die IT-Strategie leistet mit der Komplexitätsreduktion sowie den beiden anderen Strategie-Schwerpunkten IT-Governance und Transformation einen aktiven Beitrag dazu. Mit insgesamt elf strategischen IT-Zielen verteilt auf die Domänen Finanzen, Kunden, Prozesse, Organisation/Mitarbeiter und Technologie versuchen wir, Emmi das zu geben, was es an Informationstechnologie tatsächlich braucht und auch verdient. So wollen wir unter anderem in Bezug auf IT-Betriebskosten, IT-Projektportfolio und Produktionsqualität für volle Transparenz sorgen.
Welches dieser Ziele stellt für Sie die grösste Herausforderung dar?Diese liegt eindeutig im Wandel vom Operator/IT-Versorger zum Service Provider und Business-Partner.
Emmi IT Services hat das Potential, für die Gruppe echte Wert- und Strategiebeiträge zu leisten. Damit dies auch wirklich zum Tragen kommt, muss mit einem gezielten Wandel in den Köpfen meiner gesamten Crew die Grundlage für kunden- und wertorientiertes Handeln gelegt werden. Zu diesem Zweck haben wir uns immer wieder die Frage zu stellen, ob das, was wir tun, auch jeweils das Beste für Emmi ist. Weiter gehört obendrein auch das Entwickeln ausgeprägter Fachspezialisten-Kenntnisse und Leadership-Kompetenzen auf allen Stufen dazu. Das alles fordert mitunter ganz schön.
Wie viele Mitarbeiter arbeiten in Ihrem Bereich?
Emmi IT Services beschäftigt gut 80 Mitarbeitende. Diese sind in die Demand-Side und Supply-Side aufgetrennt. Die beiden Abteilungen IT-Solutions und IT-Operations der Angebots-Seite beschäftigen jeweils zwischen 30 und 35 Mitarbeitende. Die restlichen Mitarbeiter leisten ihren Dienst im CIO Office.
Gibt es auch Bereiche, die Sie externen Partnern überlassen?
In der Vergangenheit versuchten wir, so viel wie möglich selber zu machen. Im Rahmen der Transformation wird das aber nicht mehr möglich sein. Aufgrund der Fokussierung haben wir festzulegen, welche Kernkompetenzen heute kritisch sind und welche wir in Zukunft benötigen. Das führt uns unweigerlich zu einem ausgeprägten «Make or Buy»-Denken. Strategische Partnerschaften mit externen Dienstleistern werden somit an Bedeutung gewinnen.
Haben Sie Ihr eigenes Rechenzentrum?
Ja, mindestens eines an jedem unserer grossen Produktions-Standorte der Schweiz sowie am Hauptsitz in Luzern. Die primären Datacenters stehen am Standort in Ostermundigen beziehungsweise bei Swisscom, wo wir eine Co-Location betreiben. In unser Betriebsportfolio fallen rund 500 physische und virtuelle Server sowie gegen 1700 Clients.
Was halten Sie vom Trend-Thema Cloud Computing?
Cloud Computing ist vom Ansatz her nichts Neues, denn das dynamische Zur-Verfügung-Stellen von IT-Ressourcen über ein Netzwerk wird schon seit etlichen Jahren im Markt angeboten. Das Thema ist heute wesentlich besser verpackt, deckt zwischenzeitlich die unterschiedlichsten Services und Liefermodelle ab und geniesst eine breite Akzeptanz. Wir überlegen derzeit, ob und wie wir unseren Standorten und Tochtergesellschaften welche Services aus einer Private Cloud anbieten wollen – streckenweise tun wir das ja bereits, nur nicht unter dem Begriff Cloud. Einstweilen haben wir aber fast alle technologischen Vor-aussetzungen geschaffen, um echtes Cloud Computing anbieten zu können. Momentan prüfen und regeln wir noch die Anforderungen aus Sicht IT-Governance.
Und was halten Sie vom Trend-Thema «Bring your own Device?» Mein Lieblingsthema! Auch hier stecken wir mitten in den Vorbereitungsarbeiten, um hoffentlich gruppenweit dieses Konzept etablieren zu können.
Persönlich glaube ich, dass sich früher oder später jedes grössere Unternehmen mit dieser Frage auseinander setzen muss. Wir legen Wert darauf, «Bring your own Device» umfassend zu gestalten, das heisst, es muss im Minimum die Gerätetypen Notebooks, Media Tablets und Smartphones adressieren. Aber auch hier liegt die Herausforderung nicht zwingend in der Technik; Administration, Sicherheit und Governance sind genauso wichtig.
Wie sind Ihre Mitarbeiter denn derzeit ausgerüstet?Zwei Drittel der Belegschaft arbeiten mit einem Desktop-Computer, der Rest benutzt ein Notebook. Beim Betriebssystem und der Office-Suite setzen wir auf Microsoft. Im Bereich der Mobile Devices haben sich dagegen die Apple-Produkte iPhone und iPad als Defacto-Standard etabliert – Tendenz massiv steigend. Das ist auch einer der Gründe, warum das Konzept «Bring your own Device» bei
Emmi einen so hohen Stellenwert geniesst.
Welches sind für Sie die Herausforderungen der Zukunft?Natürlich die Wachstumsvorgaben von
Emmi, das ungebremste Datenwachstum, die Netzwerküberlastung und Konnektivität im Allgemeinen sowie Mobile Applikationen und Media Tablets.
Zudem müssen wir als Gruppe die Entwicklung im Bereich Social Networks mehr als aufmerksam verfolgen. Und natürlich RFID (Radio-frequency Identification), die für das Auge unsichtbaren Computer, werden für unsere Branche ebenso zum Dauerthema.
Und zum Schluss: Wie sieht das IT-Budget von Emmi für das Jahr 2012 aus?Emmi gibt im Jahr rund 1,2 Prozent des Umsatzes für Informationstechnologie aus. Dazu kommen jährlich IT-Investitionen im ein- bis zweistelligen Millionenbereich. Derzeit befinden wir uns aus bekannten Gründen in einer grösseren Investitionsphase. Das heisst, kurz- und mittelfristig steigen die IT-Kosten an, damit diese in der langfristigen Betrachtung stark sinken. Das Ziel ist es, die gruppenweiten IT-Kosten nachhaltig um 30 Prozent zu reduzieren.
Heinz Hodel
Heinz Hodel ist seit Februar 2010 beim Schweizer Milchverarbeiter
Emmi tätig. Er ist als CIO für die Informatik der gesamten Gruppe verantwortlich. Zuvor hat der
49-Jährige als Selbständiger Unternehmen in den Bereichen Informationstechnologie, Strategie-Entwicklung und Geschäftsprozessmanagement beraten. Sein Engagement bei Emmi hat er während der ersten 18 Monate im Mandat wahrgenommen, seit August 2011 ist er fest in der Funktion des CIOs angestellt.
(dv)