Strategie für den Einstieg: Think big - start small
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/05
Die Altdorfer Dätwyler Holding AG ist ein Mischkonzern mit internationaler Ausrichtung, der als industrieller Zulieferer und Distributor technischer und elektronischer Komponenten unter anderem für die Automobil-, die Maschinen- und Bauindustrie tätig ist. Als Zwischenhändler ist das Unternehmen dabei auf eine hohe Durchgängigkeit der Informationen über alle Zulieferstufen hinweg angewiesen. Aus Sicht der IT bedeutet dies, so Claude Urbani, ehemaliger IT-Leiter von Dätwyler, dass eine enorme Anzahl heterogener Software-Anwendungen miteinander integriert werden muss - und zwar sowohl inner- als auch zwischenbetrieblich. In diesem Umfeld bieten neue Standards und Technologien wie XML und Web-Services entscheidende Vorteile, indem sie als webzentrierte Modelle dazu beitragen, die Kommunikation und Interoperabilität speziell auch in den unteren Zuliefererstufen voranzutreiben.
Im Rahmen ihrer E-Business-Strategie hat sich die Dätwyler-Gruppe bereits 2001 entschlossen, die Geschäftsprozesse zu optimieren und die heterogene Systemlandschaft zu integrieren. Um den Anforderungen an eine flexible, auf offenen Standards basierende Plattform mit guter Werkzeugunterstützung gerecht zu werden, fiel die Wahl der E-Business-Software dabei auf die exteNd-Suite von SilverStream, die mittlerweile von Novell aufgekauft wurde. Als Business-Lösung wird mySAP eingesetzt.
Mit dieser Kombination ist es beispielsweise möglich, sogenannte Lieferabrufe automatisiert zu behandeln. Lieferabrufe sind in der Automobilindustrie sehr geläufig: Ein Kunde (Nachrichtensender) informiert damit seinen Lieferanten (Nachrichtenempfänger) über künftig zu liefernde Waren. Bei Dätwyler wurde dieser Prozess schon 2001 prototypisch implementiert: Der im kundenspezifischen Format (EDI, XML, Flat File) ankommende Abruf wird zunächst in eine globale, interne XML-Struktur gemappt. Nach positiver Überprüfung der Mengen und Termine durch einen Mitarbeiter werden eine Auftragsbestätigung versandt und gleichzeitig die Daten automatisch in das SAP-System übernommen.
Dabei dienen sogenannte BAPIs (Business Application Programming Interface) als Schnittstelle zwischen dem visuellen Integrationstool exteNd Composer und SAP. Alle Datenfelder, die für einen SAP-Request resp. -Response zur Verfügung stehen, werden dabei wie in einem Verzeichnisbaum dargestellt und können per Drag&Drop in eine XML-Struktur übernommen werden.
Der grosse Vorteil dieser Lösung: Die Funktionalität des Prozesses "Empfang Lieferabruf" kann den Kunden problemlos als Web-Service zur Verfügung gestellt werden, wie Urbani erläutert. Der Web-Service kapselt dabei die komplette Anwendungsfunktionalität und stellt sie via XML-Schnittstelle zur Verfügung. Auf dieselbe Art und Weise können auch weitere Geschäftsfunktionen in Form von Diensten modular bereitgestellt werden.
Dätwyler hat mit der gewählten Lösung gute Erfahrungen gemacht. Urbani: "EAI-Projekte scheitern leider öfters, da sie zu komplex und zu kostenintensiv sind. Mit Web-Services liegt nun ein auf Standards basierender Ansatz vor, um nach dem Motto 'Think big - start small' Informationen zusammenzuführen, statt komplette Applikationen zu integrieren. Der Erfolg sind überschaubare Investitionen, eine bedarfsgerechte Vorgehensweise und eine erfolgreiche Realisierung der Projekte."