Marketinginstrument erster Güte
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/28
Mailinglisten im Internet gibt es schon beinahe so lange wie E-Mail - damit gehört dieser Service zu den ältesten Diensten, die das weltumspannende Netzwerk zu bieten hat. Entsprechend breit ist denn auch die Spannweite der diversen Angebote: Neben reinen Diskussionslisten für Gott und die Welt gibt es eine Masse von Listen, die sich mit hochspezifischen Einzelthemen beschäftigen. Einige Listen stehen jedermann zur Teilnahme offen, andere ähneln in sich geschlossenen Diskussionsforen mit einer begrenzten, genau definierten Mitgliedergruppe.
Prinzipiell handelt es sich bei Mailinglisten aber immer um Many-to-many-Kommunikation: Jeder "Abonnent" einer Liste kann mit jedem anderen kommunizieren, und zwar ausschliesslich über die Liste. Der Abonnent schreibt seinen Beitrag an den List-Server, der diesen entweder direkt an alle anderen Teilnehmer weiterschickt oder aber sämtliche Beiträge sammelt und später als sogenannten Digest versendet. Dies geschieht automatisch und im Normalfall ohne Kontrolle der Inhalte.
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei Newslettern um One-to-many-Kommunikation. Ein einziger Absender hat die Kontrolle über die Inhalte und den Versand des Newsletters, er pflegt auch den Adressenstamm und überlässt dies nicht einem Server. Entsprechend eignet sich diese Form des Massenmailings wesentlich besser für Marketing-Zwecke als die klassische Mailingliste.
Grundsätzlich bietet ein Newsletter für den Absender diverse Vorteile:
Newsletter sind aktuell. Sie sind also das geeignetste Mittel, um neueste Informationen schnell an den Kunden zu bringen. Gleichzeitig entfällt für den Kunden die Notwendigkeit, regelmässig die Website zu besuchen, um herauszufinden, was es Neues gibt.
Newsletter sind günstig. Versandkosten entfallen weitgehend, und auch die Produktionskosten sind deutlich tiefer als bei Informationsformen wie etwa Firmenzeitungen.
Newsletter sind flexibel. Dank der digitalen Aufbereitung der Informationen können verschiedene Darstellungsformen ausprobiert und schnell und ohne grossen Aufwand geändert werden.
Aber auch die Adressaten profitieren: Sie erhalten aktuelle Informationen aus erster Hand, die durch andere Medien weder gefiltert noch verzerrt sind.
Andererseits bedeutet die Pflege eines Newsletter für den Anbieter auch einen nicht unbeträchtlichen Aufwand. Längst nicht alles, was in der Firma neu ist, interessiert auch das externe Publikum - die echten News müssen oft aktiv gesucht werden. Erscheint ein Newsletter zu häufig, kann er oft nicht mit relevanten Inhalten gefüllt werden, erscheint er zu selten, wird er bisweilen zu lang, als dass ihn noch jemand liest. Es gilt deshalb, schon vor der Lancierung bei potentiellen Adressaten abzuklären, welche Inhalte in welcher Form wie häufig erwartet werden.
Eine nicht unwesentliche Frage im Hinblick auf die Veröffentlichung eines Newsletters betrifft die äussere Form desselben. Hier lassen sich mehrere Formen unterscheiden, die jeweils verschiedene Vor- und Nachteile bieten. Im Vordergrund stehen die folgenden drei Varianten:
Volltext: Bei einem Volltext-Newsletter werden die kompletten Meldungen verschickt, wodurch der Benutzer mit einer einzigen Mail informiert ist, ohne dass er noch eine Website besuchen muss. Nachteilig kann sich auswirken, dass derartige Newslettern meist sehr umfangreich sind und sich der Leser mitunter auch durch für ihn uninteressante Nachrichten kämpfen muss. Besucher für die Website lassen sich mit Volltext-Newslettern kaum rekrutieren.
Schlagzeilen: Bei dieser Variante erhält der Abonnent nur die Überschriften zusammen mit einem Link auf den Artikel. Er erhält so einen schnellen Überblick über die aktuellen Informationen und kann selber entscheiden, welche davon er abrufen will. Dies führt zu einem erhöhten Traffic auf der Website und zeigt dem Anbieter, welche Informationen von den Lesern als attraktiv gewertet werden.
Kurzfassung: Diese Variante arbeitet mit Elementen beider erstgenannten Formen: Es werden sowohl die Titel der Meldungen als auch Zusammenfassungen derselben verschickt. Auch hier muss der User selber entscheiden, zu welchen News er weitere Informationen haben will. Erhöhter Traffic und Attraktivitäts-Transparenz gehören auch bei dieser Newsletter-Variante zu den Vorteilen.
Zusätzlich muss man sich hinsichtlich der Form auch über das Format des Newsletters Gedanken machen: Während ein Newsletter im Text-Format garantiert von jedem Empfänger gelesen und ohne grossen Aufwand produziert werden kann, lässt dieses Format keinerlei Illustrationen oder Layouts zu. Das HTML-Format dagegen kann aufwendig gestaltet und mit Bildern und Links versehen werden, was allerdings einen hohen Zusatzaufwand verursachen kann. Ausserdem kann nicht jeder Mail-Client HTML-Mails anzeigen, es muss also eine Plain-Text-Alternative angeboten werden. Dafür lassen sich in HTML-Newslettern beispielsweise auch Werbebanner unterbringen, die mithelfen, die Kosten für den Service zu decken.
Bei allen Freiheiten, die man bezüglich der Inhalte des Newsletters hat, gibt es doch einige Elemente, die zwingend vorhanden sein müssen. Dazu gehören etwa ein Link zu einer Seite, wo der Empfänger sich wieder abmelden kann, und die Angabe eines Grundes, weshalb er den Newsletter überhaupt erhält. Optional kann man auch einen Link zur Anmeldeseite einfügen, auf der sich Leser eintragen können, die den Newsletter von einem Kollegen weitergeleitet erhalten haben. Und nicht zuletzt gibt es die Möglichkeit, die Leser zu Anregungen und Kritik einzuladen oder mit einem Newsletter-Archiv zusätzlichen Traffic auf die eigene Website zu holen.
Ist der Entscheid über den Versand des Newslettes getroffen und sind als Voraussetzung die Zielgruppe, der Inhalt und die Form definiert, müssen die technischen Aspekte geklärt werden.
Zur technischen Seite des Projektes gehören die Programmierung eines Front-end zur Anmeldung sowie die Auswahl des Back-end, über das die Newslettern und die Abonnenten verwaltet werden. Während ersteres auf der eigenen Website relativ schnell eingebaut und bei Bedarf beliebig erweitert werden kann, erfordert das Back-end einen grösseren Aufwand.
Zunächst muss hier definiert werden, welche Aufgaben die Softwarelösung überhaupt erledigen können muss. Grundsätzlich ist nämlich (fast) jedes E-Mail-Programm mächtig genug, um als Newsletter-"Server" zu fungieren. Allerdings ist diese Variante nicht besonders bequem, und sie stösst bald an ihre Grenzen, wenn höhere Auflagen erreicht werden oder CRM-Funktionen genutzt werden sollen.
Hier springen spezialisierte Anwendungen in die Bresche, die dem simplen Mail-Programm insbesondere eine Datenbankanbindung voraushaben. An eine professionelle Lösung werden darüber hinaus verschiedene weitere Anforderungen gestellt: So sollten etwa Optionen beim Mailversand wie die Auswahl bestimmter Zielgruppen oder die Definition von Templates für immer gleiche Inhalte, mächtige Verwaltungsfunktionen für den Adressbestand sowie Statistik-Tools auf keinen Fall fehlen.
Bereits vor dem ersten Versand des Newsletters sollte dieser intensiv beworben werden - nur mit einer genügenden Abonnentenzahl rechtfertigt sich der Aufwand. Allerdings ist dabei zu beachten, dass mit der Werbung auch die Erwartungshaltung der Empfänger steigt, die wiederum nur mit attraktiven Inhalten befriedigt werden kann. Diese sind auch deshalb nötig, weil mit dem Newsletter ja nicht einfach möglichst viele Personen angeschrieben werden, sondern dass diese die Informationen vor allem auch lesen sollen.
Für die Promotion des neuen Newsletters kommen verschiedene Medien in Betracht, im Vordergrund steht dabei natürlich die eigene Website. Hier kann man beispielsweise mit Links oder Bannern auf das Angebot aufmerksam machen. Interessant ist auch die Möglichkeit, auf allen verfügbaren Formularen etwa zur Informationsbestellung ein Newsletter-Abonnement anzubieten.
Zur Bekanntmachung des neuen Angebots eignen sich meist auch die normale Firmenkorrespondenz und weitere Drucksachen, auch wenn hier keine direkte Anmeldemöglichkeit besteht. Nicht zu vergessen sind schliesslich spezielle Aktionen, etwa Spiele oder Wettbewerbe: In einer Mail zum Abschluss der Aktion lassen sich gezielt Hinweise auf den Newsletter plazieren, die unter Umständen einige Wettbewerbsteilnehmer von einem Abonnement überzeugen.
Zudem in der Print-Ausgabe: Lizenz zum Spammen? Permission Marketing in der Praxis