Unternehmensanwendungen wie ERP-, BI-, SCM- oder CRM-Lösungen sind heute allgegenwärtig. Und sie liefern Daten ohne Ende: Von Finanzinformationen über Warenwirtschaft, Vertriebs- und Kundeninformationen bis hin zu Produktions- und Logistikdaten lässt sich alles aus ihnen extrahieren, was das Unternehmerherz begehrt.
Das Problem dabei ist, dass Unternehmensanwendungen im allgemeinen kompliziert zu bedienen sind und über höchst unterschiedliche, nicht standardisierte Benutzerschnittstellen verfügen. Deshalb verlangt die Erschliessung des Datenmaterials meist Expertenwissen.
Dies sind keine guten Voraussetzungen, um mit den Geschäftsanwendungen im Alltag den erhofften Produktivitätsschub zu erzielen im Gegenteil, wirklich sinnvoll im Hinblick auf eine höhere Effizienz wird der Einsatz derartiger Lösungen erst, wenn sämtliche Anwender in einem Unternehmen jederzeit und uneingeschränkt damit arbeiten können.
Vielfältige Anforderungen
An diesem Punkt will Microsoft mit seinen Office Business Applications (OBA) ansetzen. Dabei handelt es sich um neuartige Geschäftsanwendungen, die als Services mit dem für nächsten Januar erwarteten Office System 2007 verkauft werden und deren Aufgabe es ist, traditionelle monolithische Business-Systeme mit Office zu verknüpfen. Laut Studien (beispielsweise von Hacket Amadeus) verbringen Büroanwender heute um die 80 Prozent ihrer Arbeitszeit in Microsofts Office, und bloss 15 Prozent ihrer Arbeitsinhalte stammen aus klassischen Back-end-Systemen der Rest kommt aus den Office-Anwendungen. Was liegt also näher, als die bestens bekannten Office-Oberflächen zum Front-end für die Business-Systeme zu machen und diese so effizienter zu nutzen?
Das mit Office System 2007 gelieferte Set an Office Business Applications umfasst sechs Services: Zu den Diensten für Workflow und Suche gesellen sich ein Business Data Catalog, ein erweiterbares User-Interface, die Office Open-XML-Formate und das Web-Site- und Security-Framework. Diese Services sollen die Entwicklung von Business-Intelligence-Anwendungen oder Applikationen für Unified Communications and Collaboration erlauben und lassen sich auch für Enterprise Content Management und andere Business-Anwendungen nutzen.
Im Vordergrund stehen bei Office-Business-Anwendungen für Microsoft die folgenden Grundsätze:
- Einfache Bedienung: Knowledge-Worker benötigen leichten Zugang zu Geschäftsdaten. Durch Office-Business-Applikationen wird eine direkte Verbindung zu Geschäftssystemen hergestellt, so dass nicht mehr nur wenige Experten Geschäftsdaten aus den Back-end-Systemen in Office-Anwendungen exportieren können. Auf diese Weise sollen eine umfassendere Analyse und schnellere Entscheidungsfindung ermöglicht werden.
- Rollenbasierend: Unter einer rollenbasierenden, einheitlichen Oberfläche werden kollaborative Informationen mit transaktionsorientierten Prozessen zusammengefasst und Daten aus verschiedensten Quellen übersichtlich präsentiert.
- Kollaborativ: Unter einer vertrauten Oberfläche lassen sich alle Aspekte eines Geschäftsprozesses zusammenfassen und bearbeiten damit entfällt die Extraktion von Daten aus Geschäftssystemen mit anschliessendem Zurückimportieren.
- Konfigurierbar: Sowohl Entwickler als auch Endanwender sollen Office-Business-Applikationen an ihre Bedürfnisse anpassen können, da weder Geschäftsregeln noch Workflows und Kollaboration fest in die Anwendungen codiert sind.
- Kontextbezogen: Office-Business-Applikationen erlauben dem Anwender die Arbeit im jeweiligen Kontext des geschäftlichen Vorgangs. Die Funktionalität für Datenzugriff, Workflow, Analyse und Reporting wird dabei von der Office-Business-Plattform bereitgestellt.
Microsoft spricht in diesem Zusammenhang auch davon, die Business-Anwendungen «people-ready» zu machen – die komplexen Interfaces sollen auf der Grundlage der Office Business Applications vereinfacht und damit für jeden Mitarbeiter zur täglichen Nutzung fit gemacht werden.
Brückenschlag
Noch einen Schritt weiter geht Microsoft mit dem Framework LOBi (Line-of-Business interoperability) für Office Sharepoint Server. Das Framework soll Unternehmen bei der Integration von branchenspezifischen Anforderungen mit Office-Anwendungen unterstützen, indem es folgende Mechanismen zur Verfügung stellt:
- Darstellung von branchenspezifischen Inhalten direkt in den gewohnten, mächtigen Office-Anwendungen
- Bereitstellung einer konsistenten, branchenbezogenen Benutzeroberfläche über alle Office-Anwendungen hinweg
- Bereitstellung von transaktionsorientierten Schreibzugriffen aus Office-Anwendungen auf Branchensoftware
- Offline-Fähigkeiten beim Bearbeiten von Branchendaten und -prozessen
- Automatisierung der zwischenmenschlichen Arbeitsabläufe mit strukturierten und unstrukturierten Inhalten.
LOBi besteht aus zwei grundlegenden Komponenten: Kern des LOBi-Frameworks sind die Office Business Entities (OBE), die für die eigentliche Anbindung von Office an Business-Applikationen sorgen. Die OBE wiederum sind mit den Office Business Parts (OBP) gekoppelt. Diese Oberflächenelemente können in die Aufgabenleisten der Office-Anwendungen integriert sein, aber auch als LOBi-Web-Parts über den Sharepoint Server zur Verfügung gestellt werden. Die OBP bilden die Eingabe-, Bearbeitungs- und Prozess-Schnittstellen für die von den OBE bereitgestellten Business-Funktionen.
In welcher Form und wie teuer LOBi für Sharepoint Server verkauft werden soll, ist derzeit noch nicht bekannt. Immerhin soll Ende Jahr eine Technical Preview zur Verfügung stehen, das fertige Framework wird dann laut Microsofts Plänen irgendwann im nächsten Jahr auf den Markt kommen.
Ein erstes konkretes Beispiel für den Einsatz von LOBi ist allerdings bereits verfügbar: «Duet», das Microsoft zusammen mit
SAP entwickelt hat. Dabei handelt es sich um eine Applikation, die Office-Anwendungen mit mySAP verknüpft. Auf diese Weise können Mitarbeiter direkt aus Office beispielsweise auf Finanzdaten zugreifen oder Genehmigungsprozesse im Personalwesen aus Outlook heraus bearbeiten. Derzeit werden die Fähigkeiten von Duet massiv ausgebaut in der schon bald zu erwartenden nächsten Version, auf die wir in einer der kommenden Aufgaben von InfoWeek näher eingehen werden, sollen weitere mySAP-Szenarien wie Kunden- und Lieferantenverwaltung, Bewerbungsverfahren sowie Geschäftsanalysen eingebaut werden.
Office Business Applications