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Zehn VoIP-Provider fürs KMU-Business

IP-Telefonie ist heute auch für kleine und mittlere Unternehmen interessant. Die Schweizer VoIP-Provider offerieren abonnierbare Telefonie-Dienste bis hin zur virtuellen Telefonzentrale.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/04

     

«Günstiger telefonieren» – mit diesem Versprechen feiern VoIP-Dienste wie Skype Massen­erfolge. Als reine Einzelplatz­lösungen mit teilweise unbefriedigender Verbindungsqualität, die zudem nur kompliziert mit dem herkömmlichen Telefonnetz zusammenarbeiten und mit teils proprietären Protokollen funktionieren, eignen sich Skype & Co. fürs geschäftliche Fernsprechen jedoch nur bedingt.


Business-VoIP braucht Bandbreite

Die meisten lokalen VoIP-Anbieter offerieren mittlerweile IP-Telefondienste, die auf den Einsatz im SOHO- und KMU-Segment zugeschnitten sind und sich für einen bis einige Hundert firmeninterne Teilnehmer eignen; die Provider empfehlen ihre Services sogar für Tausende interne Anschlüsse. Die Grundvoraussetzung fürs Telefonieren via VoIP ist eine breitbandige Internetanbindung. Jedes Gespräch belegt bis zu 80 Kilobit pro Sekunde, und zwar in beide Richtungen – über den typischen ADSL-Privatanschluss mit 200 kbps Upload-Speed lassen sich also maximal zwei Gespräche gleichzeitig führen, vor allem, wenn auf dem gleichen Anschluss noch ausgiebig im Internet gesurft wird. Ein Business-ADSL-Account mit 500 kbps ersetzt fünf bis sechs herkömmliche Telefonleitungen. Es empfiehlt sich allenfalls, für den Sprachverkehr einen separaten ADSL- oder Cable-Anschluss zu installieren. Wer mehr VoIP-Kapazität braucht, muss eine wesentlich teurere Internet-Anbindung wie SDSL oder eine Standleitung mit symmetrischer Bandbreite ab einem Megabit pro Sekunde wählen. Der von den Providern oft zitierte Einspareffekt bei der Grundgebühr fällt damit in grösseren Installationen gegenüber ISDN-Kanälen rasch dahin. Die übrigen VoIP-Vorteile wie günstigere Gesprächstarife, kostenloser Verkehr zwischen allen angeschlossenen Firmenstandorten und erweiterte Möglichkeiten vom Voice-Mail bis zur Konfiguration und Verwaltung via Web-Interface kommen dagegen Firmen jeder Grösse zugute. Wichtig: Sowohl das interne LAN als auch der Internet-Verkehr sollten im Interesse der Sprachqualität so konfiguriert werden, dass VoIP gegen­über dem restlichen Datenverkehr Priorität hat. Dazu braucht es Router mit Quality-of-Service-Unterstützung (QoS).


Vier Anschlussvarianten

Abgesehen von rein computerbasierter Internet-Telefonie mit Software-Telefon und USB-Head- oder Handset gibt es je nach Anbieter bis zu vier Varianten zur Anbindung der firmeninternen Teilnehmer ans VoIP-Netz. Die zusätzlich benötigte Hardware lässt sich meist direkt beim VoIP-Provider kaufen oder mieten.



Breitbandanschlussgerät mit VoIP-Funktionen: Wer bisher keine firmeneigene Telefonzentrale einsetzt und nur wenige Teilnehmer mit herkömmlichen Telefonen anzuschliessen hat, installiert am besten einen ADSL-Router mit integriertem VoIP-Gateway. Daran lassen sich typischerweise bis zu zwei analoge Endgeräte wie herkömmliche Telefone und Faxmaschinen anschliessen; weitere Teilnehmer müssen auf ein VoIP-Telefon wechseln, das direkt ans LAN angeschlossen wird. Falls bereits ein ADSL- oder Cable-Modem/Router vorhanden ist, empfiehlt sich ein Adapter für analoge Endgeräte (ATA). ADSL/VoIP-Router und ATA kosten zwischen zwei- und vierhundert Franken.



VoIP-Gateway für ISDN-Zentralen und -Telefone: Wer die bestehende, gut funktionierende ISDN-Telefoninstallation nicht ersetzen, aber trotzdem von den Kosten­vorteilen der Internet-Telefonie profitieren will, greift zum VoIP-Gateway. Bei den Schweizer Providern stehen die Smartnode-Produkte der Firma Patton Inalp hoch im Kurs. Die Modelle Smartnode 1200 und 1400 bieten auf der firmeninternen Seite einen beziehungsweise zwei ISDN-Basisanschlüsse, an die sich jeweils zwei ISDN-Telefone oder ISDN-Telefonzentralen anschliessen lassen. Die Geräte der 2300/2400er-Serie stellen modular bis zu vier ISDN-Primäranschlüsse für maximal
120 Gespräche bereit.



IP-Telefonzentrale: Im Gegensatz zu VoIP-fähigen Breitband-Routern und ATA bietet eine eigentliche IP-PBX zahlreiche weitergehende Funktionen wie Voice-Mail, Vermittlung interner Gespräche, detaillierte Abrechnung pro Teilnehmer und Tag/Nachtschaltung – kurz: alle Features einer konventionellen Zentrale und noch einige mehr. Die einfachsten IP-Zentralen sind bereits für drei- bis vierhundert Franken erhältlich; typischerweise liegt der Preis solcher Geräte jedoch mit 850 bis mehreren Tausend Franken einiges höher.



Virtuelle Telefonzentrale: Einige Anbieter bieten die Funktionen der Zentrale als gehosteten Service an, der üblicherweise im Monatsabonnement bezogen und nach Anzahl der verwalteten internen Teilnehmer bezahlt wird. Der Funktionsumfang ist unterschiedlich – während sich die Features zum Beispiel bei Guest-Voip-Angebot «voip.kmu» aufs Nötigste beschränken, bietet die «PBX Virtual» von Netstream umfangreiche Funktionen bis hin zu Pausenmusik und virtuellem Call-Center. Dafür ist bei Guest-Voip eine «Top-Nummer» im Wert von 100 Franken nach dem Muster «500 51 10» im Grundpreis inbegriffen.


Alte oder neue Nummern?

Unabhängig von der Art der Anbindung stellt sich dem VoIP-Kunden die Frage, ob für die IP-Telefonie neue Nummern eingeführt oder die bisherigen weiterverwendet werden sollen. Wenn bereits eine Zentrale in Betrieb ist, möchte man wohl die bestehende interne Nummernverteilung beibehalten – dazu braucht es zwei kombinierte Dienste, für die bei den Providern meist Zusatzkosten zur Grundgebühr anfallen: Per Nummernportierung wird die bisherige analoge oder ISDN-Hauptnummer ins VoIP-Netz übernommen; für die Weiterleitung von Direktnummern ans richtige IP-Telefon ist das sogenannte DDI-Routing (Direct Dial-In) zuständig.
Man kann aber auch Tabula Rasa machen und völlig neue Nummern einführen. Dieses Vorgehen bietet sich insbesondere an, wenn die Firma wächst und sowieso ein Wechsel von ein paar einzelnen Telefonlinien zu einer «richtigen Zentrale» ansteht. Früher standen dazu je nach Provider nur einzelne Vorwahlbereiche zur Verfügung, so dass ein Kunde in der Ostschweiz womöglich mit einer Solothurner Vorwahl vorlieb nehmen musste. Heute bieten die meisten Provider fast alle Schweizer Vorwahlbereiche zur freien Wahl an.


Unterschiede im Tarif

Das Hauptargument für VoIP: Telefonieren kostet weniger. Ein Blick auf die Tarife der VoIP-Provider gibt der Behauptung recht. Sämtliche Anbieter sind in allen Bereichen zumindest günstiger als die Swisscom, wo eine Minute zu Bürozeiten innerhalb der Schweiz 8 Rappen kostet. Die Spanne für Anrufe aufs Schweizer Festnetz im Hochtarif reicht von
2 bis 5 Rappen pro Minute. Bei VTX und Netstream kostet die Schweizer Minute damit allerdings mehr als von einem Sunrise-Festnetztelefon aus. Besonders bei kurzen Anrufen schlägt die Gebühr für den Verbindungsaufbau merklich zu Buche, die bei den meisten Providern für jedes kostenpflichtige Gespräch anfällt. Sie beträgt bis zu 7,9 Rappen; einzelne Provider verlangen bei teuren Auslandsgesprächen noch höhere Konnektionsgebühren bis zur Hälfte einer Gesprächsminute.






Einzig Netstream und Extrafon operieren mit transparenten Minutentarifen und verzichten auf den Zusatz-Obolus beim Gesprächsaufbau. Bei Auslandsgesprächen profitiert man generell am meisten; einzelne Anbieter verlangen etwa für eine Verbindung in die USA (3,2 Rappen pro Minute, Netstream) sogar weniger als für ein Gespräch innerhalb der Schweiz (4 Rappen). Dies dürfte daran liegen, dass der Provider ausländischen Telcos geringere Interkonnektionsgebühren abliefern muss als der Swisscom. Auch Anrufe auf ein Mobiltelefon kosten mit VoIP fast immer weniger –
die Swisscom verlangt für Gespräche vom Fest- aufs Natel-Netz 41 Rappen pro Minute; die Tarife der VoIP-Provider liegen mit einer Ausnahme bei maximal 39 Rappen. Nur Ticinocom verlangt mit
45 Rappen mehr; dafür unterscheidet dieser Anbieter nicht zwischen den Mobilnetzen. Bei allen anderen Providern bestehen teils erhebliche Preisunterschiede zwischen Gesprächen auf Swisscom-, Sunrise- oder Orange-Handys.


Die Qual der Wahl

Bei der Entscheidung für einen VoIP-Provider spielen, neben den Initialkosten für anzuschaffende Gateways, Zentralen und IP-Telefone, die Gesprächskosten die Hauptrolle. Die Grundgebühr fällt ab einem gewissen Gesprächsvolumen kaum mehr ins Gewicht, und auch der Standort des Providers ist ziemlich unwichtig. Wer bereits einen Breitbandanschluss bei einem Internet-Provider hat, der auch VoIP anbietet, fährt allenfalls mit einem vergünstigen Kombi-Angebot etwas besser. Angesichts der doch recht unterschiedlichen Tarife lohnt sich vor dem Entscheid eine genaue Analyse des Telefonier­verhaltens: Ruft man vor allem schweizweit an, oder finden oft längere Gespräche in ein bestimmtes Land statt? Müssen oft die eigenen Aussendienstmitarbeiter auf dem Handy erreicht werden? Je nach dem Mix der Gesprächsarten bietet sich der eine oder andere Provider besonders an.




Schweizer VoIP-Anbieter für KMU

(ubi)


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