Pro: Peter Schneider
Mit dem Gebrauchtsoftware-Handel ist ein neuer Markt entstanden, der erstmals wirklichen Wettbewerb in der Software-Branche ermöglicht. Ein Markt, der seit seiner Entstehung im Jahr 2004 Jahr für Jahr kräftig wächst. Aus gutem Grund: Im Gegensatz zu fast allen anderen Produkten nutzt sich Software nicht ab. Eine «gebrauchte» Lizenz hat für den Käufer den gleichen Wert wie eine neue – allerdings bis zu 50 Prozent unter dem Neupreis. Eine Möglichkeit, die auch in der Schweiz eine stetig wachsende Zahl von Kunden nutzt, etwa der Schweizerische Bauernverband oder die Stadt Kloten.
Dass diese Entwicklung bei den grossen Software-Herstellern keine Euphorie auslöst, verwundert nicht – zumal die Software-Giganten über Jahrzehnte hinweg ihren Kunden nach Belieben die Preise und Lizenzbedingungen diktieren konnten. Heute weiss man, dass diese Lizenzbedingungen in vielen Punkten geltendem Recht widersprechen. Denn: Der Handel mit gebrauchter Software beruht rechtlich gesehen auf dem auch in der Schweiz geltenden Erschöpfungsgrundsatz. So besagt Artikel 12 (2) des schweizerischen Urheberrechts: «Hat ein Urheber oder eine Urheberin ein Computerprogramm veräussert oder der Veräusserung zugestimmt, so darf dieses gebraucht oder weiterveräussert werden.» Erst kürzlich hat das Kantonsgericht in Zug dies in einem richtungweisenden Urteil bestätigt.
Neben den Käufern gebrauchter Software können übrigens auch die Verkäufer vom Software-Gebrauchtmarkt profitieren. Viele Unternehmen realisieren erst langsam, dass sich unvermutetes Tafelsilber auf ihren Rechnern befindet. Zuvor teuer eingekaufte Software wird durch strukturelle Veränderungen plötzlich überflüssig und «verstaubt». Durch den Verkauf überschüssiger Lizenzen können Unternehmen gebundenes Kapital in liquide Mittel umwandeln. Schliesslich käme auch niemand auf die Idee, nach dem Kauf eines neuen Wagens den alten direkt zum Schrottplatz zu bringen. Warum sollte dies bei Software-Lizenzen, deren Wert den eines Autos schliesslich oft um ein Vielfaches übersteigt, eigentlich anders sein?
Peter Schneider ist Geschäftsführer bei Usedsoft International.
Kontra: Antonio P. Sirera
Beim Kauf von Software-Lizenzen muss als Erstes ein weit verbreitetes Missverständnis ausgeräumt werden. Mit der Anschaffung einer Lizenz erwirbt man nicht die Software an sich, sondern deren Nutzungsrecht. Die rechtliche Situation in Bezug auf den Weiterverkauf von Software-Lizenzen ist noch weitgehend unklar und von Land zu Land unterschiedlich. Verbindliche Rahmenbedingungen fehlen und die gesetzliche Grundlage kann sich laufend ändern. Wenn Lizenzen nicht ordnungsgemäss übertragen wurden, drohen im schlimmsten Fall Schadensersatz- und Prozesskosten. Aber selbst wenn rechtlich alle Bedenken ausgeräumt sind, gilt es einige Nachteile zu bedenken. Zunächst einmal stellt sich generell die Frage, ob die Lizenzen überhaupt im benötigten Umfang als Gebraucht-Software verfügbar sind.
Meist ist Gebraucht-Software nur als Einzellizenz und nicht als Volumenlizenz zu haben. Natürlich kann man die benötigte Anzahl Einzellizenzen erwerben, dabei ist aber zu beachten, dass diese mit der Original-Software zusammen gekauft und auf jedem Rechner einzeln installiert werden müssen, was im Vergleich zu Volumenlizenzen einen erheblichen administrativen Aufwand generiert und die übersichtliche Verwaltung der Lizenzen erschwert. Weiter ist zu beachten, dass viele Hersteller beim Kauf einer Softwarelizenz zusätzliche Dienste wie Support, Wartung, Cloud-Services oder vergünstigte Upgrades offerieren. Bei Volumenlizenzen kommen meist noch weitere Dienstleistungen hinzu. Diese Rechte werden nicht alle automatisch zu den gleichen Konditionen weiterverkauft, sondern müssen mit dem Hersteller neu ausgehandelt werden und führen unter Umständen zu zusätzlichen Kosten. Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass die Weiterentwicklung von Software die Hersteller viel Geld kostet. Der Gebraucht-Software-Markt zweigt Geld aus der Industrie ab, ohne etwas zur Verbesserung der Produkte beizutragen und schwächt damit die Innovationskraft der Branche, was letztlich nicht im Sinne der Nutzer sein kann.
Antonio P. Sirera ist Regional Director Switzerland, Austria, Russia & Eastern Europe bei Insight Technology Solutions.