Bestellt, bezahlt und nichts bekommen
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2003/12
Ist Ihnen das nicht auch schon passiert? Sie haben im Internetshop eine CD bestellt, mit der Kreditkarte bezahlt und die Ware dann nie erhalten. Zwischen Kunde und Anbieter wird mit dem Kauf einer CD übers Internet ein elektronischer Kaufvertrag abgeschlossen. Der Verkäufer verpflichtet sich zur Lieferung der bestellten CD, der Käufer zu deren Bezahlung. Der Verkäufer bekommt den Kaufpreis direkt von der Kreditkartenorganisation vergütet, indem er ihr Kartennummer, Name des Berechtigten und Verfallsdatum übermittelt. Bleibt in der Folge die Lieferung aus, muss der Käufer den Verkäufer mittels Mahnung in Verzug setzen. Weigert sich dieser weiterhin zu liefern, sollte ihm der Käufer eine Frist zur nachträglichen Erfüllung ansetzen. Läuft diese Frist ungenutzt ab, kann der Käufer den Rücktritt vom Vertrag erklären, d. h., auf die Lieferung verzichten und den Kaufpreis zurückverlangen.
Leider sind in der Schweiz Online-Shops, die den Kunden nur unzureichend über ihre Identität aufklären, noch immer weit verbreitet. An wen soll sich also der Kunde mit seiner Mahnung und Ansetzung einer Nachfrist wenden? Gerade die Ansetzung einer Nachfrist sollte nämlich aus beweisrechtlichen Gründen eingeschrieben erfolgen. Dem Käufer kommt in solchen Fällen zugute, dass er seine Kreditkarte benutzt hat. Das Kreditkarteninstitut kann nämlich (zumindest bei inländischen Transaktionen) die bereits erfolgte Bezahlung an den virtuellen Shop auf Verlangen des Käufers rückgängig machen, weil zwischen Kreditkartenfirma und Online-Anbieter ein Zusatzvertrag über Internet-, Telefon- und Korrespondenzkäufe besteht, der den Grossteil des Haftungsrisikos auf letzteren abwälzt. Voraussetzung dafür ist, dass der Kunde die Monatsrechnung beanstandet und ein Formular zur Beanstandung von Transaktionen verlangt, wo er angibt, die Ware nie erhalten zu haben. Dieses Formular muss innert 10 Tagen ausgefüllt zurückgesandt werden, inkl. Quittungen und Belegen. Weiter muss der Kunde gegenüber dem Kreditkarteninstitut versichern, dass er die Kreditkarte nicht verloren hat und dass sie ihm auch nicht gestohlen wurde.
Nach erfolgter Rückbelastung des Kaufpreises hat der Käufer zwar wieder sein Geld zurück, doch die Angelegenheit ist für ihn damit noch nicht endgültig ausgestanden. Der Anbieter wird möglicherweise auf ihn zurückkommen, um doch noch an sein Geld zu gelangen. Kann dieser nämlich nachweisen, dass er das bestellte Produkt tatsächlich zum Versand aufgegeben hat, so sieht die Rechtslage für den Kunden aufgrund einer besonderen Regelung im Kaufrecht schlecht aus: Art. 185 OR besagt, dass bei Versandkäufen das Risiko des Verlustes oder der Beschädigung der Ware bereits zum Zeitpunkt der Aufgabe zum Versand auf den Käufer übergeht und nicht erst beim Erhalt der Ware. Der Käufer hat also den Kaufpreis auch dann zu begleichen, wenn das Produkt nie bei ihm eingetroffen ist. Ihm bleibt zu hoffen, dass sich der besagte OVnline-Shop aus Kulanzgründen nicht auf diese besondere Regelung beruft und die Sache auf sich bewenden lässt.