Google macht Lebensläufe öffentlich

Die Aussichten für einen Jobwechsel standen seit Jahren nicht mehr so gut. Wenn es mit dem Stellenwechsel trotzdem nicht so richtig klappen will, findet sich der Grund dafür vielleicht bei Google.

Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2006/02

     

Neues Jahr, neuer Job! Nach einigen bewölkten Jahren versprechen die Arbeitsmarktaussichten 2006 einige Aufhellungen. So steht der die Arbeitsmarktkonjunktur relativ exakt abbildende Jobpilot-Index auf dem höchsten Stand seit vier Jahren, und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) berichtet, dass die positive Entwicklung, die sich bereits im letzten Jahr bemerkbar machte, in den nächsten zwei Jahren eine Beschäftigungszunahme zur Folge haben und die Arbeitslosenquote sinken wird.
Vom Arbeitsmarkt dürften nicht zuletzt auch die Informatiker profitieren. Die Gesamtzahl der Stellen im Bereich Informatikdienste stieg im dritten Quartal 2005 gemäss Beschäftigungsbarometer des Bundesamtes für Statistik (BfS) um 0,2 Prozent auf 63‘000. Von Stellenabbau ist derzeit also keine Rede mehr.


Online-Trend hält an

Dass der Wunsch nach einem Stellenwechsel gerade zum Jahresanfang bei vielen verstärkt ist, zeigen die Nutzerzahlen von Internet-Stellenbörsen. Gemäss Nielsen Netratings betrug der Anstieg zwischen Dezember und Januar 24 Prozent. Damit die berufliche Neuorientierung auch zum Erfolg führt, sollten sich wechselwillige Arbeitnehmer bei der Wahl des Bewerbungsverfahrens auch an den Präferenzen des gewünschten Arbeitgebers orientieren. So berichten das Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Frankfurt und Monster Deutschland in ihrer Studie «Recruiting Trends 2006», dass mittlerweile 43 Prozent der Grossunternehmen Online-Bewerbungen gegenüber der klassischen Bewerbung bevorzugen.


In Google liegt das Detail – manchmal

Genauso, wie immer mehr Stellen online ausgeschrieben werden und die Bewerber ihre Dossiers online einreichen, wird das Internet auch immer relevanter für die Kandidatenauswahl. Einen «nützlichen» Dienst erweisen dabei Suchmaschinen. Denn viele Informationen über einen Bewerber liegen völlig offen im Online-Selbstbedienungsladen. Und dieser wird auch immer mehr genutzt, obwohl das natürlich keiner so richtig zugeben will. Jeder, der seinen eigenen Namen schon einmal bei Google und Co. eingegeben hat, kann sich ein Bild davon machen, wie viele versteckte Informationen über die eigene Person im Web bereitliegen. Und viele dieser Informationen sind ohne das geringste Zutun des Betroffenen dort gelandet.


Viele Einträge sind gut, einige weniger...

Suchmaschinen fördern positive wie auch weniger angenehme Tatsachen zu Tage. Wer Peter Müller oder Hans Meier heisst, kann sich in der Flut der jeweiligen Suchresultate verstecken. Problematischer wird es bei weniger geläufigen Namen. Zwar ist es grundsätzlich positiv, möglichst viele Einträge in den Suchmaschinen zu erzielen. Diese sind aber nur dann karrierefördernd, wenn sie professionellen und engagierten Charakter haben. Die jüngste Bildberichterstattung der Jahresabschlussfeier mit dem örtlichen Kegelclub kann hingegen gemischte Gefühle auslösen.
Suchmaschinen können unter Umständen auch unwahre Angaben im Lebenslauf zu Tage fördern.
Was, wenn der dreiundfünfzigste Suchtreffer Ihren Namen in der Teilnehmerliste eines Fun-Beach-Volleyball-Turniers auf den Cayman Islands aufführt? Dabei steht in Ihrem Lebenslauf, dass Sie exakt zu diesem Zeitpunkt eine Sprachschule in Paris besuchten.






Dass Lebensläufe frisiert werden, ist keine Seltenheit, insbesondere, wenn Lücken im Werdegang vorhanden sind. Diese können durch Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder durch Ferien entstehen. Um einem Erklärungsnotstand vorzubeugen, rät Laufbahnberater Peter Gisler, solche Abschnitte ehrlich, transparent und positiv formuliert zu benennen. «Personalleute sind geübt im analytischen Umgang mit Lebensläufen und realisieren versteckte Lücken», so Gisler. Zudem hänge dies sehr von der Interpretation des Lebenslauflesers ab. Der Experte hat kürzlich eine Umfrage unter über hundert Personalfachleuten durchgeführt, die diese These stützt. Die Befragung kam unter anderem zum Schluss, dass von den Stellensuchenden erwartet wird, die Unterlagen so zu erstellen, dass sie der eigenen Laufbahn, der Situation und der ausgeschriebenen Stelle oder der angestrebten Aufgabe entsprechen. (Weiter­führende Informationen zur Befragung und zum Thema Lücken im Lebenslauf findet man unter
www.gisler-coach.ch.)


Ehrlichkeit ist der beste Schutz

Auch wenn Lücken oder Abschweifungen im Lebenslauf also nicht zwingend negativ für die Karriere sein müssen, können «unschöne» Einträge in Suchmaschinen zu falschen Interpretationen verleiten. Um sich davor zu schützen, gibt es eine Reihe von Tips, die man beachten sollte.
Um sich einen Überblick zu verschaffen, sollte man regelmässig die wichtigsten Suchmaschinen auf neue Einträge absuchen. Zudem empfiehlt es sich, Nachrichtendienste wie Google Alert zu abonnieren, die neue Einträge sofort melden. Sind Einträge vorhanden, die dem eigenen Image schaden können, sollte der Website-Betreiber darum gebeten werden, diese Einträge dauerhaft zu löschen. Es nützt nichts, wenn der Suchmaschinenbetreiber kontaktiert wird, denn dieser ist weder verantwortlich für die Inhalte noch kann er diese eigenmächtig entfernen.






Oft ist es nicht möglich, unrühmliche Webspuren zum Verschwinden zu bringen. So beispielsweise, wenn es sich um alte Einträge handelt, die in Internet-Archiven oder im Google Cache schlummern. In solchen Fällen empfiehlt es sich, das Aufpolieren des eigenen Images selbst in die Hand zu nehmen. Hierfür sind etwa eigene Weblogs geeignet, die, sofern sie intelligent verlinkt werden, in der Liste der Suchresultate schnell nach oben klettern und so die weniger rühmlichen Einträge in den Hintergrund drängen.
Das beste Karrierehilfsmittel ist aber Ehrlichkeit. Wer seinen Lebenslauf so belässt, wie er in Wirklichkeit ist, hat zumindest das Vertrauen des potentiellen Arbeitgebers auf seiner Seite. Und – geschönte Lebensläufe müssen nicht zwingend über Google und Co. oder über minutiöse Detektivarbeit aufgedeckt werden. Oft genügt eine kleine Unachtsamkeit bei den Zeitangaben, und ein Blick in die Arbeitszeugnisse entlarvt die Mogelpackung, die dann unverzüglich beim Absender landet.




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