Software as a Service, Social Networks, Cloud Computing: Unser digitales Leben verschiebt sich mehr und mehr von unserem Computer hin ins Internet. Unsere Daten speichern wir nicht mehr selber auf unserem Computer, den wir selber betreuen, sondern bei irgendeinem Anbieter – der in der Regel ganz weit weg ist und von dem wir nicht mehr als seine Webseite kennen. Da wir das System dahinter nicht durchschauen können, wissen wir nicht, welche Daten gespeichert werden, wer sie anschauen kann, was damit gemacht wird und welche Schlüsse daraus gezogen werden. Und ob sie, wenn wir sie löschen, auch wirklich alle gelöscht werden. Uns bleibt nur unser Vertrauen in die Anbieter und die Hoffnung, dass die Daten nicht in die falschen Hände gelangen – wenn der Anbieter beispielsweise aufgekauft wird. Denn selbst harmlose Informationen können im falschen Kontext zu einem langjährigen «Urlaub» in Guantánamo Bay auf Kuba führen.
Die Anbieter machen um diese Problematik einen sehr grossen Bogen. Zwar versichern fast alle, die Privatsphäre der Anwender zu achten und die Daten sicher zu lagern. Doch zu erfahren, welche Daten wirklich gespeichert werden, ist sehr schwer bis unmöglich. Auch Funktionen zum Löschen von Profilen sind oftmals schwer zu finden oder gleich gar nicht vorhanden. Selbst wenn sie da sind, weiss man nicht mit Sicherheit, ob auch wirklich alle Daten gelöscht wurden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Dienste, um ihren Anwendern einen Mehrwert zu bieten, verbinden (siehe Seite 7) und Daten austauschen. Was da alles zu wem durch die Leitung rauscht, weiss niemand.
Kümmert sich doch einmal jemand um den Datenschutz, wirkt das meist ungelenk bis peinlich. Auf der einen Seite warnen beispielsweise die Google-Gründer Sergey Brin und Larry Page vor den Gefahren von Social Networks (siehe Seite 7) und mahnen ihre Wettbewerber, dass sie der Branche durch aggressive Vermarktung irreparable Vertrauensschäden zufügen können. Ohne unser Vertrauen ist Social Networking nämlich ebenso am Ende wie
Google. Parallel dazu konnte Google aber erst mit grossem Druck dazu bewegt werden, unanonymisierte Logs «nur» für anderthalb Jahre zu speichern. Ebenso wurde bekannt, dass Google der indischen Polizei dabei geholfen hat, einen Nutzer des Social Networks Orkut ausfindig zu machen. Von der Kooperation einiger Anbieter mit China wollen wir gar nicht erst reden.
Mehr Transparenz tut deshalb dringend Not. Jeder Anbieter sollte aus freien Stücken jedem Anwender jederzeit Zugang zu aktuellen Reports bieten, die haarklein darüber informieren, welche Daten gespeichert werden, in welchem Land und für wie lange. Gleichzeitig müsste man aus den Reports entnehmen können, welche Informationen aus den gespeicherten Daten gewonnen werden, wie die Resultate aussehen und wofür sie verwendet werden. Auch müssten gut sichtbare Löschfunktionen für alle Daten angeboten werden – die auch nach Jahrzehnten und auch auf analogem Wege funktionieren! Schlussendlich müssen externe Prüfer beauftragt werden, regelmässig zu verifizieren, ob die Reports korrekt informieren, nichts verschweigen und ob die Löschfunktionen wirklich alle Daten komplett vernichten.
Nur so kann das Vertrauen der User in das Internet, Software-Anbieter und Social Networks langfristig gesichert werden und dürfte sich selbst durch Schwarze Schafe nicht erschüttern lassen, was die Branche ansonsten nur schwer überleben könnte. Denn wenn das Vertrauen in eine Branche einmal ramponiert ist, ist es nur noch mit viel Aufwand zu reparieren. Die Banken können ein Lied davon singen.