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Web-Archivierung via Zeitmaschine
Quelle: Qumram

Web-Archivierung via Zeitmaschine

Webinhalte zu speichern, indexieren und durchsuchbar zu machen, ist für viele Unternehmen ein Problem. Die Zürcher Firma Qumram will das ändern.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2012/01

     

In der griechischen Mythologie ist Chronos der Gott der Zeit. Damit versinnbildlicht er auch die Lebenszeit, die, naturgemäss, begrenzt ist. Ein Gut also, das sich zuletzt eher ausdehnte – zumindest was den Menschen der westlichen Welt angeht. Ganz im Gegensatz zu seinen Erzeugnissen digitaler Natur. Webinhalte kommen und gehen, bestehen oft weniger als ein Jahr, und wenn sie einmal weg sind, sind sie dies meist unwiederbringlich. Diese Flüchtigkeit digitaler Inhalte wird zunehmend zum Problem. Sowohl für unsere Kultur, als auch unsere Wirtschaft. Auflagen wie Wissensschutz oder Rechtssicherheit lassen sich immer schwerer erfüllen – kein Wunder bei Zig-Millionen Webseiten. Genau hier tritt nun Chronos erneut auf den Plan, allerdings in Form einer Software der Zürcher Firma Qumram. Chronos archiviert Webseiten und legt diese indexiert ab. Das clevere dabei ist, dass die Lösung alle Fallen unterschiedlicher Content-Management-Syteme und komplizierter Integration umgeht, indem sie diese einfach ignoriert. Die Software wird in den Outbound-Kanal einer Webseite eingeklinkt und speichert alle ausgelieferten Websites als HTML in einem designierten Archiv. So lässt sich hinter den Anspruch der Rechtssicherheit ein dicker Haken setzen, was gerade in stark regulierten Branchen wie Finanzdienstleistungen wichtig ist. Zumal die Menge dieser Regularien eher zunehmen dürfte. «Für uns ist die Finanzkrise somit nicht nur negativ,» meint Lars Baumann von Qumram.

Zeitmaschine Website

Aber was ist mit Webseiten, die niemand je anschaut? Zu diesem Zweck wurde ein Grabber entwickelt, der anhand vordefinierter Kriterien Webseiten absaugt. Der Fang landet wieder als HTML in einem Archiv. Beide Ansätze erlauben gleichzeitig die Betrachtung der indexierten Daten entlang einer Zeitachse. Chronos legt inkrementelle Backups an, die anhand des Datums abgelegt werden. Bei Qumram denkt man jedoch noch weiter. Chronos hat nämlich auch das Potential, Geschäftsprozesse zu optimieren. Durch die Indexierung kann beispielsweise ein E-Commerce-Anbieter jegliche Kundenbestellungen aus dem Archiv ziehen, und zwar so, wie sie der Kunde im eigenen Browser dargestellt bekam. Reklamiert ein Kunde zum Beispiel, dass die AGBs auf seiner Bestellbestätigung gefehlt haben, ist das direkt überprüfbar. Ein anderes Beispiel: Millionen potentieller Kunden fragen täglich Versicherungsangebote ab, die in PDF-Form ausgeliefert werden. Diese PDFs existieren im allgemeinen nur beim Kunden. Leider gibt es immer wieder Spassvögel, die diese zu ihrem Vorteil verändern, ausdrucken, unterschreiben und einsenden. Eine Kontrolle solcher Schönungen war bisher sehr schwierig, da das Original nicht vorlag. Mit Chronos ist dies nicht nur möglich, sondern lässt sich auch komplett automatisieren.

Kulturelles Gedächtnis

Doch auch auf anderer Ebene hilft die Software: Sie unterstützt die Funktion unserer kulturellen Gedächtnisse, also Bibliotheken, Museen und Archiven. Insofern ist es nicht verwunderlich, das auch die schweizerische Nationalbibliothek bereits zu den Kunden des 2009 gegründeten Unternehmens zählt. Geboren wurde Chronos allerdings aus einem Bedürfnis der Suva heraus. Anstatt eine Indivi­duallösung zu bauen, einigte man sich darauf, gleich ein Produkt zu entwickeln. Die Software wurde dann auf den Namen Chronos getauft und das Unternehmen Qumram war geboren. Die Firma ging damit gleich mit einem fertigen Produkt und einem Referenzkunden an den Start.


Nach zwei Jahren laufen nun schon einige Kunden unter Chronos, das mittlerweile in der Version 2.0 zur Verfügung steht, und zwar nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland. Für 2012 steht vor allem die weitere geographische Expansion auf der Roadmap. Neben dem Ausbau in der DACH-Region sollen UK und USA erschlossen werden. Um die Expansion voranzutreiben, bedarf es Kapitals, mit anderen Worten: ein typisches Start-up-Problem. Neben der Kundenakquise steht also zurzeit auch die Suche nach Kapitalgebern auf dem Programm. Ein anderes Problem ist allerdings eher spezieller Natur: «Wir hätten gern mehr Mitbewerber», so Verkaufsleiter Lars Baumann. Gewissermassen verkauft sich Chronos nämlich nicht als Lösung, sondern über das Thema Webarchivierung. Denn Produkte gibt es eigentlich keine weiteren. «Auch Gartner ist der Meinung, dass wir einen Vorsprung vor allen anderen haben», so Baumann. Dort beschäftigt man sich mit Problemen wie E-Dokument- und Mail-Archivierung. Denn der Zug ist noch nicht für alle erkenntlich beim nächsten Halt, der Web-Archivierung, angekommen. Im Zweifelsfall ist man bei Qumram seiner Zeit vielleicht sogar etwas voraus.
www.qumram.ch


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