Schlaue Speicher sparen Kosten

Mit hierarchischem Speicher-Management (HSM) können Firmen mit steigender Datenmenge immer mehr an Kosten einsparen.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/03

     

Ein Aktenschrank im Grossraumbüro, vollgestopft mit Hängekartons und losen Blättern, die schon seit Monaten oder Jahren niemand mehr angefasst hat – so sehen bildhaft dargestellt die Speichersysteme der meisten Schweizer Firmen aus. Es leuchtet ein, dass mit solchen Ablagen effizientes Arbeiten schwierig ist und allein durch den von veralteten Daten beanspruchten teuren Speicherplatz unnötig Kosten verursacht werden. Eine Umfrage unter 170 Schweizer Unternehmen hat ergeben, dass geschäftsrelevante Daten entweder lokal im Server-System oder zentral auf einem Datenspeichersystem aufbewahrt werden. Erst die Hälfte aller Firmen setzt dabei eine SAN- oder NAS-Lösung ein. Im Durchschnitt beträgt die auf Fileservern gespeicherte Datenmenge 1 Terabyte. Das jährliche Wachstum wird von den Unternehmen im Schnitt pro Jahr auf 33 Prozent geschätzt. Erstaunlicherweise sind nur gerade 10 bis 20 Prozent dieser Daten regelmässig in Gebrauch.






Die Unternehmen haben sich – so die Ergebnisse der Umfrage – bis jetzt kaum tiefergehend mit den Fileserver-Daten und deren Nutzung auseinandergesetzt. Dem jährlichen Wachstum dieser Daten wurde lediglich durch den Ausbau der bestehenden Datenspeicher­systeme oder der Investition in eine neue Storage-Infrastruktur Rechnung getragen. Der Datenbestand wächst stetig an, weil es oft an Zeit und Know-how mangelt, um die aktuelle Situation zu analysieren. Ausserdem fehlen Vergleichswerte, um das Potential möglicher Einsparungen vorauszusagen.


Altes kostengünstig speichern

Klüger ist es, die Daten auf dedizierte Speichermedien mit unterschiedlichen Kostenstrukturen zu verteilen: Hierarchisches Speicher-Management (Hierarchical Storage Management, HSM) ermöglicht die Auslagerung selten benötigter Daten auf kostengünstigere Speichermedien.
Von HSM kann dann gesprochen werden, wenn die Daten aufgrund von festgelegten Regeln (Policys) automatisch auf unterschiedlichen Speichermedien aufbewahrt werden. Dabei geht es darum, die Daten anhand ihrer Nutzung oder entsprechend gesetzlicher Anforderungen zu klassifizieren und dadurch den jeweiligen Ort der Aufbewahrung zu bestimmen. Oft erfolgt die Auslagerung der Daten auf ein kostengünstigeres Medium nach einer bestimmten Zeit. Damit soll dem Lebenszyklus der Daten Rechnung getragen werden, da diese im Verlauf dieses Zyklus unterschiedlich gebraucht werden. So nimmt ihre Benutzung meist mit der Zunahme des Alters ab, wodurch auch die Relevanz der Informationen sinkt.
Mit geeigneten Soft- und Hardware-Komponenten kann das HSM-Konzept so umgesetzt werden, dass der Endbenutzer keine aktive Rolle bei der Auslagerung seiner Daten übernehmen muss. Aus der Sicht des Anwenders sind die Daten immer vorhanden, auch wenn es beim Zugriff zum Teil etwas länger dauert.


TCO-Modell: Kostenvergleich alt und neu

Bisher fehlten klare Vergleichswerte und praxisnahe Berechnungen, um die Kosten einer klassischen Aufbewahrungslösung – bei der alle Daten auf demselben Storage-Subsystem abgelegt werden – mit einer HSM-Lösung zu vergleichen. Bei den durchgeführten Berechnungen zur Total Cost of Ownership (TCO) wurden vier Kostenarten berücksichtigt,
um eine Gegenüberstellung der beiden Aufbewahrungskonzepte mit betriebwirtschaftlichen ­Kennzahlen zu untermauern. Dies sind zum einen die initialen
Kosten für die Hardware, die Software und die Inbetriebnahme dieser Lösungen. Zusätzlich fallen die laufenden Kosten des Be-triebes für die Dauer von fünf Jahren ins Gewicht – gemäss Umfrageergebnissen werden Investitonen in Storage-Systeme während vier oder fünf Jahren abgeschrieben. Zur Entwicklung eines Modell-Unternehmens wurden auch andere Daten aus der Umfrage hinzugezogen. Daraus ergeben sich folgende Anforderungen:




•von 33%





•Der Modellrechnung liegt ein dreistufiger HSM-Ansatz (Online, Near-Online und Nearline) zugrunde. Um die Kosten zu optimieren, werden die Daten nach einer gewissen Zeit (z.B. drei Monate nach Erstellung) vom Online-Datenspeicher (SCSI, FC) auf einen Near-Online-Datenspeicher (S-ATA, F-ATA) verschoben. Nachdem diese dort wiederum eine Zeit lang gelagert wurden (z.B. 12 Monate), werden sie auf Band landen, wo sie bis zur Löschung aufbewahrt werden.
Damit es möglich wird, den klassischen Ansatz mit dem HSM-Konzept zu vergleichen, müssen die Kosten für die anzuschaffende Hard- und Software im Detail auf der Basis von Listenpreisen minus eines geschätzten Rabattes von 30 Prozent berechnet werden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Komponenten für beide Lösungsansätze verwendet werden kann.





Relevanz der Daten während ihres Lebenszyklus


TCO-Modell in der Praxis

Beim klassischen Ansatz wie auch beim HSM-Konzept werden sowohl disk- als auch bandbasierende Datenspeichersysteme eingesetzt. Da sich die Datenmenge im Verlauf der angenommenen fünf Jahre auf 4 TB erhöhen wird, muss der Online-Datenspeicher beim klassischen Konzept im Minimum diese Datenmenge aufnehmen können.






Zusätzlich muss das diskbasierende Speichersystem eine hohe Verfügbarkeit und schnelle Zugriffszeiten gewährleisten. Aus diesen Gründen eignet sich für unser Modellbeispiel die EVA4000 als Online-Medium. Für den Einsatz als Near-Online-Medium kommt in erster Linie eine MSA1500 in Frage, da diese ebenfalls über redundante Controller verfügt und noch eine ausreichende Zugriffszeit gewährleistet. Durch die Verwendung von S-ATA-Disks stellt dieser Near-Online-Datenspeicher eine preiswerte Lösung dar. Für den bandbasierenden Datenspeicher werden MSL6060 eingesetzt, da dieses Modell über zwei Bandlaufwerke verfügt und bis zu 12 TB an Daten aufnehmen kann. Die Mehrheit der Unternehmen setzt heutzutage Fibre-Channel-basierende Datenspeicher-Systeme ein, wobei sich SAN gegenüber NAS als zentraler Online-Datenspeicher klar durchgesetzt hat. Deshalb baut der Vergleich auf SAN-basierenden Datenspeichersystemen auf. Alle verwendeten Medien können daher an die bestehende SAN-Infrastruktur angeschlossen
werden.





Zum Aufbau dieser Lösungen wird eine Backup-Software und im Fall von HSM eine HSM-Software benötigt, was sich im Gesamtpreis klar zulasten von HSM niederschlägt. Bei der Inbetriebnahme eines neuen Datenaufbewahrungssystems ist Spezialistenwissen gefragt. Die Aufwände für eine klassische Lösung können hier aufgrund von Erfahrungswerten auf 150 Stunden bei 250 Franken pro Stunde veranschlagt werden. Weil mehr Hard- und Softwarekomponenten eingesetzt werden, liegt der Aufwand für eine HSM-Lösung um 40 Stunden höher.
Spricht man von den Kosten für den Betrieb, so sind alle Aufwände gemeint, die aufgrund der eingesetzten Infrastruktur für die Mitarbeiter der Informatik-Abteilung anfallen. Die Kosten für den Betrieb der jeweiligen Datenaufbewahrungslösung sollen hier wiederum für die kommenden fünf Jahre berechnet werden – ohne Aus- und Umbauten, da das Wachstum bereits miteinberechnet wurde. Laut den Ergebnissen der Umfrage kann der interne Ansatz mit 72 Franken pro Stunde veranschlagt werden. Durch den Wegfall des wöchentlichen Kassettenwechsels und des geringeren zu sichernden Datenvolumens fällt hier beim HSM Konzept ein kleinerer Aufwand an; dieser steigt aber durch die Betreuung und die angenommene höhere Fehleranfälligkeit der zusätzlichen Komponenten wieder an, so dass sich beide Lösungen punkto Betriebskosten ebenbürtig sind.




Die Gegenüberstellung zeigts: HSM ist günstiger


TCO Resultate sprechen für HSM

Etwas anders sieht das Gesamtbild aus. Vergleicht man die Kostenstruktur der beiden Speicher-Lösungen, fallen zwei Dinge auf: Im HSM-Ansatz fällt der Hardware ein etwas geringeres Gewicht zu – umso stärker beeinflusst die Software das Endergebnis. Dieses fällt zugunsten von HSM aus. Sein TCO ist in unserem Beispiel um 16'000 Franken geringer als bei der klassischen Methode der Datenaufbewahrung. Dies bedeutet bei der gleichen Leistungsfähigkeit eine Kostenreduktion von 5 Prozent im Zeitraum der kommenden fünf Jahre.
Fazit: Bereits Unternehmen mittlerer Grösse sollten sich bei der nächsten Investition das HSM-Konzept im Detail ansehen. Da sich das Einsparungspotential bei grösseren Datenmengen stärker auswirkt, kann bei grösseren Firmen oder Branchen mit besonders vielen «schweren» Files von einer noch grösseren Kostenreduktion ausgegangen werden. Bei einem heutigen Volumen von 5 TB, das in fünf Jahren auf rund 20 TB anwachsen wird, sind anhand der Modellrechnung sogar Kosteneinsparungen von bis zu 35 Prozent gegenüber dem klassischen Datenspeichermodell möglich. Mit dem HSM-Konzept kann darüber hinaus auch auf aktuelle und künftige gesetzliche Anforderungen an die Aufbewahrung von Geschäftsdaten eingegangen werden: Auf seinem Fundament lässt sich ohne grossen Mehraufwand auch gleich eine Archivlösung bauen, die den Daten im Hinblick auf aktuelle und zukünftige Geschäftsprozesse einen neuen Wert verleiht.


Studie Kostenoptimierung

Der Autor ist Verfasser der Studie «Möglichkeiten der Kostenoptimierung in der Datenaufbewahrung» im Rahmen einer Diplomarbeit für die Fachhochschule Nordwestschweiz (Nachdiplomstudium Business Engineering Management). Sie kann direkt beim Autor über www.exzellent.ch angefordert werden.


Der Autor

Ralph Jordi ist Solution Architect, Information Lifecycle Management (ILM) und Datenmanagement, bei HP Schweiz.




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