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Editorial

Warum HP auch 2020 noch PCs baut


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2011/09

     

Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch 2020 noch PCs kaufen werden, auf denen HP draufsteht, und in denen HP – beziehungsweise der Einheitsbrei, den jeder PC-Hersteller als sein Eigen anpreist – drinsteckt. Ich glaube nicht, dass HP seine PC-Sparte verkauft. Und ich glaube auch nicht, dass die Sparte in eine eigene Firma ausgegliedert wird und die Rechner dann unter dem Namen Compaq angepriesen werden. HP wird nicht den Weg gehen, den IBM vor Jahren gegangen ist, als das PC-Geschäft an Lenovo verkauft wurde.

Warum? Es kann doch nicht sein, dass die Nummer 1 in einem milliardenschweren Markt aus dem Geschäft aussteigt, nur weil ein neuer Chef gekommen ist, dessen Präferenzen eher im Bereich Software liegen. Das wäre ja wie wenn Swisscom aus dem Telefoniegeschäft aussteigen und ganz auf TV fokussieren würde, nur weil Roger Schawinski neuer Swisscom-CEO wird – rein hypothetisch natürlich.
Verschiedentlich ist nachzulesen, dass Léo Apotheker als ehemaliger SAP-Boss die Zukunft von HP im Software- und Services-Geschäft sieht. Doch egal wie viele Software-Firmen HP noch übernehmen wird, HP wird nie als Software-Anbieter wahrgenommen werden. Dazu fehlt HP die Geschichte, die Tradition. Bei Oracle, SAP, Microsoft oder auch IBM ist Software in den Grundzügen entstanden und über Jahre gewachsen – Software ist in diesen Unternehmen verwurzelt. Wer die Namen dieser Firmen hört, denkt unweigerlich an Software. Wer HP hört, denkt an PCs und Drucker. Sicher, HP ist im Software- und Services-Geschäft erfolgreich, die Margen stimmen. Doch mit ein Grund für diesen Erfolg ist meiner Meinung nach der Bekanntheitsgrad der Marke HP, und dafür ist das PC-Business zu einem grossen Teil verantwortlich.


Und es gibt noch einen anderen Grund, warum ich überzeugt bin, dass HP auch in Zukunft noch PCs produzieren wird: Das PC-Geschäft ist bei weitem nicht so tot, wie manche (Pseudo-)Analysten uns glauben machen wollen. Dass im Moment die grossen Erneuerungswellen ausbleiben, hängt auch damit zusammen, dass es aktuell kaum einen Grund gibt, Rechner zu ersetzen. Innovationen waren in letzter Zeit rar. Doch im kommenden Jahr erscheint Windows 8, und mit Windows 8 kommt Innovation – beispielsweise die Verbindung traditioneller PCs mit Touch-Oberflächen. HP hat in diesem Bereich schon seit Jahren Produkte – ich selbst habe ein HP-Notebook mit Touchscreen, weiss aber im Moment noch nicht, wofür ich den Touchscreen nutzen soll –, und mit Windows 8 entsteht im Moment die passende Plattform für diese Rechner. Ein anderes Thema sind die superdünnen Ultrabooks, die für einen Schub im Notebook-Geschäft sorgen dürften – trotz des derzeitigen Erfolgs in der Tablet-Welt.

Und damit kommen wir zum zweiten grossen HP-Thema: Der Abschuss der WebOS-Plattform wenige Wochen, nachdem die ersten Geräte erschienen sind. Diesen Entscheid kann ich nachvollziehen, auch wenn gemeinhin moniert wird, dass HP seiner WebOS-Plattform und seinen Touchpads keine faire Chance gegeben hat. Ich glaube aber nicht, dass die WebOS-Plattform eine Chance hatte. Nicht, weil ein einzelnes Unternehmen eine eigene Plattform nicht zum Erfolg führen kann – siehe Apple. Sondern, weil dies unglaublich viel Hingabe, Herzblut und Innovation (und letztlich auch Glück) erfordert. Auch das WebOS hat HP nur zugekauft, es ist also kein Eigengewächs – und da ist es nunmal schwierig, die nötige Hingabe für ein Produkt zu entwickeln. (mw)


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