Was bereits im August verschiedentlich in weiser Voraussicht prognostiziert wurde, hat sich nun bewahrheitet:
Hewlett-Packard (HP) hat sich gegen eine Abspaltung seiner PC-Sparte Personal Systems Group (PSG) entschieden. Nach nur rund zweieinhalb Monaten und einem Wechsel in der Chefetage ist man bei HP also zum Schluss gekommen, dass der Verkauf der grössten Geschäftseinheit Blödsinn ist – wohl auch aus Angst vor dem stetig sinkenden Aktienkurs.
Dass HP unter der Ägide von Léo Apotheker den Fokus auf Software und Services legen sollte, ist angesichts Apothekers Vergangenheit beim Software-Giganten SAP wenig überraschend. Ebenso erstaunt es in Anbetracht der schwindenden Margen im PC-Segment kaum, dass er mit HP einen ähnlichen Weg einschlagen wollte, wie es IBM mit der Veräusserung des PC-Geschäfts an Lenovo bereits vor Jahren sehr erfolgreich getan hat.
Allerdings scheint er die Transformation zu schnell gewollt und mit den falschen Mitteln gepusht zu haben. Die Bekanntgabe der Quartalszahlen ist definitiv nicht der richtige Ort, um nonchalant über Abspaltungspläne der grössten Geschäftseinheit eines Unternehmens zu philosophieren. Was Apotheker in diesem Moment geritten haben mag, bleibt unklar. Klar ist nur, dass er es eigentlich besser hätte wissen müssen.
Eines aber muss man ihm lassen: Auch wenn er sich – wohl vor allem auf Grund seiner unbedachten Äusserung – nur elf Monate an der Spitze von HP halten konnte, so hat der ehemalige SAP-Chef Léo Apotheker den Laden in dieser Zeit ganz schön aufgemischt. Als Apotheker ab- und Meg Whitman eingesetzt wurde, betonte man bei
HP, dass diese Rochade kein Signal zum Strategiewechsel sei. Heute wissen wir: Das war es eben doch. Und dies wohl zum grossen Glück von HP. Meinte das Unternehmen ursprünglich, dass man zwölf bis 18 Monate brauche, um zu beschliessen, was mit der PC-Sparte geschehen soll, kam man plötzlich innert weniger Wochen zu einer Entscheidung.
Doch auch wenn der Beschluss schlussendlich schneller gefällt wurde als erwartet, ist der Imageschaden enorm. Die Händler, Partner und Kunden sind verunsichert und sie wieder zu beschwichtigen, dürfte noch einige Zeit dauern.
Es stellt sich zudem die Frage, ob man dem Frieden trauen soll. Denn der Entscheid für die PC-Sparte hat
HP unter anderem aus zwei Gründen gefällt: Zum einen sei die PSG zu eng mit den anderen HP-Geschäftseinheiten verzahnt und zudem würden die Kosten einer Abspaltung die Vorteile einer solchen komplett wieder zunichtemachen. Diese Argumente klingen für mich nicht nach echter Überzeugung und einem wahren Bekenntnis zur PC-Sparte, sondern vielmehr nach: «Es geht halt nicht anders.» Deshalb glaube ich nicht, dass bei HP nun definitiv Ruhe eingekehrt ist. Ich befürchte, es handelt sich hierbei eher um die bekannte Ruhe vor dem Sturm. Denn das Ursprungsproblem – nämlich, dass das Unternehmen mit dem grössten Geschäftssegment am wenigsten Geld verdient, unter anderem weil die Margen stetig sinken – wurde noch immer nicht gelöst.
(abr)