Unlauterer Konkurrenzkampf im Internet
Artikel erschienen in Swiss IT Magazine 2002/26
Öfter mal was Neues: Kürzlich hat ein US-Gericht entschieden, dass das Webangebot des Steuerberaters J.K. Harris abgeändert werden müsse. Geklagt hatte ein Konkurrent, dessen Namen der Steuerberater auf seiner Webseite insgesamt 75 Mal erwähnte. Obwohl sich Harris auf seiner Homepage weder rufschädigend noch falsch oder herabsetzend gegenüber seinem Konkurrenten äusserte, sah das amerikanische Gericht darin einen Verstoss gegen das Wettbewerbsrecht.
Die technischen Möglichkeiten der neuen Medien bringen es mit sich, dass Sachverhalte, die im realen Leben zu keinen Diskussionen Anlass geben, im Internet eine neue Bedeutung erlangen. Natürlich ist es einem Unternehmen nicht verboten, den Namen eines Konkurrenten zu nennen - das gehört zum verfassungsmässigen Recht auf freie Meinungsäusserung. Die regelmässige Nennung des Namens hat in unserem Fall aber offenbar zu einer ungünstigen Resultateverteilung in den Suchmaschinen geführt. Immer wenn der Namensinhaber mittels Suchmaschine seine Firma suchte, erschien der Name seines Konkurrenten und verwies ersteren regelmässig auf die hinteren Plätze in der Suchrangliste.
Die mit Abstand am meisten genutzte Möglichkeit, die Attraktivität des Internetauftritts in Suchmaschinen zu steigern und sich somit einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, sind die sogenannten Metatags - das sind Stichwörter im HTML-Code der Webseite, die von Suchmaschinen ausgewertet werden. Stichwörter, welche mit dem konkreten Internetangebot im Zusammenhang stehen, sorgen dafür, dass solche Angebote bei Suchvorgängen auch tatsächlich gefunden werden. Sie bieten sich aber auch an, der Attraktivität der eigenen Webseite mit rechtlich heiklen Methoden auf die Sprünge zu helfen. So ist es nicht unüblich, dass Konkurrenten die Firmen- oder Markennamen der Konkurrenz in ihren eigenen Metatags einbauen, um somit auch zu profitieren, wenn Internetbenutzer nach der Konkurrenz suchen. In den USA und im umliegenden Europa gab es zu diesem Thema bereits einige Gerichtsentscheide, die in einem solchen Verhalten eine Verletzung des Wettbewerbs- oder des Markenrechts sahen. Für die Schweiz dürfte sich die Rechtslage nicht anders darstellen - nur gibt es bei uns, wie so oft, keine Leitentscheide.
Einen Schritt weiter in Sachen Metatags ging Ende März das Landgericht Düsseldorf. Einer Firma, die über das Internet Richter- und Rechtsanwaltsroben vertreibt, wurde verboten, im HTML-Code sachfremde Stichwörter aufzuführen. Konkret ging es dabei um Kurzbezeichnungen von Gesetzen und generische juristische Ausdrücke, die mit dem konkreten Angebot direkt nichts zu tun hatten. Obwohl es sich dabei notabene nicht um marken- oder namensrechtlich geschützte Begriffe handelte, erachtete das Gericht dieses Vorgehen als unlauter, da der Benutzer durch solche Machenschaften kostenmässig belastet werde. Das Sortieren von Suchergebnissen koste nämlich auch immer Online-Zeit. Auch sei "diese zeitliche Inanspruchnahme, das entnervte Aufgeben nach endloser Suche" ebenfalls eine unzumutbare Belästigung.
Verkannt hat das deutsche Gericht dabei, dass sich der einigermassen versierte Surfer bei der Benutzung von Suchmaschinen immer bewusst ist, nach der berühmten Nadel im Heuhaufen zu suchen und die Resultate der Suchmaschinen nicht als einzig gültige Wahrheit anerkennt. Gerade diese Erwartungshaltung des Benutzers muss bei der Frage, ob überhaupt ein Wettbewerbsverstoss vorliegt, miteinbezogen werden. Auch hat das Gericht die Rechtsprechung in Sachen generische Domainnamen ausser acht gelassen, welche an die Wettbewerbswidrigkeit der Benutzung von Gattungsbegriffen als Domainnamen strenge Anforderungen stellt. Dies sollte für Metatags nicht anders gehandhabt werden. Setzt sich die Ansicht des Landgerichts Düsseldorf durch, begehen nämlich alle Homepage-Betreiber, die mit branchenfremden Begriffen wie beispielsweise "Sex" in ihren Metatags die Attraktivität für Suchmaschinen zu steigern versuchen, unlauteren Wettbewerb.