Dreamweaver 4: Fit fürs Sourcecode-Editing

Die Neuauflage von Dreamweaver und UltraDev festigt Macromedias Vormachtstellung im Web-Publishing.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2000/44

     

So zuverlässig wie das Christkind bringt Macromedia zum Jahresende Revisionen ihrer Web-Werkzeuge Fireworks (Test siehe InfoWeek 42/2000) und Dreamweaver auf den Markt. Die Ideen für nützliche Neuerungen scheinen den Entwicklern auch bei so kurzen Update-Zyklen nicht auszugehen. Dies trifft zumindest auf Dreamweaver 4 zu. UltraDev, der für dynamische Web-Applikationen gedachte, grosse Bruder des Web-Design-Pakets kommt zwar ebenfalls mit allen Dreamweaver-Verbesserungen, wartet aber selber nur mit einer kleinen Anzahl von interessanten Neuerungen auf.


Mehr für Code-orientierte Entwickler

Vor allem Web-Designer, die auch gerne selber im HTML-Code Hand anlegen, kommen bei der Version 4.0 auf ihre Rechnung.



So wurde der Texteditor nun direkt in die Dreamweaver-Umgebung integriert. Das hat den Vorteil, dass die Objektpaletten und das Menüsystem nun auch innerhalb des Codefensters zur Verfügung stehen. Zudem geschieht das Hin- und Herzappen zwischen Design- und Code-Ansicht bequem via Toolbar, ohne dass ein zusätzliches Fenster (HTML-Inspector) geöffnet werden muss. Macromedia ging sogar noch einen Schritt weiter und spendierte Dreamweaver 4 eine sogenannte Split-Ansicht, mit der sich WYSIWYG-Modus und das Codefenster parallel anzeigen lassen. Das Praktische dabei: Der Cursor scrollt in beiden Fensterteilen parallel mit. Wählt man im Design-Fenster einen bestimmten Punkt der Seite an, springt der Cursor im Editorfenster an die entsprechende Stelle im HTML-Code. Die Änderungen im einen Fenster werden wie bisher automatisch im anderen nachgetragen.




Die Code-Ansicht bietet für HTML-Editoren typische Hilfe wie Farbcodierung und automatische Einrückung. Funktionen wie Syntaxchecking, Autocomplete oder Attributvorschläge während dem Editieren, wie sie in Hardcore-Code-Editoren wie Visual Studio oder HomeSite zu finden sind, fehlen jedoch.



Äusserst nützlich für Code-Entwickler sind auch die neu eingebauten Online-Referenzen zu HTML, Cascading Style Sheets und JavaScript, die Macromedia von O'Reilly Publications lizenziert hat. Per Mausklick lässt sich das Referenzfenster mit den Informationen zum gerade markierten Tag, Attribut oder JavaScript-Element aufrufen. Neben Erklärungen zur grunsätzlichen Funktionsweise werden auch gleich Informationen zur Browserkompatibilität, DOM-Support und eifache Codebeispiele geliefert.



Gefallen hat uns auch der JavaScript-Debugger, der beim Aufspüren von Bugs in Client-seitig verwendetem JavaScript-Code hilft. Der Debugger wird gemeinsam mit der Browser-Vorschaufunktion gestartet und funktioniert sowohl mit Internet Explorer als auch mit Netscape. Der Benutzer kann Breakpoints (Codestellen, an der die Ausführung des JavaScripts gestoppt werden soll) setzen und das Script schrittweise ausführen. Währenddessen kann er in einem zweiten Fenster die aktuellen Werte von Variablen und Objekten im Auge behalten.




Neue Page-Layout-Funktionen

Die wohl heisseste Neuheit in Dreamweaver 4 ist der neue Layout-Modus, der das direkte Zeichnen von Tabellenlayouts mit der Maus erlaubt. Zwar war das mit den Layer-Funktionen bereits in Dreamweaver 3 möglich, doch bietet der Layout-Modus eine bessere Kontrolle und Übersicht zur Definition von Seitenlayouts auf Tabellenbasis. Statt die HTML-Tabellen anhand der plazierten Layer explizit generieren zu müssen, übernimmt dies Dreamweaver nun automatisch im Hintergrund. Für das Erstellen von Layouts stehen die zwei Werkzeuge Table und Cell zur Verfügung, mit denen man seine Tabellen auf den Bildschirm zeichnen kann. Zellen lassen sich beliebig verschieben und vergrössern. Dabei sorgt Dreamweaver dafür, dass sich Zellen nicht überlappen können, und passt die Tabellen während dem Arbeiten laufend an. Tabellen- und Spaltenbreiten werden in Form von grünen Vermassungslinien direkt auf der Arbeitsfläche eingeblendet. Einer einzelnen Spalte kann neu auch das Attribut Autostretch zugewiesen werden, was bedeutet, dass sich diese beim Vergrössern des Browserfensters ebenfalls anpasst. Damit können nun direkt im Layoutmodus die in Mode gekommenen skalierbaren Web-Interfaces erstellt werden. Um Spaltenbreiten zu fixieren, kann der Webdesigner automatisch eine unsichtbare pixelgrosse Grafikdatei einfügen lassen. Dass man allerdings auch die skalierbare Spalte nur auf eine bestimmte Minimalgrösse schrumpfen lassen möchte, daran scheint Macromedia nicht gedacht zu haben. Will man die Minimalbreite vorgeben, muss man die Pixeldatei selber von Hand einfügen.


Eine Prise Flash integriert

Mit zwei neu eingebauten Flash-Funktionen lassen sich einfache Text- und Button-Effekte in die Webseite integrieren, die sich die vektorbasierte Grafik- und Animationstechnologie von Macromedia zu Nutze machen. Diese erfordern allerdings auf der Browserseite einen installierten Flash Player (Version 4.0 oder höher). Während sich mit der Funktion Flash-Text-Fonts in beliebiger Grösse und mit Rollover-Effekten erzeugen lassen, kann mit Flash-Button auf eine integrierte Bibliothek mit vorgefertigten animierten Tasten zugegriffen werden. Allerdings sind die beiden Flash-Funktionen angesichts der Möglichkeiten der Flash-Technologie eher bescheiden und machen deutlich Lust auf mehr. Das dürfte wohl auch Absicht sein, stammt doch Flash ebenfalls aus dem Hause Macromedia.



Der Hersteller hat auch die Schnittstelle zum hauseigenen Fireworks 4 verbessert. Roundtrip Graphic Editing heisst hier das Stichwort, was nichts anderes bedeutet, als dass der zur Grafik gehörende HTML- und JavaScript-Code nach erfolgter Bearbeitung in Fireworks 4 in Dreamweaver selbsttätig angepasst wird.





Site Management

Der Site-Management-Bereich wurde neu um Reporting- und Analyse-Funktionen ergänzt, wie sie etwa in FrontPage 2000 zu finden sind. Damit kann über die ganze Site hinweg oder in einzelnen Verzeichnissen beispielsweise nach fehlenden ALT-Tags oder fehlerhaften Tag-Verschachtelungen gesucht werden. Auf Wunsch können auch eigene projektspezifische Reports kreiert werden, die die Webseiten der Site z.B. bezüglich Browserkompatibilität oder Filegrösse überprüfen.



Der Dateilistenbereich des Site Window kann neu beliebig um eigene Felder für Zusatzinformationen wie etwa Verantwortlichkeit, Status etc. ergänzt werden. Ebenfalls neu sind die Design Notes, mit denen sich dem Dokument der Revisionsstand und beliebige Kommentare anfügen lassen. Eine allgemeine To-Do-Liste, wie sie in Visual Studio zu finden ist, fehlt allerdings nach wie vor. Zusammen mit den Check-in/out-Funktionen sowie dem Support für das Versionsmanagment-Tool Visual SourceSafe und dem Content-Protokoll WebDAV lässt sich mit dem neuen Site-Management-Window bereits eine einfache Content-Management-Lösung für die Entwicklung und die Webseiten-Pflege im Team realisieren.





Alles im (Zu-)Griff

Ergänzend zum Site Management Window hat Dreamweaver 4 neu das sogenannte Asset Panel spendiert bekommen. Damit lassen sich alle Ressourcen der gesamten Site an einem zentralen Ort verwalten. Dazu gehören Grafiken, Farben, externe URLs, Scripts, QuickTime-, Flash- und Shockwave-Inhalte sowie Vorlagen und Bibliothekbausteine.



Zusammengehörende Ressourcen lassen sich in Unterordnern gruppieren. Häufig benötigte Elemente können für schnellen Zugriff in einen Favorite-Folder aufgenommen werden.





Wenig Neues bei UltraDev 4

UltraDev bietet über die Dreamweaver-4-spezfischen Neuerungen hinaus nur wenig zusätzliche Erweiterungen.



Hinzugekommen sind einige neue Server Behaviors, die für das Generieren des ASP-, ColdFusion- oder JSP-Codes zuständig sind. Neu zu finden sind Behaviors, mit denen man ein komplettes Authentifizierungssystem inkl. Passwortschutz auf Seitenebene in seine Site einbauen kann. Zudem wurden auch die Behaviors für das Datenbankhandling verbessert, mit deren Hilfe sich nun auch verlinkte Untertabellen anzeigen, Datenbanknavigationstasten integrieren und Statistikangaben zur aktuellen Tabelle einblenden lassen.




Mit dem Server Behavior Builder können jetzt eigene Behaviors erstellt werden. Auch das Definieren von eigenen Sever-Script-Bibliotheken ist mit diesem Werkzeug möglich. Der JSP-Teil von UltraDev wurde um Support für JavaBeans ergänzt. So können JavaBeans nun als Datenquellen registriert und dadurch direkt aus dem JSP-Code angesprochen werden. Als praktisch erweist sich die Möglichkeit, dass der Entwickler via DataBindings-Fenster per Drag&Drop auf die JavaBean-Properties zugreifen kann.



Echte Innovationen sucht man in UltraDev vergeblich. Es gibt nach wie vor kein PHP-Support, die knifflige Einrichtungsprozedur für die Data-Bindings ist nicht einfacher geworden, und die Unterstützung von ASP-, ColdFusion- und JSP-Code im Editor ist nach wie vor auf ein Minimum beschränkt.



Dass es Macromedia bei der Neuauflage von UltraDev vielmehr darum gegangen sein muss, den Entwicklungsstand mit Dreamweaver synchron zu halten, ist dem Update deutlich anzumerken. UltraDev profitiert vor allem von den reinen Dreamweaver-Verbesserungen. Die zusätzlichen UltraDev-Neuerungen hätten höchstens einen Versionssprung von 1.0 auf 1.1 statt auf 4.0 verdient.



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