Das Wissen der Massen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/22
Das Web 2.0 erstürmt die alten Bastionen der Weisheit. Definitiv. So neu ist es zwar nicht, dass das Internet (und vorher die BBS) unter anderem zum Austausch von Wissen genutzt werden - allerdings mit eher zweifelhaftem Erfolg. Massenhaft Webseiten und Foreneinträge garantierten zwar schon immer eine Flut von Inhalten zu jedem beliebigen Thema, darunter waren aber eben auch massenhaft Halbwissen und Mutmassungen, von den gezielten Manipulationen und schlichten Unwahrheiten ganz zu schweigen. Kunststück, denn eine Webseite spiegelt bloss die Meinung und das Wissen ihres Autors, und auf einen Foreneintrag kann man zwar reagieren, aber die korrigierenden Kommentare liest letztlich doch keiner. Im herkömmlichen Web oder in Internet-Foren die Spreu vom Weizen zu trennen, war und ist schwierig, zumal eine ordentliche Quellenkritik auch heute, im vielgerühmten Informationszeitalter, nicht bereits in der Volksschule, sondern erst an der Uni gelehrt wird.
Mit dem Web 2.0 und seinen kollaborativen Technologien hat sich die Situation nach über 20-jähriger Evolution grundlegend geändert. Heute sind nicht mehr die Meinung und das Wissen des Einzelnen gefragt, sondern das Ergebnis aus der kollektiven Meinung und dem gesammelten Wissen der Vielen. Dafür ist Wikipedia das beste Beispiel: Zwar steht auch das kostenlose Online-Lexikon immer mal wieder in der Kritik, aber es zeigt doch sehr schön, was das Wissen der Massen bewirken kann. Der Trick dabei: Jeder kann mitmachen, jeder kann seine Meinung und sein Wissen verbreiten, und jeder kann die Einträge beliebig editieren. Falschinformationen überleben meist keine fünf Minuten, gezielte Manipulationen sind üblicherweise noch schneller gelöscht. Die Masse der Leser und Mitautoren sorgen für eine hohe Qualität.