Editorial

Mit der internen IT ist es wie mit dem Rauchen


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2008/01

     

Am Jahreswechsel nimmt man sich gute Vorsätze. Dies gehört genauso zum Ritual wie das Anstossen um Mitternacht. Aufhören zu rauchen, mehr Bewegung und Zeit für die Familie: Die Vorsätze sind bei den meisten jedes Jahr die gleichen, denn der Alltag lässt einem selten Zeit, die hehren Absichten im Verlauf des Jahres auch in die Tat umzusetzen.


Dies ist im Privaten nicht anders als im Beruf. Endlich einmal die Probleme in der Firma an ihren Wurzeln anpacken, wer hat dafür schon Zeit? Es sei denn, die Umstände zwingen einen dazu, wenn zum Beispiel der IT-Tausendsassa in seiner persönlichen Jahresbilanz zum Schluss gekommen ist, es sei für ihn nun der Zeitpunkt für eine berufliche Veränderung gekommen.



Wer kümmert sich jetzt um die Server, die Office-Applikationen, die Mail-Infrastruktur, das Daten-Backup oder die Sicherheit vor Internet-Attacken? Die sofort eingeleitete Personalsuche hat mit grosser Wahrscheinlichkeit schon vor den Feiertagen für Ernüchterung gesorgt. Der Arbeitsmarkt für IT-Fachleute ist staubtrocken. Als normales KMU ist man zudem für qualifizierte IT-Profis nicht sonderlich attraktiv, und die Gehaltsvorstellungen derjenigen, die sich trotz alledem interessieren, sprengen schlicht und ergreifend das Lohngefüge.


Nun ist guter Rat teuer. Es sei denn, man verabschiedet sich von lieb gewordenen Gewohnheiten und stellt sich grundsätzliche Fragen: Wieso betreibe ich als KMU einen derart grossen Aufwand, um meine Informatikinfrastruktur à jour zu halten? Inwiefern profitiert das Unternehmen, wenn der Mailserver im eigenen Keller steht? Ist es überhaupt sinnvoll, wenn einer meiner am besten qualifizierten Mitarbeiter jede Woche Stunden damit verbringt, Backup-Bänder zu erstellen und die neuesten Sicherheits-Patches aufzuspielen?


Die Antwort auf alle diese Fragen ist einfach und in anderen Infrastrukturbereichen schon lange klar beantwortet: Sie heisst Outsourcing. Heute spricht fast nichts mehr dagegen, die Standard-IT-Aufgaben an einen spezialisierten Anbieter zu übergeben: Die Technologien sind für alle KMU die gleichen. Es lässt sich also durch den Inhouse-Betrieb kaum mehr ein Wettbewerbsvorteil erzielen. Der Markt spielt. Es gibt viele Anbieter, zwischen denen man bei Unzufriedenheit mit relativ geringem Aufwand wechseln kann. Einzig die unternehmensspezifischen Geschäftsapplikationen behält man besser unter der eigenen Kontrolle, denn mit ihnen lässt sich im Gegensatz zum Betrieb der Mail-Infrastruktur durchaus ein kompetitiver Vorsprung erreichen.


Das Auslagern der IT-Infrastrukturdienste bietet heute sogar mehr Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung als der Eigenbetrieb. Von modernen Techniken wie Virtualisierung, SOA oder Speichernetzwerken kann ein KMU zum Beispiel selber gar nicht profitieren, weil es ganz einfach zu klein ist, um sie effizient anzuwenden. Und auch aktuell aufkommende Technologien wie Unified Communications, wo sämtliche elektronischen Kommunikationska­näle mit den Office-Anwendungen verwoben werden, übersteigen mit ihrer Komplexität die Möglichkeiten der KMUs. Oder wollen Sie ernsthaft, dass Ihre Mitarbeiter Arbeitszeit in Kursen über VoIP und Collaboration absitzen?


Es spricht also fast alles dafür, als KMU den Eigenbetrieb der Standard-IT-Infrastruktur aufzugeben. In der Praxis verhält es sich damit allerdings ähnlich wie mit dem Rauchen: Die meisten hören erst auf, wenn sie durch äusseren Druck dazu gezwungen werden. Vielleicht können wir dies 2008 aber für einmal auch anders anpacken.




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