Urs Binder: SDSL - Ideale Anbindung für SOHO und KMU
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/22
Ich gebe offen zu: Ich bin privilegiert. Seit Jahren nämlich geniesse ich den Komfort einer eigenen Standleitung mit garantierter Bandbreite zum Internet. Die Gnade des frühen Einstiegs habe ich der Tatsache zu verdanken, dass ich mit dem betreffenden Provider - es handelt sich um ein regional tätiges Unternehmen in der Nordwestschweiz - seit der Gründung vor sechs Jahren aktientechnisch verbunden bin und man mich deshalb gerne gelegentlich als Testkunden heranzieht.
So kommt es also, dass ich für wenig Geld nach Herzenslust surfen kann, was mir sowohl bei den InfoWeek-Recherchen in meinem kleinen Redaktionsbüro als auch - 802.11b sei Dank - für die eher privaten Surftouren auf dem Balkon oder ab dem Sofa Tag für Tag höchstes Vergnügen bereitet.
Seit knapp einem Jahr geht der ADSL-Mythos um. Über die bestehende Telefonleitung oder, noch besser, einen ISDN-Anschluss, können dank der Erfindungsgabe ausgekochter Modulations-Ingenieure neben dem Sprachverkehr so quasi im Huckepackverfahren auch gleich noch Daten übertragen werden. So jedenfalls das Versprechen des eigentlich einzigen Anbieters Swisscom - einzig deshalb, weil der für ADSL zwingend benötigte Draht bis zur Telefonsteckdose des Abonnenten bloss bei der Swisscom zu mieten ist. Demzufolge müssen alle Anbieter von ADSL-Abonnements die Dienstleistung ihrerseits vom Noch-Monopolisten beziehen. In einer ersten Phase kam das derart teuer, dass sich kaum ein Kunde finden liess. Mittlerweile sind die Gebühren gesunken, so dass zum Beispiel Bluewin einen ADSL-Anschluss mit einem Download-Speed von 256 Kilobit pro Sekunde für 64 Franken pro Monat anbieten kann; für nicht einmal das Doppelte gibt's 512 Kilobit.
Die Sache hat jedoch Haken: Die Verbindung wird erstens nach einer halben Stunde Inaktivität und zweitens grundsätzlich einmal alle zwanzig Stunden gekappt. Eine fixe IP-Adresse, Voraussetzung für jeden vernünftigen Serverbetrieb, ist nicht vorgesehen - von einer Standleitung kann kaum die Rede sein. Im Grunde handelt es sich beim ADSL-Angebot der Swisscom-Tochter um nichts anderes als die etwas modernere Variante des herkömmlichen Dial-up-Access; die meisten anderen ADSL-Angebote auf dem Markt richten sich ebenfalls vornehmlich an Privatkunden.
Wohlgemerkt: Das Problem liegt nicht bei der ADSL-Technik an sich, sondern im Business-Umfeld der Provider. Auch für sie birgt die aktuelle ADSL-Situation nämlich erhebliche Probleme. Der an die Swisscom abzuliefernde Obolus ist immer noch so signifikant und die benötigte Hardware-Infrastruktur so kostspielig, dass Abonnements zu einem für den Home-User annehmbaren Preis gerade mal kostendeckend offeriert werden können. Darunter leiden dann die Qualitätssicherung und der Support - die entsprechenden Threads im InfoWeek-Forum machen es mehr als deutlich. Oder der ADSL-Provider verschwindet mangels Finanzen nach kurzer Zeit gleich ganz von der Bühne, und die Kunden stehen erst recht im Regen. Eigentlich ist es merkwürdig, dass sich die ADSL-Provider nicht eher auf gewinnspannenträchtigere Business-Kunden ausrichten, die für eine tadellose Leistung gerne etwas mehr auslegen würden als der knausrige Freizeitsurfer.
Gegenüber ADSL fristet eine andere DSL-Technik geradezu ein Mauerblümchendasein. Dabei ist SDSL die ideale Lösung für die Internet-Bedürfnisse kleiner Firmen. Ein SDSL-Anschluss funktioniert ausserordentlich zuverlässig und tritt grundsätzlich als echte Standleitung auf, ausgestattet mit mindestens einer fixen IP-Adresse - es handelt sich ja auch um physisch wirklich vorhandene Kupferdrähte, ganz und gar reserviert für die kostbaren Daten.
Aber eben - Sex sells. Die nackten Zahlen sehen bei SDSL weniger sensationell aus als bei ADSL, und die Leitung ist klar teurer: Der erwähnte Nordwestschweizer Provider zum Beispiel offeriert eine 128-Kilobit-Leitung für ein Vierer-IP-Subnetz für 150 Franken pro Monat, wobei das Transfervolumen auf 1 GB begrenzt wird (bei Bluewin werden hier immerhin 1,5 GB geboten). Dafür ist aber auch die Bandbreite garantiert und die Verbindung wird nie unterbrochen. Und eine günstige Alternative zu den kurioserweise immer noch sehr verbreiteten ISDN-Routern ist SDSL allemal: Hunderfünfzig Franken Telefongebühren kommen auch bei liberalisierten Tarifen rasch zusammen.