IT Realities: Frauen im IT-Kader - Nicht nur Herz, auch Köpfchen

Sind Frauen in der nüchternen Welt der Bits und Bytes aber nicht eine grosse Ausnahme? Bringt es für IT-Betriebe überhaupt Vorteile, Frauen anzustellen - vor allem Quereinsteigerinnen?

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2001/17

     

Karriere zu machen - das Alltäglichste in der Männerwelt - war für Frauen einst beinahe unmöglich. Intelligenten und leistungswilligen Frauen stellten sich die vielfältigsten Hürden in den Weg. Die Zurücksetzung war mit einer versteckten Rückkoppelung gesichert: Es war Frauen nicht möglich, Erfahrung an verantwortlicher Stelle zu gewinnen. Und damit schien sich die Aussage über die mangelnden Fähigkeiten der Frauen selbst zu bestätigen. Das Resultat: Die Karrieremöglichkeiten beschränkten sich auf zwei Welten - auf Küche und Kinderzimmer.



Dass die Verhältnisse nicht mehr so ausweglos sind, wurde mir auf einem kürzlichen Flug nach Paris erneut bewusst: Die Dame in dem eleganten Hosenanzug, die sich neben mich gesetzt hatte, vertiefte sich bereits vor dem Start in eine Informatikzeitschrift. In dem Gespräch, das zustande kam, stellte die Mitreisende nicht nur ein klares Urteil für die neuesten IT-Trends unter Beweis, sondern sie erzählte mir auch, wie es ihr gelungen war, eine ganze Abteilung für ein Projekt zu begeistern, das anfänglich auf Ablehnung gestossen war.




Ein kleines Detail fiel kaum auf: Der Laptop, den ich im Aktenkoffer meiner Sitznachbarin bemerkte, blieb bis zur Landung unbenutzt. "Störungen im Navigationssystem des Flugzeugs kann das Ding keine verursachen. Dafür kommen nur Modelle in Frage, die über ein eingebautes CD-ROM verfügen", spielte sie auf das Verbot an, im Flugzeug Computer zu benutzen. "Aber es ist aussichtslos, so etwas zu erklären", fügte sie hinzu.


Erfolgsfaktoren

Die Auskunft, die ich von der Unbekannten erhielt, als ich sie nach ihrem Beruf fragte, erstaunte mich darum wenig. Sie war Abteilungsleiterin im IT-Bereich einer Bank. Im Grunde lag die gute berufliche Position meiner Mitreisenden auf der Hand: In der kurzen Zeit, in der ich mich mit ihr unterhalten hatte, stellte sie mehrere Eigenschaften unter Beweis, die zu den Erfolgsfaktoren des modernen Arbeitslebens gehören. Sie besass nicht nur grosse technische Kenntnisse, sondern auch soziale Kompetenz und ein sicheres Augenmass für das Mögliche.



Karriere machen heisst in der Tat zu einem grossen Teil, verschiedene und oft widersprüchliche Eigenschaften auf denselben Nenner zu bringen. Vorgesetzte müssen daher nicht nur über ein ausgezeichnetes Allgemeinwissen verfügen, sondern in ihrem Fachbereich auch eingehende Detailkenntnisse vorweisen können. Sie haben kompromissbereit zu sein und dürfen ihr Ziel dennoch nicht aus den Augen lassen.




Sind Frauen in der nüchternen Welt der Bits und Bytes aber nicht eine grosse Ausnahme? Bringt es für IT-Betriebe überhaupt Vorteile, Frauen anzustellen - vor allem Quereinsteigerinnen? Die Antwort ist ein uneingeschränktes Ja. Die Frauen, die in unserem Unternehmen tätig sind, erwiesen sich alle als Gewinn. Der erste Faktor, der uns nach der Anstellung ins Auge fiel, war die Verbesserung des Arbeitsklimas. Der Grund: Die männlichen Kollegen achten plötzlich besser auf ihre Umgangsformen. Die Tendenz zum entgegenkommenden Ton hat auch andere Ursachen. Frauen stehen weniger unter Druck, Familie und Freunden etwas beweisen zu müssen. Im Klartext also einen Chefposten zu ertrotzen, koste es, was es wolle. Mit der geringeren Versuchung, Erfolge erzwingen zu wollen, steigt die Bereitschaft zum Austausch mit den Kollegen. Und damit vermindert sich die Gefahr, aus Prestigegründen Einwände in den Wind zu schlagen und sich bei Projekten kräftig zu vergaloppieren.




Eine bewusste Wahl

Ein weiterer Faktor zeigt sich erst nach einiger Zeit: die hohe Leistungsbereitschaft der IT-Spezialistinnen. Frauen, die einen technischen Beruf ergreifen, haben eine bewusste Wahl getroffen, sind entsprechend motiviert. Der Faktor hat eine positive Nebenwirkung. Welcher Mann will schon zurückstehen, wenn die Quereinsteigerin eine rasche Lernfähigkeit an den Tag legt und in den neuesten Programmiersprachen bald brillante Kenntnisse vorweisen kann?



Stehen der beruflichen Tätigkeit aber nicht Heirat und Kinderkriegen entgegen? Moderne Frauen haben längst gelernt, damit umzugehen. Bei der Vielzahl technischer Haushalthilfen und dem dichten Angebot an Kinderbetreuungsstätten wächst die Möglichkeit, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Die Firmenleitung kommt dem auch oft entgegen: Fortschrittliche Unternehmen zeigen gegenüber Mitarbeiterinnen mit Kindern gern Flexibilität.




Beweisen also Arbeitgeber, die Frauen eine Karriere ermöglichen, vor allem Herz? Mehr als das - sie zeigen auch Köpfchen. Die Kundenbindung in von Frauen betreuten Mandaten ist in der Branche sehr hoch.



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