Editorial

Gesetzlich verordnete Abgaben verteuern Internet


Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2005/02

     

Das Internet wird uns alle etwas teurer zu stehen kommen, als wir das vielleicht gedacht haben. Wir haben durch das weltweite Datennetzwerk zwar Zugang zu viel Informationen, Unterhaltung und anderem «Content» erhalten. Doch den Preis dafür beginnen wir eben erst zu bezahlen. Gemeint sind hier für einmal nicht jene Gebühren, die Internet-Anbieter für den Zugang zu ihren Datenbanken, Musikstücken und anderen Services immer öfters verlangen; da kann jeder selbst entscheiden, wo er was beziehen will. Die Rede ist vielmehr von Gebühren für Inhalte, die gesetzlich verordnet worden sind. Diesen kann sich keiner entziehen, wenigstens nicht legal. Das betrifft auch Unternehmen.





Eine davon ist die Radio- und Fernsehgebühr. Kürzlich erst hat die Firma Billag, die diese Gebühren im staatlichen Auftrag einkassiert, ihre Kunden darauf aufmerksam gemacht, dass auch für das Hören von Internet-Radios zu zahlen ist. Weil die meisten Privathaushalte schon Radiogebühren bezahlen, sitzen die meisten «Schwarzhörer» heute in den Unternehmen: Sobald ein Betrieb über einen für Internet-Radios hinreichend schnellen Internet-Zugang verfügt und an Arbeitsplätzen Software zum Hören von Internet-Radios installiert hat, wird er gebührenpflichtig. Das dürfte eine grössere Zahl sein, zumal die genannte Software bisher Bestandteil jeder Windows-Standardinstallation war. Will ein Unternehmen die Gebühr nicht bezahlen, bleibt ihm letztlich nichts übrig, als Internet-Radio-
Streams auf der Firewall zu sperren.






Seit letztem Jahr werden Unternehmen aber auch an anderer Front zur Kasse gebeten: Mussten Unternehmen bisher für Fotokopien der «ProLitteris» einen jährlichen Betrag bezahlen, müssen sie dies nun auch für digitale Kopien im internen Firmennetz tun. Gemeint ist etwa das Abspeichern von Informationen aus dem Internet, das Versenden von internen E-Mails mit Attachments geschützter Werke oder auch schon nur das Einscannen von solchen. Vervielfältigungen von urheberrechtlich geschützten Werken zur internen Information oder Dokumentation sind zwar von Gesetzes wegen erlaubt, wenn auch meist nur auszugsweise. Sie sind jedoch nicht gratis. Bisher musste dafür nur deshalb nichts bezahlt werden, weil die Ausarbeitung des relevanten «Gemeinsamen Tarifs 9» (GT9) so lange dauerte. Nun gibt es ihn aber, und er dürfte in Zukunft noch teurer werden.






An einer dritten Gebühr für die Nutzung von digitalem Content wird bereits gearbeitet. Mit der Revision des Urheberrechtsgesetzes soll auch noch eine Gebühr für Geräte eingeführt werden, die zum Herstellen solcher Kopien geeignet sind. Die Gebühr soll zusätzlich zu den bestehenden Gebühren erhoben werden dürfen. Im Visier sind etwa PCs und MP3-Player, aber auch Videorekorder mit Festplatte. Kommt der auf dem Tisch liegende Vorschlag durch, kann das eine deutliche Verteuerung solcher Geräte zur Folge haben. Zwar zielt die Gebühr primär auf private Konsumenten, doch ist zu erwarten, dass gewerbliche Nutzer ebenfalls dafür zahlen müssen, da heute im privaten Bereich so viel vervielfältigt wird.
Für Unternehmen sind diese Gebühren ärgerlich. Zwar sind die genannten Urheberrechtsabgaben im Prinzip sinnvoll. Da aber die Preise für Internet-Datenbanken, Online-Musik und die anderen betroffenen Inhalte den betriebsinternen und privaten Eigengebrauch oft schon mitberücksichtigen, müssten die Preise für solche Inhalte mit der Einführung der neuen Abgaben gesenkt werden. Das wird aber nicht geschehen. Der Trend geht im Gegenteil hin zu einer Erschwerung des Eigengebrauchs durch Kopiersperren. Die Folge: Die Nutzer werden im Endeffekt doppelt zur Kasse gebeten – und sie können sich nicht dagegen wehren.




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