Die Schweiz benötigt mehr ICT-Fachkräfte
Quelle: SITM

Die Schweiz benötigt mehr ICT-Fachkräfte

von Jörg Aebischer

Die ICT ist mit überdurchschnittlicher Produktivität und fünf Prozent Anteil am BIP unverzichtbar für die Schweizer Wirtschaft. Damit das auch in Zukunft so bleibt, müssen viel mehr junge Menschen für die ICT-Berufe begeistert und die Attraktivität der ICT-Berufe besser vermarktet werden.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/11

     

Die Schweiz verfügt über hervorragende ICT-Spitzenkräfte und steht im internationalen Vergleich – was Spitzentechnologie und Leistungsfähigkeit der Wirtschaft betrifft – gut da. Nur gibt es zu wenig ICT-Nachwuchskräfte, um den Bedarf sicherzustellen. Und dies in einem Berufsfeld, das schon heute mit rund fünf Prozent BIP-Anteil oder 25 Milliarden Schweizer Franken bereits einen wichtigen Beitrag an die Wertschöpfung der Schweiz leistet (siehe Grafik).

Gravierender Fachkräftemangel trotz überdurchschnittlichem Wachstum

Die von ICT-Berufsbildung Schweiz Ende 2010 veröffentlichten Studien zeigen ein sehr differenziertes Bild des ICT-Berufsfeldes. Zum einen zeichnet sich ein gravierender Fachkräftemangel ab: Die Studien berechnen bis 2017 einen zusätzlichen Ausbildungsbedarf von 32’000 ICT-Fachkräften auf allen Stufen, von der Lehre bis zum Hochschulabschluss. Das liegt unter anderem daran, dass in nächster Zeit die starken Jahrgänge ins Pensionsalter und gleichzeitig die geburtenschwachen Jahrgänge ins Berufsbildungsalter kommen. Zudem beklagen auch andere Berufsfelder wie zum Beispiel Lehrer, Pflegeberufe oder Naturwissenschaften das Fehlen von Fachkräften. Die Konkurrenz um die Besten verschärft das Problem zusätzlich. Auf der anderen Seite liegt beispielsweise die Produktivität der ICT-Beschäftigten mit rund sieben Prozent über dem Schweizer Durchschnitt. Und auch wenn gelegentliche Meldungen über die Schliessung einer ICT-Abteilung bei der Firma X oder über Auslagerungen von ICT-Dienstleistungen ins Ausland das Gegenteil suggerieren, steigt seit den 1990er Jahren die Anzahl der ICT-Beschäftigten im Vergleich zur Gesamtarbeitsbevölkerung überproportional an (siehe Grafik Seite 38) und verdeutlicht nicht nur die wachsende Nachfrage nach ICT-Fachkräften, sondern vor allem auch die Stabilität des ICT-Berufsfeldes.

Es geht alle etwas an

Die Resultate der erwähnten Studien zeigen den Handlungsbedarf klar auf: Es werden mehr ICT-Fachkräfte, und zwar aus der beruflichen Grundbildung (Berufslehre) und der höheren Berufsbildung (eidg. Fachausweise und Diplome), ebenso wie aus Fachhochschulen und Universitäten, benötigt. Die Lehrgänge müssen auf allen Stufen kontinuierlich an die sich verändernden Anforderungen der Wirtschaft angepasst werden, und es braucht mehr Lehrstellen und Praktikumsplätze. Gerade Letztere sind unverzichtbar. Denn eine von allen Unternehmen mitgetragene, duale Berufsbildung trägt am besten dazu bei, die oft geforderte Berufs- und Geschäftserfahrung von ICT-Fachkräften auch zu gewährleisten. Berufsrealität und Karrierechancen in der ICT sind hervorragend, nur tut man zu wenig für den Nachwuchs und spricht zu selten über die Erfolge und Chancen. Das mag unter anderem daran liegen, dass zwei Drittel aller ICT-Beschäftigten ausserhalb der ICT-Branche arbeiten, also bei Finanzdienstleistern, im Detailhandel oder in der Maschinenindustrie – und diese Unternehmen fühlen sich nicht für die ICT verantwortlich. Die Fakten zeigen aber, dass alle Branchen und Unternehmen in der Schweiz von einer guten ICT-Berufsbildung profitieren und alle von Fachkräftemangel oder mangelndem Engagement bei dessen Behebung betroffen sind. Es muss nicht betont werden, dass heute die meisten zentralen Prozesse elektronisch ablaufen. Wenn die Fachleute fehlen, um sie zu pflegen und weiterzuentwickeln, bedeutet das schnell sinkende Effizienz und Verlust von Marktattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb sollten wir uns alle für die ICT-Berufsbildung engagieren, Ausbildungsplätze schaffen und junge Menschen für diese attraktiven und zukunftsfähigen Berufswege motivieren.

Nationale ICT-Berufs­entwicklungskonferenz

ICT-Berufsbildung Schweiz organisiert am Donnerstag, 10. November 2011, in der Gewerblich-industriellen Berufsfachschule in Bern (Gibb) die 1. Nationale ICT-Berufsentwicklungskonferenz. An der kostenlosen Veranstaltung, die von der Haslerstiftung und der Gibb unterstützt wird, diskutieren verschiedene Vertreter von Bund und Kantonen, Wirtschaft und Verwaltung sowie Forschung über ihre Rolle in der ICT-Berufsbildung und über bevorstehende Entwicklungen in der Branche. Ausserdem werden verschiedene Aktionen zur ICT-Berufsentwicklung, wie beispielsweise die Revision der Bildungsverordnung für Informatiker/-innen oder ein Aktionsplan gegen den ICT-Fachkräftemangel, vorgestellt und nicht zuletzt auch die ICT Young Professionals Awards 2011 verliehen.

Jörg Aebischer

Jörg Aebischer ist Geschäftsführer von ICT-Berufsbildung Schweiz.


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