Spielerisch zum Wohnzimmer-PC?
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2007/11
Dass Sonys Playstation 3 mehr sein will als nur eine Daddel-Kiste, ist hinlänglich bekannt. Die PS3 soll das Zentrum im Wohnzimmer werden, und nach dem Release der neuesten Firmware ist es gar möglich, die Konsole als Streaming-
Client für Inhalte eines Medien-
Servers zu nutzen.
Nicht zuletzt unterstützt Sony zudem direkt die Installation eines alternativen Betriebssystems – genaugenommen Linux. Für die Konsole gibt es verschiedene Distributionen – am spannendsten dabei ist sicher Yellow Dog Linux (YDL), in der Version 5.0 explizit auf die PS3 zugeschnitten. InfoWeek hat die Kombination ausprobiert. Soviel gleich vorweg: Die Installation von YDL auf der Spielkonsole als Zuckerschlecken zu bezeichnen, wäre falsch. Doch sie ist – auch für einen absoluten Linux-Novizen (wie im vorliegenden Szenario) – in einigen Stunden und mit den richtigen Tutorials aus dem Netz machbar. Doch: Den Massenmarkt wird man damit kaum erobern können, dafür wird beim User zu viel vorausgesetzt.
Bevor überhaupt an eine Installation gedacht werden kann, muss die 60-GB-Harddisk der PS3 entsprechend formatiert werden. Im Konsolen-Menü finden sich die dazu nötigen Optionen.
Nach dem Download der rund 3,5 GB grossen ISO-Datei von YDL 5.0 muss das OS auf eine DVD gebrannt werden, ausserdem muss der Yellow-Dog-Bootloader auf einen USB-Stick gebannt und auf der Konsole installiert werden. Auch dieser Schritt ist noch relativ einfach, schliesslich findet sich im PS3-Menü der Punkt «Anderes System installieren».
Um die Schwierigkeiten der Installation zu erklären, muss man etwas ausholen. YDL setzt für eine grafische Installation eine Auflösung von 720p voraus, die nur erreicht wird, wenn die Konsole via HDMI angeschlossen wird. Wer seinen Bildschirm oder Beamer jedoch mittels Composite-Kabel angeschlossen hat, kann entsprechend nur PAL-Auflösung (576i) nutzen und muss mit einer textbasierten Installationsroutine vorliebnehmen. Das Ganze ist, wie erwähnt, machbar; ohne Linux-Kenntnisse braucht man aber ein Tutorial.
Ist die Installation geschafft, bekommt man tatsächlich ein umfassendes OS auf einer Spielkonsole vorgesetzt, das darüber hinaus üppig mit Software ausgestattet ist. Es finden sich jede Menge Anwendungen, von Firefox über den Mail-Client Thunderbird, die Grafiklösung Gimp bis hin zu OpenOffice und noch vielem mehr. So kann man – der Anschluss von USB-Maus und -Tastatur ist für den Betrieb von YDL Voraussetzung – auf dem Sofa im Internet surfen, Bilder bearbeiten, Dokumente verfassen und vieles mehr. Der Wohnzimmer-PC ist also Realität.
Perfekt ist das Glück aber nicht. Zum ersten ist die Performance – trotz der unglaublich leistungsfähigen Cell-CPU der PS3 – nicht berauschend. Dies aus dem Grund, weil Sony Linux den direkten Zugriff auf die Hardware verweigert und das OS daher virtualisiert läuft. Bis YDL zudem gestartet ist, dauert es gut und gerne zwei Minuten. Auch ist es nicht möglich, Flash-Websites oder PDFs auf der Konsole anzugucken, ganz einfach deshalb, weil es keine entsprechenden Plug-ins für die Plattform gibt. Das grösste Manko beim Test ist jedoch wieder beim Display zu suchen. Ist kein HD-fähiger Fernseher oder Beamer vorhanden, muss man mit PAL-Auflösung vorliebnehmen. Und mit PAL-Auflösung PC-Anwendungen zu nutzen, macht einfach nur beschränkt Spass. Wer das nachvollziehen will, kann seine Monitorausgabe beim PC mal auf VGA runterschrauben.