Breitband liegt in der Luft

In grossen Teilen des Landes kann schon heute mobil gesurft werden. Dank HSDPA und WiMax soll dies künftig noch schneller gehen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/09

     

Obwohl man UMTS heute – zumindest auf Anwenderseite – noch bei weitem nicht als etablierte und verbreitete Technologie bezeichnen kann, geht der Fortschritt bei den Mobilfunkanbietern unaufhörlich weiter. Das auf der UMTS-Technologie basierende HSDPA (High-Speed Downlink Packet Access) wird bereits eingeführt, und für WiMax – von gewissen Kreisen als «the next big thing» bezeichnet – sollen bereits im Juni von der ComCom Konzessionen vergeben werden (siehe Kasten S. 46). Ob, wann und in welcher Form WiMax realisiert wird, ist derweil noch einigermassen unklar. Umso konkreter sieht es bei HSDPA aus.


HSDPA ist da

Wie so oft bei neuen Mobil-Technologien ist Swisscom Mobile als erster Anbieter auf dem Markt präsent. In den Städten Bern, Genf und Zürich wurde mit der Versorgung erster Gebiete begonnen, bis Jahresmitte soll die umfassende Abdeckung in diesen Städten gewährleistet sein. Bis Jahresende werden die Städte Basel, Lausanne, Luzern und St. Gallen folgen. Das entspricht in etwa einer Bevölkerungsab­deckung von 40 Prozent. Mittelfristig wird mit HSDPA dieselbe Abdeckung wie mit UMTS angestrebt (aktuell rund 90 Prozent der Bevölkerung). Vorerst steht HSDPA nur für die Datenkommunikation, entweder über die Unlimited PC Card 5in1 oder über die brandneuen Embedded Notebooks (siehe Kasten), zur Verfügung. Erste HSDPA-Handys könnten aber noch im ersten Halbjahr erscheinen, so die Swisscom.






Die Technologie, gemeinhin auch als UMTS-Nachbrenner (basiert auf demselben WCDMA-Standard) bezeichnet, wird primär die mobile Datenübertragung schneller machen. Neue Anwendungen sind hingegen nicht absehbar, denn «Applikationen werden nicht primär technologieabhängig entwickelt. Bei deren Entwicklung werden schlicht Bandbreitenvorteile genutzt, die den Diensten eine gewisse Qualität sichern», führt Carsten Krenz, PR-Manager bei Swisscom Mobile aus.


ADSL-Ersatz?

Mit Sicherheit wird HSDPA das Mobilnetz attraktiver machen als Alternative zu einem fixen ADSL-Anschluss – auch wenn diese Möglichkeit von den Herstellern nicht aktiv gepusht wird. Doch Orange beispielsweise erwähnte schon bei der Einführung von UMTS zusammen mit einer 49-Franken-Quasi-Datenflatrate, dass die Technologie für gewisse Nutzer anstelle eines fixen Internetanschlusses Sinn machen kann. HSDPA verstärkt dieses Argument, denn während mit UMTS Download-Raten im Bereich von 350 kbps erreicht werden, verspricht der Nachbrenner 1,8 Mbps. Getrübt wird die Freude jedoch durch den beschränkten monatlichen Datendurchsatz (deshalb Quasi-Flat­rate). Das Orange-UMTS-Angebot beispielsweise beinhaltet monatlich 2 Gigabyte Traffic. Genau gleich viel gibt’s bei Swisscoms Unlimited-Angebot für 79 Franken. Für einen Durchschnitts-User mag dies reichen. Bei VoIP-Nutzung, Streaming oder häufigen Downloads von Multimedia-Dateien hingegen sind 2 GB schnell erreicht – und dann wird‘s teuer.






Die Beschränkung ist beispielsweise bei der Swisscom sicher auch darauf zurückzuführen, dass man nicht die eigenen ADSL-Anschlüsse konkurrenzieren will, auch wenn das Carsten Krenz anders sieht: «Es geht vorderhand nicht um Konkurrenzierung, sondern um Dienstequalität und Frequenzökonomie. Flatrates laden zu intensiver Nutzung ein – das ist gewollt und gut. Würden aber alle Mobilfunkteilnehmer zum Beispiel permanent streamen, kämen die Netze aufgrund ihrer heutigen Beschaffenheit ans Limit.»
Bei Orange hingegen gehen Brancheninsider – aufgrund des fehlenden Internetangebots – davon aus, dass spätestens mit der Einführung von HSDPA im Laufe dieses Jahres der mobile Internetzugang als Alternative zum Festnetz vermehrt gepusht werden dürfte.
Sunrise als dritter grosser Mobilanbieter hat bislang nach eigenen Angaben ein HSDPA-Pilotnetzwerk eingerichtet. Weitere Entscheide stehen derzeit noch aus.


WiMax als Campus-Lösung

Während HSDPA als Technologie im kleinen Rahmen also bereits verfügbar ist, herrscht bei WiMax derweil weitgehend noch Unklarheit. Sunrise beispielsweise gibt kurz und bündig zu Protokoll, dass man sich um eine WiMax-Lizenz beworben habe und dass «Wireless Broadband prinzipiell als Alternative zu ADSL» gesehen wird. Bezüglich der Einsatzgebiete seien aber noch keine Entscheide gefallen. Orange hat sich erst gar nicht um eine Lizenz bemüht, stellt aber in Aussicht, dass man sich dereinst gegebenenfalls eine Zusammenarbeit mit einem Anbieter – ähnlich wie heute im WLAN-Umfeld – überlegen könnte.





Auch die Swisscom legt nur mässig Begeisterung an den Tag. Carsten Krenz: «Für einen Technologie-Betreiber ist jede Technologie interessant. Swisscom hat sich auch um eine WiMax-Lizenz beworben. Für einen Netzbetreiber ist sie allerdings nicht überlebenswichtig, da es sich eher um eine ergänzende Technologie zum Festnetz handelt. HSDPA und ab 2007 HSUPA stehen in nächster Zeit klar im Vordergrund.» Am ehesten sieht Krenz WiMax heute als Campus-Lösung oder vielleicht noch als ADSL-Substitut für Gebiete, in denen die Grundversorgung übers Kabel nicht möglich ist. Doch für Details sei es noch zu früh, allein schon deshalb, weil man noch nicht weiss, bis wann alle Standards verabschiedet sind und die Technologie bereitsteht.






Diese Meinung nicht teilen dürfte der Internet-Provider TIC (ehemals Via Net.Works). Die Firma hatte im vergangenen Jahr eine Konzession für den WiMax-Testbetrieb in Zürich und Genf erhalten, die noch bis 31. Mai gültig ist. Sollte TIC eine schweizweite Lizenz vom Bakom bekommen, verfolgt der Provider hochfliegende Pläne: «Über ein flächendeckendes WiMax-Netz, kombiniert mit WLAN-Standorten, wollen wir Firmen drahtloses Internet anbieten. Daneben streben wir Mobiltelefonie via IP, Fernsehen und die Umgehung der letzten Meile an, alles via WiMax.» Finanziert werden soll das Ganze über chinesische Investoren. TIC ist emsig im Reich der Mitte aktiv und verfügt über entsprechende Kontakte. Der WiMax-Aufbau soll, die entsprechende Standardisierung vorausgesetzt, rasch vonstatten gehen. Bereits Ende 2006 will TIC erste Dienste in gewissen Regionen der Schweiz anbieten.


Hardware für die HSDPA-Nutzung

HSDPA kann zum einen mit der Unlimited PC Card 5in1 von Swisscom Mobile genutzt werden. Dabei handelt es sich um eine PC-Card, welche die Technologien GPRS, EDGE, UMTS, HSDPA und WLAN integriert und die beim mobilen Surfen automatisch und unterbruchsfrei auf die schnellste verfügbare Technologie wechselt (seamless handover). Zum anderen werden in den nächsten Wochen die ersten sogenannten Unlimited Notebooks erscheinen.






Diese Embedded Notebooks – eine Partnerschaft von Swisscom und Acer sowie Fujitsu-Siemens – verfügen über die gleichen Zugangstechnologien wie die PC-Card. Diese sind jedoch, genauso wie die SIM-Karte, direkt im Notebook integriert. So wird also für den mobilen Internetgebrauch keine zusätzliche Hardware nötig. Ausserdem sind die Geräte so aufgesetzt, das quasi vom ersten Aufstarten an gesurft werden kann. Die Preise für die Geräte hat die Swisscom bis heute noch nicht kommuniziert. Ganz billig werden sie jedoch kaum sein. Fujitsu-Siemens beispielsweise liess verlauten, das Embedded Notebook Lifebook Q2010 ab rund 4000 Euro zu verkaufen. Möglich ist aber, dass die Swisscom die Rechner zusammen mit einem Abo subventioniert verkauft. Besagtes Abo kostet 79 Franken und beinhaltet einen Datentransfer von 2 GB pro Monat. Für Gelegenheitsnutzer findet sich zudem ein Tarif für 39 Franken pro Monat, der 12 Stunden Nutzung beinhaltet (jede weitere Stunde 3.25 Franken). Für User, die kein Abo wollen, wird zudem ein Zugang zum Swisscom-Netz für 5 Franken pro Stunde geboten.


WiMax-Lizenzvergabe im Juni

Das Bakom hat für die Schweiz drei WiMax-Konzessionen zu vergeben. Zahlreiche Bewerbungen seien dafür eingegangen, heisst es. ­Angebote können nun bis zum 6. Juni verdeckt abgegeben werden und sind nicht steigerbar. Die Namen der Teilnehmer werden erst nach Auktionsschluss bekanntgegeben. So will man Absprachen verhindern. Deshalb kann über die Bewerber nur spekuliert werden. Sicher ist, dass die Swisscom, Sunrise und TIC ein Gebot plaziert haben. Orange hat kein Interesse, die Cablecom darf nicht teilnehmen. Dies, weil Priority Wireless – ebenfalls eine Tochter der Cablecom-Besitzerin Liberty Group – im Jahr 2000 eine WLL-Konzession (Wireless Local Loop) ersteigerte. Wer bereits eine WLL-Konzession besitzt, wurde von der WiMax-Auktion ausgeschlossen. Am 8. Juni will das Bakom die Auktionsgewinner bekanntgeben.





Das leisten mobile Breitbandzugänge

(mw)


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