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Internes IT Marketing - einfach umsetzen

«Was macht ihr eigentlich den ganzen Tag?» Viele Mitarbeiter der IT-Abteilungen in Unternehmen kennen diese Frage, denn oft genug fehlt ihrem Aufgabenfeld die unternehmensweite Sichtbarkeit und die Transparenz. Diesem Manko kann mit internem IT-Marketing begegnet werden.
Von Dr. Martin Müller, Geschäftsführer Service Management AG, Zug.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/02

     

Herausforderung

Die mangelnde Akzeptanz der IT entsteht unter anderem, weil die meisten Geschäftsbereiche oder Abteilungen eines Unternehmens heute als Profit-Center agieren oder zumindest sichtbar zum Erfolg des Unternehmens beitragen, wie z.B. Vertrieb, Entwicklung oder auch Produktion. Die IT dagegen verursacht Kosten, die auf alle Abteilungen gleichmässig umgelegt werden und diese entsprechend belasten.
Die IT hat somit häufig ein Positionierungsproblem, weil sie ihre Leistung nicht in „Unternehmenswährung“ umrechnen kann. Darüber hinaus hat die IT nach wie vor ein Problem mit der Kommunikation gegenüber dem Business. Die IT produziert Mehrwert, ist aber nicht in der Lage, die Ergebnisse im Unternehmen zu «verkaufen». Die mangelhafte Kommunika-
tion ist eine typische „Technikerkrankheit“.
Die Schlüsselfrage, welche sich aufdrängt ist: Wie positioniert sich die interne IT und wie wird die IT von aussen wahrgenommen?
Es gibt Mittel und Wege, um diese Positionierung transparent zu machen und die Innen- mit der Aussenwahrnehmung wieder in Einklang zu bringen.


Lösungsansatz: Internes IT Marketing aufbauen

Die Lösung dieses Problems ist gar nicht so schwierig. Die klassischen Marketing-Instrumente nach Seiler mit Produkt-/Servicemix, Produkteentwicklung, kundengerichtete Kommunikation und PR, Verkaufsförderung, „persönlicher Verkauf“ und „Pricing“ bieten eine hervorragende Basis für den Aufbau des internen IT-Marketings.
Wie jedes Unternehmen muss sich auch die interne IT-Abteilung entscheiden, wie sie sich positionieren will, beispielsweise ob sie als Billig-Provider oder Qualitätsanbieter auftreten will. Wenn die Anwender wissen wollen, warum etwas in der IT-Abteilung teuer sei und länger dauert als erhofft, sollen sie eine plausible Antwort bekommen - und zwar ein- und dieselbe, egal, welchen IT-Mitarbeiter sie auch fragen.
Dazu gehört auch das Reden über die eigene Leistung. Die meisten machen einen sehr guten Job, vergessen aber das Marketing. Wenn die interne IT ihre Aussenwirkung verbessern will, muss sie sich hier Kompetenz aneignen.
IT-Marketing ist nicht delegierbar, sondern Chefsache.Was ist nun internes IT-Marketing? IT-Marketing ist eine unternehmerische Denkweise, die den Kunden mit seinen Wünschen und Anforderungen in den Mittelpunkt aller (unternehmerischen) IT-Aktivitäten stellt (in Anlehnung an A. Seiler, Marketing).



Wichtigste Themenschwerpunkte, die nun im Rahmen des Aufbaus des internen IT-Marketings geklärt werden müssen, sind:




Fokus 1: Ziele, Prinzipien, Aufgaben des IT-Marketings

- Wer sind die internen Kunden?

- Was sind die Anforderungen der internen Kunden?

- Welche Ziele soll das interne IT-Marketing erreichen?

- Welche Aufgaben soll das interne IT-Marketing übernehmen?



Fokus 2: Produkte- und Servicemix

- Wie kann der Produkte- und Servicemix strukturiert und positioniert werden?

- Wie sollen die Produkte und Services weiterentwickelt werden?



Fokus 3: Kundenbetreuung

- Wie sollen interne Kunden betreut werden?



Fokus 4: Kommunikation und PR

- Was soll kommuniziert werden?

- Welche Botschaften sollen transportiert werden? Wo ist der grösste Kommunikationsbedarf?

- Wie kann die IT-Strategie transparent gemacht werden?



Allerdings sind vorgängig noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Marketingstrategien sind, dass die


- IT-Strategie festgelegt ist

- (IT-) Geschäftsleitung ein überzeugendes Commitment abgelegt hat

- richtigen Mitarbeiter an Bord sind



Nachdem diese Voraussetzungen erfüllt sind, geht es an die eigentliche Umsetzung. Es bietet sich an, Schritt für Schritt die obengenannten Fragen zu lösen.


Das strukturierte Vorgehen mit den 4 Fokusbereichen hat sich schon im Rahmen zahlreicher Projekte bewährt:


- Fokus 1: Ziele, Prinzipien, Aufgaben des internen IT-Marketings formulieren

- Fokus 2: Produkte- und Servicemix etablieren und Produktentwicklung sicherstellen

- Fokus 3: Kundenbetreuung etablieren

- Fokus 4: Kommunikation und PR aufbauen

Fokus 1: Ziele, Prinzipien und Aufgaben des internen IT-Marketings formulieren

Ziel des Fokus 1 ist es, Klarheit über die Eckpfeiler und den Auftrag für das interne IT-Marketing zu gewinnen.
Welche Auswirkungen hat die IT-Strategie auf das interne IT-Marketing? Welche Anforderungen werden an das interne IT-Marketing gestellt? Dies sind die ersten Fragen, die man sich beim Aufbau des internen IT Marketings stellen muss. Daraus lassen sich die Ziele ableiten. Mögliche Ziele des internen IT-Marketings sind:


- IT-Strategie für alle (IT intern und im Business) transparent kommunizieren


- Image der IT drastisch verbessern

- Leistungen der IT transparent machen

- Business Anforderungen verstehen und regelmässig hinterfragen

- Business Kunden professionell betreuen

- Positionierung der internen IT klären und festlegen

Diese Zielbestimmung ist Basis für ein grobes IT-Marketing Konzept.




Das IT-Marketing Konzept sollte umfassen:


- Vision des internen IT-Marketings: Mit wenigen Worten soll der „Fixstern“ und damit die mittelfristige Ausrichtung des internen IT-Marketings definiert werden. Mögliche Visionen können sein:

- Das interne IT-Marketing fördert Akzeptanz und Transparenz der internen IT-Leistungen

- Das interne IT-Marketing forciert IT-Innovationen und Kostentransparenz

- Prinzipien: Prinzipien sind die Eckpunkte des internen IT Marketings. Sie dienen der Orientierung im Verlauf des Geschäftsjahres. Mögliche Prinzipien sind u.a.: Nutzung bestimmter Technologien (wie Intranet), Einsatz von externen Ressourcen, um Belastungsspitzen zu brechen und der Einsatz von best practice Methoden.

- Funktionen und Aufgaben: Die wichtigsten Aufgaben leiten sich aus den klassischen Marketing-Instrumenten ab. Dazu gehören u.a. Produkte/Leistungen positionieren, managen und weiterentwickeln, Service Level Management betreiben, IT-Öffentlichkeitsarbeit durchführen, Kunden betreuen.

- Budget und Personalressourcen: Ein IT-Marketing ohne eigene Ressourcen und Budget ist nicht überlebensfähig.

- Entwicklung der nächsten 12 Monate: Idealerweise wird eine Roadmap mit den wichtigsten Meilensteinen festgelegt.

Meilensteine können z.B. sein: „Kundenbetreuung etabliert“ oder „Servicekatalog definiert“.

Fokus 2: Produkte- und Servicemix der internen IT etablieren und Produktentwicklung sicherstellen

Ziel des Fokus 2 ist die Etablierung eines Produktmanagements im klassischen Marketinggedanken. Der Produkte-/
Servicemix umfasst alle Leistungen, die durch die IT erbracht werden. Erster Schritt ist immer die Übersicht über sämtliche IT-Leistungen. Diese Übersicht führt zu einem Leistungskatalog. Die Transparenz der IT verbessert sich weiter, wenn dann diese IT-Leistungen schriftlich in Service Level Agreements festgehalten werden. Eine Kunst ist es, diese SLAs so flexibel wie möglich, aber so detailliert wie nötig aus Kundensicht zu formulieren. Folgende Fragen sind zu beantworten: Welche Leistungen müssen wir mit oberster Priorität weiterentwickeln? Welche Leistungen erbringen wir? Welche Leistungen sind überflüssig? Welche Leistungen müssen wir in 2-3 Jahren erbringen? Oder, welche Leistungen kaufen wir ein?
Im Rahmen der Produktentwicklung soll das interne IT-Marketing Anstösse geben für neue IT-Leistungen. Die Produktentwicklung sichert die Wettbewerbsfähigkeit der IT.


Fokus 3: Kundenbetreuung etablieren

Ziel des Fokus 3 ist es, eine professionelle und strukturierte Betreuung und Beratung der Kunden aufzubauen. Die professionelle Betreuung erfordert motivierte, gut qualifizierte, verhandlungssichere und kommunikative Mitarbeiter.
Wer sind aber überhaupt die Kunden der IT-Abteilung? Sind es die Anwender? Sind es Bereichsleiter? Sind es Anwender ausserhalb des Unternehmens? Zu Beginn müssen diese Fragen geklärt werden. Erst dann kann man sich Gedanken machen, wie die einzelnen Kunden betreut werden sollen. Bei den Anwendern beispielsweise steht die Zufriedenheit im Vordergrund, bei den Bereichsleitern steht die beratende „verkäuferische“ Betreuung im Vordergrund.
Am besten startet die Kundenbetreuung mit einer gezielten Kundenbefragung. So erhält man eine Übersicht über die wichtigsten Anforderungen und die grössten Herausforderungen. Der eigentliche Aufbau der Kundenbetreuung orientiert sich dann am besten am Konzept des Key Account Managements. Idee ist es, die wichtigsten Kundensegmente jeweils separat und individuell zu betreuen. Für die entscheidenden Unternehmensbereiche, wie beispielsweise Marketing, Finanzen, Produktentwicklung und Vertrieb können eigene Verantwortliche ernannt werden. Ihre Aufgabe besteht darin, sich zunächst anzuhören, wo die Anwender der Schuh drückt, dies mit den betroffenen IT-Bereichen zu diskutieren, Lösungen zu erarbeiten und diese dem Kunden zu kommunizieren.
Ein weiterer Punkt ist die VIP-Behandlung für die Geschäftsleitung und «Meinungsbildner». Dazu gehören auch AssistentInnen. Diese sind tagtäglich mit vielen Kunden und Mitarbeitern in Kontakt.



Einige weitere konkrete Vorschläge zur Kundenbetreuung sind:


- Teilnahme an den wöchentlichen GL-Sitzungen mit Präsentation aktueller IT-Themen

- quartalsweise stattfindendes IT-Informations-Meeting mit der gesamten Belegschaft

- Vor-Ortbesuche (etwa einmal im Jahr)

- zweimal jährlich Treffen mit Schlüsselanwendern

- regelmässige Beiträge zu Mitarbeiterzeitungen und Intranet-News-Diensten

- regelmässige Besprechung mit dem CEO

- Etablierung eines IT-Lenkungsausschusses

- aktive Einbindung der Fachbereiche in die Budgetplanung

- IT-Helpdesk-Newsletter und -Reporting

- Jour-Fixes mit wichtigen Fachbereichen

- "Management by walking around", um den Business-Kollegen Gelegenheit zur Kontaktaufnahme zu geben

Fokus 4: Kommunikation und PR aufbauen

Ziel des Fokus 4 ist der Aufbau der Kommunikation und der PR bzgl. IT-Leistungen. Die interne und externe Kommunikation ist ein essenzieller Bestandteil des «internen IT-Marketing». Kommunikation ist ein wichtiger Eckpfeiler für das interne Marketing. Kommunikation meint in diesem Zusammenhang: Kommunikation intern und Kommunikation extern. Kommunikation intern ist die Information der IT-Mitarbeiter über relevante (interne) IT-Themen. Dazu gehört auch das Bereitstellen von Standardpräsentationen oder die Information über laufende und geplante Projekte. Die externe Kommunikation richtet sich an die verschiedenen Anspruchsgruppen der Informatik. Sie dient der Information über neue IT-Leistungen, Neuigkeiten aus der IT und soll auch Plattform sein, über erfolgreich abgeschlossene Projekte zu informieren.



Ein heikles Thema ist die Selbstdarstellung des CIO (Personenmarketing): Hier gilt es das richtige Mass zu finden. Das ist umso wichtiger, als zum Personen-Marketing auch die Darstellung der IT ausserhalb des Unternehmens gehört. Regelmässige Kontakte zur Presse sowie die Teilnahme an Messen, Kongressen, Fachgruppen und Arbeitszirkeln gelten längst als sinnvoll und notwendig.
Zur Optimierung der Ressourcen des internen IT-Marketings kann man auch auf die unternehmenseigene Marketing-Kommunikation zurückgreifen. Newsletter, Flyer oder andere Formen der Information lassen sich evtl. mit Hilfe des Marketings erstellen.



Einige Ideen zur Umsetzung der Kommunikation:


- Erarbeitung von Sprach- und Kommunikationsregeln für wichtige IT-Themen

- Erarbeitung eines Kommunikationsplans mit:

- Themen

- Zielgruppen

- Instrumente (z.B. Intranet, Teamleitermeetings, Termine)

- Interner Tag der „Offenen Tür“(z.B. alle 6 oder 12 Monate)

- Interne IT-Messe mit Zulieferern (z.B. alle 6 oder 12 Monate)

- Interne IT-Konferenz mit (z.B. alle 6 oder 12 Monate)

- Vorstellung von Trends und wichtigen IT-Projekten

- Einladung von externen Referenten und IT-Firmen

- Etablierung eines internen „Clubs“(z.B. einmal pro Monat oder pro Quartal)

- Know-how Austausch

- Diskussion der Schnittstellenbereiche und den damit verbundenen Problematiken

Erste Massnahmen konsequent umsetzen

Selbst mit geringem Aufwand lassen sich schon relativ grosse Effekte erzielen. Zum Schluss noch acht «goldene Regeln» für den Erfolg des internen IT-Marketings:




1. Authentizität: nicht zu viel versprechen

2. Kontinuität: Eine einmalige Aktion verpufft schnell. Besser Schwerpunkte bilden, diese konsequent verfolgen und wiederholt darüber kommunizieren

3. Jahresplan und Kontrolle: IT-Marketingplan etablieren und einhalten, sonst geht die Kommunikationsarbeit im arbeitsreichen Tagesgeschäft der IT-Abteilung unter

4. Das magische Dreieck: Kombination von Projekt-, Personen- und Bereichs-Marketing

5. Augenmerk auf alle Phasen: Vorhaben sind sowohl vorher als auch begleitend und retrospektiv zu vermarkten

6. Anspruchsgruppengerecht kommunizieren: Jeder möchte nur genau die Informationen, die für ihn wichtig sind. Der IT-Controller ist an den Kennzahlen interessiert, die Anwender interessieren sich für die Verbesserungen an ihrem Arbeitsplatz

7. Verankerung in der IT-Organisation: Die Themen müssen in der IT-Organisation gelebt werden. Jeder IT Mitarbeiter ist ein Repräsentant der IT im Unternehmen

8. Budget bereitstellen - auch IT Marketing kostet Geld: Und das muss eingeplant und bereitgestellt werden




Abb. 1: Entwicklung des Kommunikationsplans




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