Urs Binder: Drahtlos ins Internet - Am Anfang, aber im Kommen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/20
Wer auch nur für Minuten in den Genuss eines kabellosen Netzwerks gekommen ist, mag die Wireless-LAN-Technologie nicht mehr missen - Abhörattacken seitens "10 vor 10" oder noch schlimmerer Spionageorganisationen spielen anlässlich der überragenden Bequemlichkeitssteigerung nur eine geringe Rolle: Es gibt zwar im Leben noch schöneres als Surfen auf dem Balkon, dergleichen Aktivitäten finden jedoch ausserhalb des Themenbereichs dieser Kolumne statt.
Ein heisser Tip punkto Sicherheit: Kaum ein Wireless-LAN-Produkt kommt ohne Datenverschlüsselungsoption daher, man muss sie bloss aktivieren. Ohne Encryption sind per Funknetz übermittelte Daten nur marginal geheimer als die mit dem Vornamen der Tochter des Personalchefs passwortgesicherte Lohndatei - falls diese überhaupt geschützt ist.
Wie sagt doch der designierte Bundesdatenschützer Thür so stimmig: "Datenschutz bringt nichts, wenn die einzelnen Bürgerinnen und Bürger leichtsinnig mit persönlichen Daten umgehen". Ich impliziere der Einfachheit halber, dass Entsprechendes auch für den geschäftlichen Bereich seine Gültigkeit hat.
Doch völlig ungetrübt ist die Funkfreude nicht. Abgesehen davon, dass Wireless-LANs nach dem 802.11b-Standard im selben Frequenzbereich arbeiten wie ein Mikrowellenherd und in kulinarischer Umgebung allenfalls unter Störungen leiden können, konkurrieren mehrere Technologien um den drahtlosen Datenverkehr, die funktional eigentlich allesamt das Gleiche bieten: Datenübermittlung ohne Kabelanschluss.
Da gibt es neben dem 11-Megabit-WLAN nach 802.11b, das sich erfreulicherweise im Business-Umfeld durchsetzt und, oh Wunder, tatsächlich den Einsatz von Access Points eines Herstellers mit den Funkadaptern eines anderen zulässt, beispielsweise Technologien wie Bluetooth, HSCSD, GPRS und UMTS.
Bluetooth ist langsam und wurde nicht für eigentliche Wireless-LANs entwickelt, obwohl Firmen wie die schwedischen Pocit Labs auf Bluetooth basierende Netzwerkbetriebssysteme entwickeln. Getreu dem Motto "Schuster, bleib bei deinen Leisten" wird Bluetooth wohl auch künftig eher der Entknotung des Kabelgewirrs dienen, das sich zwischen Geräten der Mobilkommunikation und Unterhaltungselektronik entfaltet, als regelrechten LAN-Anwendungen.
HSCSD, GPRS und UMTS haben eines gemeinsam: Sie funktionieren in öffentlichen Netzen, die einer allgemeinen Kundschaft offen stehen. Der Datenübermittlungsdienst ist geografisch breitflächig verfügbar; die Telcos positionieren die Angebote vor allem fürs "Mobile Internet".
Die neuen Mobilfunkprotokolle versprechen höhere Durchsatzraten als die bisherigen 9600 Bit pro Sekunde - die Betonung liegt auf "versprechen": Mir persönlich ist es trotz Ausprobieren aller denkbaren Permutationen der Einstellungsparameter bei keinem HSCSD-Anbieter gelungen, Daten mit High-Speed zu übertragen.
Vor GPRS schrecke ich aber wegen den exorbitanten Kosten zurück - um die zehn Franken für ein mickriges Megabyte zu verlangen, ist eine ungeheure Frechheit. UMTS ist trotz anfangs hoffnungsfroher Prognosen ("GPRS kommt 2000, UMTS 2001") noch meilenweit von einer auch nur ansatzweisen Verfügbarkeit entfernt.
Die 802.11b-Technologie wurden bisher für unternehmenseigene LANs eingesetzt, sei es zur Kabelersparnis oder zur unkomplizierten Einbindung der mobilen Workforce. Nun hat sich 802.11b so weit verbreitet, dass erstens Compaq am Fernsehen für seine WLAN-Komponenten wirbt und zweitens eine Firma namens Monzoon auf die Idee kam, die Technologie auch in öffentlichen Räumen einzusetzen: Man ist diesen Moment daran, Flughäfen, Hotels, Bahnhöfe, Konferenzzentren und ähnliche Orte mit Wireless-LAN-Accesspoints auszustatten. So kann der Business-Traveller, der sich mit Wartezeiten konfrontiert sieht, mit der gewohnten Bequemlichkeit von unterwegs seine Post lesen und im Web herumsurfen. Eine interessante Idee, mit der die bisher aufs Firmengelände beschränkte Technik auch in öffentlichen Installationen ihren Nutzen zeigt.