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Editorial

Frisst der Android den Apfel?


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/03

     

Der Mobilfunkmarkt ist in den letzten Jahren fast ein wenig eingeschlafen. Die Rollen sind fest verteilt und jeder darf ein bisschen mitverdienen. So kriegen beispielsweise die Hersteller der Betriebssysteme von den Gerätebauern Lizenzgebühren für ihre Software. Oder die Carrier verteilen subventionierte Geräte unters Volk, die sie vorher mit Branding, SIM-Lock und einigen Bezahlservices angereichert haben. Dass dies für die Kunden schlecht ist, die dadurch beispielsweise unter horrenden Gebühren für mobiles Internet und lahmender Innovation leiden müssen, hat bisher offenbar niemanden gestört. Modellpflege statt Innovation war die Devise.



Doch dank Apple und Google scheint es mit der Ruhe vorbei zu sein. Mit iPhone, Android und fundamental neuen Geschäftsmodellen soll der Markt kräftig und vor allem nachhaltig aufgemischt werden.




Apple spielt sich als lärmiger Kontrollfreak auf und reisst die Kontrolle über alles an sich, was zwischen Cupertino und dem Endkunden liegt. Die Carrier wurden zu blossen Erfüllungsgehilfen degradiert, die die Infrastruktur für das iPhone anpassen müssen und zum Dank noch eine Umsatzbeteiligung abliefern dürfen. Spuren sie nicht, kommt jemand anders zum Zug. Branding ist genauso tabu wie die Einführung oder Anpassung neuer Features. Die Krönung von Apples Kontrollneurose ist das Konzept zur Verteilung von Software, die sich nun mit Hilfe des soeben vorgestellten SDKs (siehe Seite 13) entwickeln lässt. Es gibt nur einen Kanal, den App Store. Und entweder benutzt man diesen oder man darf sich als Entwickler alleine an seiner Software erfreuen. Grosszügigerweise kümmert sich Apple um Hosting und die Zahlungsverarbeitung, nicht aber ohne sich mit 30 Prozent am Umsatz beteiligen zu lassen. Gleichzeitig bestimmt Apple, was in den App Store kommt und was nicht. Will Apple kein Skype, Flash oder Java auf dem iPhone? Kein Problem. Die Produkte werden einfach nicht in den App Store aufgenommen.



Google gibt sich dagegen als Blumenkind – freie Liebe und freie Software inklusive. Die Software-Plattform Android soll nicht nur mit möglichst vielen Carriern und Geräten von möglichst vielen Herstellern zusammenarbeiten, sondern auch noch gratis sein. Damit möglichst alle Android mögen und es verwenden. Was die «Lizenznehmer» und Anwender schlussendlich damit machen, ist ihnen überlassen. Jeder mit Java-Kenntnissen kann eine Android-Applikation nach seinem Gusto stricken und damit sogar bereits vorhandene Anwendungen ersetzen. Kontrolle ist unmöglich. Das Geld soll irgendwann durch mobile Werbung hereinkommen – und dürfte somit vor allem bei Google hängen bleiben.



Googles und Apples Geschäftsmodelle unterscheiden sich somit nicht nur diametral von den bisherigen Ansätzen, sondern auch voneinander. Doch eines haben sie gemeinsam: Der Star im Google- respektive Apple-Universum ist künftig Google respektive Apple. Für alle anderen bleibt wenig bis kein Platz.



Spannend bleibt die Frage, ob sich Google, Apple oder schlussendlich beide durchsetzen werden. Sind die Anwender vor allem an einem guten «Gefühl» interessiert, dürfte Apple dank Design und Komfort die Nase vorn haben. Interessieren sich die Anwender dagegen für besonders virtuose technische Möglichkeiten und Flexibilität, liegen die Vorteile bei Google Android. Fraglich bleibt, was mit den bestehenden Systemen und Geräten passiert. Ohne tiefgreifende Änderungen – Innovation statt Modellpflege – werden sie wohl über kurz oder lang den Kürzeren ziehen. Denn sie bieten weder Freiheit noch ein gutes Gefühl.




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