Swiss IT Magazine: Herr Brugger, Sie verantworten als CIO und Leiter Engineering alle technischen Angelegenheiten von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). Wie lange sind Sie schon in dieser Position tätig?
Stefan Brugger: Seit dem 1. Januar 2007 arbeite ich bei der SRG, seit 2008 als CIO, damals aber noch ausschliesslich für das Schweizer Radio DRS. Als sich SR Radio DRS und SF vor einem Jahr zu SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) zusammenschlossen, wurden auch die Technik- und IT-Abteilungen der zwei Medienunternehmen fusioniert und in die SRG-Tochtergesellschaft Technology and Production Center Switzerland (TPC) umgewandelt. Innerhalb von TPC sind die beiden Geschäftsbereiche Engineering und Operations für Planung, Support und Unterhalt aller IT-Belange zuständig. Heute bin ich als CIO und Leiter des Geschäftsbereichs Engineering bei TPC Mitglied der Geschäftsleitung.
Wie sieht denn die IT-Infrastruktur von SRF und TPC heute aus?
Die IT ist ein Teil der Produktionstechnik von Radio und Fernsehen. Die Anforderungen an unsere Mitarbeitenden sind deshalb sehr hoch. Wir brauchen erhöhte Verfügbarkeiten und Betriebssicherheiten sowohl im Audio- als auch im Video-Bereich. Während im Radio die File-basierte Produktion schon etabliert ist, hält sie beim Fernsehen erst jetzt Einzug und löst nach und nach die bisherige Produktionstechnik ab. Im Produktionsbereich werden verschiedene Plattformen unterschiedlicher Hersteller genutzt, im Office-Bereich kommen vor allem Microsoft-Produkte zum Einsatz. An den SRF-Hauptstandorten Basel, Bern und Zürich, sowie den Regionalstudios wie etwa Luzern, St. Gallen oder Aarau haben wir ungefähr 4000 Clients im Einsatz.
Was war für Ihre Abteilung die grösste Herausforderung bei der Fusion von Schweizer Radio und Fernsehen?
Die unterschiedlichen Systeme bei Radio und Fernsehen. Durch die Zusammenlegung von einzelnen Redaktionen mussten auch in der IT-Landschaft die Umgebungen fusioniert werden. Die grösste Herausforderung dabei war, das Know-how von Radio- und Fernsehfachleuten zusammenzufügen, damit gemeinsam die neuen Arbeitsabläufe und Prozesse definiert werden konnten. Das war nicht immer einfach.
Wie sah die Zusammenführung der Büro-Infrastruktur konkret aus?
Im Fernseh-Umfeld wurde noch mit XP-Clients gearbeitet, beim Radio hatten wir bereits Vista eingeführt. Es war deshalb naheliegend, dass wir für eine Systemharmonisierung nun auf Windows 7 wechseln. Bis die Migration über alles abgeschlossen ist – was wohl noch ein halbes Jahr dauern wird – arbeiten wir in einer Übergangslösung, damit die verschiedenen Systeme miteinander kommunizieren können. Die unterschiedlichen Client-Bedürfnisse von Radio und Fernsehen sind auch hier die grösste Herausforderung.
Sie haben bereits erwähnt, dass Sie einen sehr hohen Anspruch an die Verfügbarkeit Ihrer Systeme haben. Wie wird diese gewährleistet? Haben Sie ein eigenes Rechenzentrum?
Wir haben kein Rechenzentrum im traditionellen Sinne, sondern mehrere Server-Farmen an den verschiedenen Standorten von SRF. Im Moment arbeitet die SRG SSR an einer gesamtschweizerischen Lösung, welche diese Datacenter-Services sowohl für die Programmeinheiten aller Sprachregionen wie auch für alle Tochtergesellschaften leisten wird.
Betreuen Sie die komplette IT-Infrastruktur von SRF oder haben Sie auch externe Partner?
Dort wo wir das nötige Know-how nicht selber haben, arbeiten wir mit externen Partnern. Infrastrukturprojekte wie etwa ein Radio- oder ein TV-Studio werden für eine Betriebszeit von mehreren Jahren ausgelegt. Damit wir das Detailplanungs-Wissen nicht über diese Zeit konservieren müssen, kommen externe Spe-zialisten zum Einsatz, die Projektleitung wird aber in den meisten Fällen von unseren eigenen Leuten erbracht.
Wie gross ist Ihre Abteilung?
Im Bereich Engineering, den ich leite, sind alle Projekte und das Systems Engineering angesiedelt. Zusätzlich entwickeln wir für SRF Spielsteuerungen für eine neue Game-Show oder suchen nach Lösungen, wie Social-Media-Informationen auf einfache Art direkt ins laufende Radioprogramm eingebaut werden können. Hier kommt die TPC-Entwicklungsabteilung Emedia zum Zug, welche ebenfalls bei uns angesiedelt ist. Insgesamt arbeiten beim Engineering rund 60 Personen. Im Geschäftsbereich Operations, der für den Betrieb und Support der gesamten Broadcast- und IT-Infrastruktur verantwortlich ist, sind 120 Fachleute, verteilt auf die verschiedenen Studiostandorte der Deutschschweiz, beschäftigt.
Was halten Sie vom aktuellen Trendthema Cloud?
Sicher ist das auch für uns ein Thema. Als Trendsetter würde ich uns aber nicht bezeichnen, wir brauchen eine stabile Infrastruktur. Da können wir nicht ständig etwas Neues ausprobieren. Zusammen mit der SRG SSR arbeiten wir aber an einer Systemlandschaft, die –ähnlich wie eine Cloud – Basisdienste zur Verfügung stellen kann.
Auch die Mobilität Ihrer Mitarbeiter dürfte für Sie ein grosses Thema sein. Welche Möglichkeiten stellen Sie den Angestellten zur Verfügung?
Das ist bei uns tatsächlich sehr wichtig. Zum einen ist mindestens die Hälfte der rund 1000 TPC-Mitarbeitenden immer irgendwo unterwegs auf einer Produktion, dazu kommen die vier Hauptstudiostandorte und die Regionalstudios, aber auch angebundene Korrespondenten auf der ganzen Welt. Komfortable mobile Kommunikationsmittel wie Blackberry oder iPhone sind daher Standard. Und auch wenn wir für die Übertragung von Ton und Bild hohe Sicherheit und Standards brauchen, probieren wir natürlich neue Applikationen oder Zusatz-Devices aus, welche zum Beispiel den Einsatz von iPhones als Übertragungsmedium von einfachen Interviews oder Tonbeiträgen in guter Qualität möglich machen.
Die TV-Hersteller setzen derzeit voll auf 3D. Was macht das Schweizer Fernsehen in diesem Bereich?
3D war vor einem Jahr ein riesiger Hype, ist bis jetzt aber nicht wirklich abgehoben. Bei 3D gehts aber vor allem um Produktionstechnik. Natürlich hat auch TPC damit Erfahrungen gesammelt und da wir auch für den privaten Markt arbeiten, einzelne Produktionen in 3D realisiert. Über eine allfällige Einführung entscheidet aber die SRG. Ich selbst glaube, 3D ist vor allem für Filme im Kino oder auch zu Hause spannend. Weniger aber für eine Nachrichtensendung.
Wie sehen die Herausforderungen der Zukunft aus?
Das Konsumverhalten von Fernsehen und Radio verändert sich. Jeglichen Content zu jeder gewünschten Zeit an jedem beliebigen Ort zu konsumieren, ist der Trend. Die Sender oder Werbekunden möchten künftig auch zusätzliche Informationen zum Inhalt ihrer Programme gleichzeitig oder zeitversetzt zum Beispiel auf mobilen Devices anbieten, Second Screen ist hier das Stichwort. Wir verfolgen diese Trends aufmerksam und arbeiten mit unserem Know-how an der Realisierung dieser komplexen Technik mit.
(dv)