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Web 2.0 in CMS noch unerwünscht

Welche Auswirkungen haben Social-Komponenten auf das heutige Web Content Management und braucht ein CMS Web-2.0-Funktionalitäten? Eine aktuelle Studie klärt auf.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/01

     

Im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit an der Hochschule Karlsruhe hat der Wirtschaftsinformatik-Student Alex Brjezovski im Auftrag des Unternehmens Etecture untersucht, welche Auswirkungen Social-Komponenten auf das Web Content Management haben und ob ein Content Management System (CMS) Wiki- und Microblogging-Funktionalitäten braucht. Befragt wurden für die Untersuchung Personen aus dem deutschsprachigen Raum, die beruflich oder privat mit Content Management zu tun haben. Dabei hat der Studienautor vier Teilnehmer-Typen unterschieden: Zum Ersten Selbstanwender, die im Unternehmen mit CMS zu tun haben. Zum Zweiten Dienstleister, die sich im Auftrag von fremden Firmen mit CMS beschäftigen. Der dritte Teilnehmer-Typ beinhaltet private Anwender, die CMS für ihre persönliche Webseite benutzen, während die vierte Gruppe sich aus Personen zusammensetzt, die nicht direkt an Content-Management-Prozessen beteiligt, aber mit der Thematik vertraut sind.

Die aktuelle Lage

Bei der Frage nach dem Ist-Zustand durften nur dienstliche Anwender antworten, die in ihrem Unternehmen mit CMS zu tun haben. Dabei geben 89,7 Prozent der Teilnehmer an, dass sie ein CMS für ihre Webseite benutzen, während bei 54,4 Prozent ein entsprechendes System für das Intranet verwendet wird. 46 Prozent der Befragten gaben zudem an, dass sie das CMS sowohl für das Intranet als auch für Webseiten nutzen. Als weitere Einsatzgebiete wurden Extranet, Unternehmensblogs oder die konkrete Projekt- und Abteilungsdarstellung genannt. Zudem zeigt die Untersuchung, dass primär kommerzielle oder Open-Source-Systeme verwendet werden, während Eigenentwicklungen und Spezialanfertigungen die Ausnahme bilden. Allerdings muss hier festgehalten werden, dass nur 7 Prozent der Unternehmen das System «Out of the Box» einsetzen können. Der Grossteil lässt das CMS von einem externen Anbieter überarbeiten oder nimmt die Anpassungen selber vor. Bei den Teilnehmern, deren Unternehmen kein CMS für das Intranet einsetzen, geht es derweil weniger um fehlendes Wissen, hohe Kosten oder den grossen Verwaltungsaufwand, sondern vielmehr um den fehlenden Nutzen. Da viele Befragte in kleinen Unternehmen mit teilweise weniger als 20 Mitarbeitern tätig sind, erstaunt eine solche Antwort nicht.

Primär interne Betreuung

Unternehmen, die für ihre Webseiten ein CMS einsetzen, regeln organisatorische Fragen (90%) und redaktionelle Aufgaben (97,2%) mit grosser Mehrheit intern, während Entwicklung und Betrieb bei rund der Hälfte komplett oder zumindest teilweise ausgelagert werden. Weiter geben 22,5 Prozent der Firmen an, dass sie bei der Entwicklung ihres CMS mit externen Partnern zusammenarbeiten. Auch bei Firmen, die ein CMS für das Intranet gebrauchen, wird die redaktionelle Betreuung von intern gewährleistet – ebenso wie grösstenteils Entwicklung, Betrieb und Organisation. Nur einige wenige Befragte greifen auf externe Dienstleister zurück.

Anpassung für mobile Geräte

Interne CMS-Komponenten wie Schnittstellen, Rich UX (User Experience), User-Generated-Content-(UGC)-Analyse, Mobile Design, SEO (Suchmaschinenoptimierung), Monitoring oder Cross Media Publishing werden laut Studie heute noch wenig genutzt. Einzig Monitoring (69%) und SEO (59%) werden in mehr als der Hälfte der Unternehmen verwendet. Bedarf herrscht laut dem Studienautor vor allem im Bereich der Anpassung des Back-Ends von CMS für mobile Geräte. Etwa die Hälfe der Umfrageteilnehmer, die CMS für eine Webseite oder das Intranet verwenden, gibt an, dass ihr System nicht für mobile Geräte angepasst ist, dies aber wünschenswert wäre. Derweil ist Cross Media Publishing – eigentlich eine zentrale CMS-Komponente – von rund einem Drittel der Befragten nicht einmal erwünscht. Das selbe Schicksal ereilt die Inhaltsanalyse sowie die Schnittstellen zu Standardapplikationen wie Mail oder Kalender. Der Wunsch nach einem für mobile Geräte angepassten Back-End ist unabhängig davon, ob das CMS für die Webseite oder für das Intranet eingesetzt wird. Interne Komponenten wie SEO oder Cross Media Publishing sind im Intranet-Bereich indes im Gegensatz zu den Webseiten wenig verbreitet und auch nicht erwünscht. Dafür ist bei den Teilnehmern der Wunsch nach Schnittstellen zu Applikationen wie E-Mail oder Kalender grösser.

Web 2.0 nicht erwünscht

Zahlreiche Web-2.0-Funktionen wie Social Sharing, Verschlagwortung, Content Syndication mit RSS oder eine reichhaltige Benutzerführung werden in rund der Hälfte der Fälle komplett oder zumindest teilweise genutzt. Nicht vorhanden und von der Mehrheit auch nicht erwünscht sind derweil Networking, Chatten, Microblogging oder Wikis. Beim Intranet sind Komponenten zur Zusammenarbeit weiter verbreitet. Fast 80 Prozent der Umfrageteilnehmer nutzen Social Software, Kommentarmöglichkeiten oder die Verschlagwortung von Inhalten. Hier zeigt sich also der Unterschied zwischen Webseiten und Intranet deutlich. Während Webseiten informieren sollen, stehen beim Intranet Kommunikation und Zusammenarbeit im Mittelpunkt. Der Studienautor bilanziert daher, dass die verschiedenen CMS die Web-2.0-Anforderungen von Webseiten zwar erfüllen können, diese aber nicht gefragt sind, weil der Nutzen fehlt. Besonders Location Based Services seien sowohl auf Webseiten als auch im Intranet kaum verbreitet und von einem Grossteil der Befragten auch nicht gewünscht.

Was braucht es wirklich?

Webseiten-Komponenten wie Suchfunktionen oder die Unterstützung multimedialer Inhalte wird von den Studienteilnehmern vorausgesetzt, wie die Trendanalyse unter Nutzern, die indirekt oder privat mit CMS zu tun haben, zeigt. Web-2.0-Funktionen sind derweil noch nicht selbstverständlich. Allerdings wurden viele solcher Features wie die reichhaltige Bedienung oder die Möglichkeit, selber Inhalte zu erstellen (UGC), grösstenteils sowieso nur als «Nice to have» eingestuft. Gar als überflüssig bewertet wurden je von 20 Prozent der Teilnehmern Social Sharing und Social Media Publishing. 60 Prozent stuften derweil das Webseiten-Monitoring und die Anpassung der Inhalte für Suchmaschinen als zwingend notwendig ein. Laut dem Studienautor sind aber gerade diese Funktionen bei heutigen CMS nur bedingt gut umgesetzt. So böten im Bereich SEO zahlreiche CMS eine Grundlage, die aber nicht mit Systemen wie Google Analytics mithalten könne. Interessant ist weiter auch, dass 82 Prozent der Selbstanwender angaben, dass ihr Unternehmen auf mindestens einem sozialen Netzwerk vertreten ist. Dabei ist Facebook mit 80 Prozent der Favorit, gefolgt von Twitter (68%), Xing (64%), Youtube (57%) und Google+ (30%). Erstaunlich ist, dass die Unternehmen zwar auf mehreren Portalen vertreten sind und sich in 81 Prozent der Fälle intern um deren Betreuung kümmern, aber dabei kaum auf Hilfsmittel wie Social-Media-Management-Systeme oder Monitoring-Tools setzen.

Verknüpfung mit sozialen Portalen

Der zweite Teil der Trendanalyse berücksichtigte alle Teilnehmer. Hierbei haben sich einige interessante Aspekte gezeigt. So denken nur gerade 10 Prozent, dass kommerzielle Software gegenüber Open-Source-Lösungen vorzuziehen sind. Auch ist ein Grossteil der Befragten mit dem aktuellen CMS eher zufrieden. Ganze 24,4 Prozent sind sogar der Meinung, das perfekte CMS gefunden zu haben. Weiter sind nur 31,9 Prozent der Meinung, dass Funktionen wie das Kommentieren, Bewerten oder das Teilen von Inhalten ein Muss sind für eine Webseite. Absolut erwünscht ist indes eine Anpassung der Webseite für mobile Endgeräte. Allerdings bleiben für 75 Prozent stationäre Geräte die primäre Zielgruppe und 62,3 Prozent sehen eher keinen Grund, das Back-End eines CMS für die Nutzung durch mobile Endgeräte zu optimieren. Zu Multi Channel Publishing gehört für 69,5 Prozent der Befragten heutzutage auch Social Media dazu. 9,5 Prozent der Teilnehmer denken jedoch, dass ein CMS das Publizieren auf externen Platttformen nicht ermöglichen sollte. Allerdings verwalten fast alle Unternehmen, die auf Social-Media-Portalen sind, diese Präsenzen manuell. Angesichts dieser Tatsache hätte eine Funktion zur Veröffentlichung auf sozialen Plattformen via WCMS also durchaus Vorteile. Mehr als die Hälfte der Befragten gehen mit dieser Meinung einher und finden, dass man künftig auch aus einem CMS Inhalte auf soziale Portale publizieren können sollte. (abr)


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